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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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stecken sollte«,
sagte ich, »dann ist es ein verdammt obskurer. Ich halte das hier einfach für
Anmerkungen, von denen der Schreiber glaubte, sie würden einem aufmerksamen
Leser auffallen.
    Er sah auf den Block, stellte selbst ein
paar um und nickte schließlich zustimmend.
    »Es wäre noch zu überlegen, wer
überhaupt die Gelegenheit hatte, das Buch dort hineinzuschmuggeln«, sagte ich.
»Wer hatte Zugang zu dem Apartment? Amy Barbour. Marc Emmons. Jede Menge Leute,
die sie besucht haben. Und Laura.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie
so etwas tut. Meine Frau ist durcheinander, aber sie macht keine sinnlosen
Sachen.«
    »Selbst wenn doch, wäre es meiner
Meinung nach nicht ihr Stil. Meine Vermutung zielt eher auf Amy oder Marc. Sie
rückte mit dem Buch heraus. Er wurde richtig wütend, als ich den Verdacht
äußerte, er hätte es hineingeschmuggelt. Von der Logik her sind sie die
Verdächtigen, außer... Weißt du, ich muß ständig daran denken, daß Bobby
Fosters Notizbuch — das mit den Rechtschreibfehlern, die denen im
Erpresserbrief entsprachen — ebenfalls genau zum passenden Zeitpunkt
auftauchte.«
    »Aber das Notizbuch gehörte Foster
wirklich.«
    »Das stimmt.« Entmutigt ging ich zum
Kühlschrank und holte mir ein Glas Wein. Dann ließ ich mich auf meinen Stuhl
fallen und starrte mit gerunzelter Stirn auf die Tischplatte. Als ich
aufblickte, sah ich, daß George die erste Eintragung in dem Sketchbuch las.
Impulsiv wollte ich es ihm aus den Fingern reißen, aber ich widerstand und
wartete einfach ab.
    Als er zu Ende war, rieb er sich über
die geschlossenen Augen. »Sie beschreibt sich da selbst, nicht?«
    »Ich glaube, ja. Das hat sie nur einmal
getan — in ihrer ersten Eintragung.« Die Lüge fiel mir ganz leicht. Ich mußte
auf jeden Fall verhindern, daß er die letzte Eintragung las. Ich griff nach dem
Buch, aber er hielt es mit beiden Händen fest.
    »›Der geliebte Vater mit all seinem
akademischen Wissen war nur wenig besser. Unbestimmt, freundlich-abwesend.
Manchmal dachte sie, er wäre nur zur Hälfte existent.‹ Mein Gott, was habe ich
meiner Tochter angetan? Und Laura? Kein Wunder, daß sie kalt zu mir war — sie
hatte einen Mann, der gar nicht wirklich da war.«
    Einen Moment lang sagte ich nichts,
weil ich das, was ich darauf zu sagen hatte, sehr vorsichtig ausdrücken wollte.
Ich wußte, daß die Art, es zu sagen — mehr noch als sein eigentlicher Sinn — ,
entscheidend war für die Zukunft unserer Beziehung.
    »Du kannst nur das geben, was du zu
einer bestimmten Zeit auch hast«, sagte ich schließlich. »Ich weiß, das klingt
sehr vereinfacht, aber du kannst nur das tun und das fühlen, wozu du gerade
fähig bist. Die Situation, in der du lebst, ihre Brüche und Sprünge, sind
niemals nur dein Werk. Vielleicht gab es in Laura und Tracy etwas — in dem, wie
sie waren, was sie darstellten und wie sie auf dich reagierten — , das dich
hinderte, so zu sein wie ein sogenannter ordentlicher Ehemann und Vater.«
    Er dachte darüber nach, nickte dann und
griff über den Tisch nach meiner Hand. »Das ist wahr. Menschen ändern sich, je
nach der Situation, in der sie und andere sich befinden. Ich bin nicht mehr so —
unbestimmt und freundlich-abwesend. Und ich will es auch künftig nicht mehr
sein. Das kann ich dir jedenfalls versprechen.«
    Unsere Finger verschränkten sich, und
ich beugte mich seinem Kuß entgegen. Da läutete das Telefon.
    Es war Stan Gurski. »Ich habe eine
Nachricht, die Sie interessieren könnte«, sagte er. »Als Gegenleistung für
Ihren Tip in Sachen Lisa McIntyre.«
    »Ach?« Ich sah George an. Er blätterte
im Sketchbuch.
    »Lisa McIntyre wurde erschossen. Die
Kugel steckte im Brustkorb, eine .38er. Sieht nach Vorsatz aus.«
    »Warum?«
    »Als ich den Besitzer des Cottage am
Montagmorgen in Mexiko anrief — mir direkt von ihm die Erlaubnis zu holen ist
leichter, als einen Durchsuchungsbefehl zu kriegen — , habe ich ihn
routinemäßig gefragt, ob es Waffen im Haus gäbe. Er sagte, nein. Er sei Angler,
sonst nichts. Wir können also davon ausgehen, daß die Person, die sie erschoß,
eine eigene Waffe bei sich hatte. Eine Waffe wie diese weist außerdem auf einen
Profi hin.«
    Ich war mir dessen sehr wohl bewußt.
Ich habe selbst eine .38er, und ich halte ihren Besitz für eine notwendige Vorsichtsmaßnahme
für eine Frau, deren Job es verlangt, daß sie sich an gefährliche Orte und in
gefährliche Situationen begibt. Aber ich nehme die Verantwortung

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