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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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weitem netteste Zimmer, aber selten
benutzt. Als mir das Haus schon ein paar Jahre gehörte, hatte ich eines Tages
beschlossen, das tägliche Leben so nahe bei der Küche zu verbringen, wie
möglich. Also hatte ich mir ein bequemes Sofa gekauft und den Fernseher ins
Eßzimmer geschafft — das früher als Lagerraum für Farben und Baumaterial
gedient hatte.
    Als wir in der Küche im rückwärtigen
Teil des Hauses angekommen waren, bot ich George einen Platz an, gab ihm ein
Bier und suchte in dem Aktenstapel auf dem Tisch den schmalen Band über die
Schaffung einer neuen Identität, den Amy Barbour angeblich in Tracys
Bücherregal im Schlafzimmer gefunden hatte. Ich blätterte bis zu der Stelle, wo
es um die Einrichtung eines toten Briefkastens ging, und las die Bemerkung am
Rande. Dann reichte ich ihn George weiter und sagte: »Ist das Tracys
Handschrift?«
    Er sah sie sich lange an und schüttelte
schließlich den Kopf. »Ehrlich, ich kann es nicht sagen. Es könnte sein, aber
es ist so lange her, daß ich etwas Handschriftliches von ihr gesehen habe.« Er
schlug das Buch zu und betrachtete den Umschlag. »Was ist das hier überhaupt?«
    »Amy Barbour sagt, sie habe es in
Tracys Zimmer gefunden. Doch wenn das so ist, dann ist es vorher extra
hineingelegt worden.« Ich zog Tracys Sketchbuch unter einem Stapel hervor,
schlug es auf und studierte ihre Handschrift. Sie war von einer Eintragung zur
anderen unterschiedlich, wie bei den meisten Menschen, und von Anfang bis Ende
veränderte sie sich Schritt für Schritt. Wahrscheinlich waren die Seiten in
einer längeren Zeitspanne beschrieben worden, doch die Schriftzüge waren
charakteristisch, und die einzelnen Buchstaben blieben sich ziemlich gleich.
Ich setzte mich an den Tisch und zog das Sketchbuch und das andere von George
zu mir heran. Ich blätterte und fand eine ganze Reihe von Randbemerkungen.
    Nachdem ich sie ein paar Minuten lang
untersucht hatte, sagte ich: »Ich glaube nicht, daß auch nur eine Notiz in
diesem Buch von Tracy stammt.« Ich ging um den Tisch herum und legte beide
Bücher offen vor ihn hin. »Das große L in Los Angeles ist so, wie Tracy es auch
geschrieben hat. Sieh dir diese große Aufwärtsschleife an und dann, den
Abwärtsschwung der unteren Linie.«
    »Hm.«
    »Aber das große A — das ist
anders als ihres. Allerdings schreibt sie ihr kleines a so.«
    »Und das bedeutet?«
    »Diese Notizen könnten aus einer
Vorlage mit ihrer Handschrift nachgemacht worden sein. Sagen wir, jemand hatte
einen Brief von ihr, unterzeichnet mit ›Love, Tracy‹. Damit hätte man ein
korrektes L gehabt. Aber wenn in dem ganzen Brief dann kein großes A vorkam, könnte ein unerfahrener Fälscher angenommen haben, daß sie das große A so schreibt wie das kleine, nur eben größer. Ein erfahrener Fälscher hätte
diesen Schluß nicht gezogen.«
    »Du hast also einen Amateur erwischt,
der das Buch hier so hergerichtet hat, daß es aussieht, als habe Tracy es für
die Planung ihres Verschwindens benutzt. Warum?«
    »Ich weiß nicht. Es ergibt überhaupt
keinen Sinn. Die Wiederaufnahme meiner Ermittlungen müssen es ausgelöst haben.
Als ich letzten Donnerstagabend Tracys Zimmer untersuchte, lag das Buch nämlich
nicht dort, wo Amy Barbour es angeblich gefunden hat. Bis Montagmorgen, als sie
es mir dann gab, habe ich noch eine Reihe von Gesprächen geführt. Viele Leute
wußten davon.«
    »Aber was hat sich diese Person denn
davon versprochen, Tracy dieses Buch unterzuschieben?«
    »Das verstehe ich auch nicht. Hätte ich
es gefunden — und für echt gehalten — , dann wäre ich doch nur noch überzeugter
gewesen, auf einer heißen Spur zu sein, und hätte mich noch mehr hineingekniet.
Wer immer das Buch in Tracys Zimmer gelegt hat, kann also nicht gewollt haben,
daß ich meine Ermittlungen einstelle. Andererseits hätte jemand, der wollte,
daß Tracy gefunden wird, keinen derartigen Umweg machen müssen, da ich ohnehin schon
an dem Fall dran war.«
    »Es sei denn, diese Person weiß, wo sie
ist, und in den Randbemerkungen steckt ein Hinweis darauf.«
    Das war eine weit hergeholte Idee, aber
an diesem Punkt war ich bereit, alles Mögliche in Betracht zu ziehen. Ich nahm
das Buch wieder mit auf die andere Seite des Tischs und machte mir auf einem
Schreibblock eine Liste der Randnotizen. Dann sah ich sie mir an, stellte sie
in verschiedenen Reihenfolgen zusammen, zuckte schließlich mit den Schultern
und schob George den Block hin. »Wenn darin ein Anhaltspunkt

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