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Mord unter den Linden (German Edition)

Mord unter den Linden (German Edition)

Titel: Mord unter den Linden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Pieper
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deine Worte, nicht wahr? Du dürftest mir zustimmen, wenn ich
feststelle, dass sich die Ausgangslage etwas geändert hat.«
    »Was soll dieses
geschwollene Gequatsche?«, fragte der Matrose. »Was willst du von mir?«
    »Ich will mit dir
über deine Situation sprechen. So wie ich das sehe, bleiben dir zwei
Möglichkeiten. Entweder du erzählst mir, was ich wissen will, oder du schweigst
weiterhin. Ich würde dir allerdings zur ersten Variante raten, denn die bringt
dir nur Vorteile.«
    »Versteh ich
nicht.«
    »Wenn du uns
erzählst, dass du einen Auftraggeber hattest, der alles geplant hat, dann ist
er der Haupttäter. Du hingegen bist nur ein kleiner Ganove, sein Werkzeug, und
wirst vor Gericht glimpflich davonkommen. Außerdem muss ich wissen, ob Vitell
eine junge Frau namens Friederike Dürr festhält. Wenn du uns hilfst, sie zu
finden, wird der Richter deine Kooperationsbereitschaft bei der Strafzumessung
berücksichtigen.«
    »Und was ist, wenn
ich das Maul halte?«
    »In diesem Fall
hättest du für mich keinen Nutzen mehr. Dann werde ich später sagen, dass ich
über diese Wurzel da gestolpert bin. Ich werde sagen, dass es ein Unfall war,
dass sich beim Sturz ein Schuss gelöst hat, der dich in den Kopf getroffen hat.
Möglicherweise wird man Zweifel an meiner Aussage haben, aber niemand wird mir
einen Vorsatz nachweisen können. Und letztendlich wird man mir glauben, weil
ich ein angesehener Bürger bin, der sich noch nie etwas hat zuschulden kommen
lassen, während du nur ein mieser Verbrecher bist, dem man keine Träne
nachweinen wird. Ja, man wird vielleicht sogar froh sein, dass es einen
Kriminellen weniger gibt, und deine Akte schließen.«
    »Das würdest du
niemals tun, dazu bist du zu –«
    »Du solltest nicht
vergessen, dass du mich zweimal töten wolltest. Auch wenn ich jetzt ruhig
wirke, kannst du mir glauben, dass meine Gefühle für dich alles andere als
wohlwollend sind. Ich möchte sogar sagen, dass ich noch nie einen Menschen so
sehr verabscheut habe wie dich.«
    Der Mann sah ihn
hasserfüllt an.
    »Du kannst dich
jetzt entscheiden«, sagte Otto und zielte mit der doppelläufigen Pistole auf
den Kopf des Matrosen. »Entweder du packst aus oder du schweigst weiterhin. Wie
du es auch drehst und wendest – die erste Variante ist auf jeden Fall die
bessere Wahl.«
     
    Fünf Minuten
später traf Otto in Begleitung des Matrosen bei Wessels Wirtschaftshof ein, wo
einige Gärtner, Polizisten und Hausbedienstete in kleinen Gruppen
zusammenstanden. Aus den Zwingern drang aufgeregtes Hundegebell.
    Otto übergab den
Matrosen in die Obhut eines Kriminalpolizisten, händigte dem Commissarius die
Pistole aus und sagte: »Der Mann hat sich zur Mitarbeit entschlossen. Sie
können jetzt alle Maßnahmen zur Verhaftung Vitells einleiten. Der Matrose hat
ausgesagt, dass er im Auftrag des Kommerzienrates hier war.«
    »Wie haben Sie das
hingekriegt?«, fragte Commissarius Funke.
    »Ich habe ihm die
Alternativen aufgezeigt«, erwiderte Otto zwinkernd und ging zu seinem Fahrrad,
das an einem Baumstamm lehnte. Ferdinand hatte es am Nachmittag komplett
überholt und dann hergebracht. An den Lenker hatte er eine Laterne montiert,
mit deren Hilfe Otto Schlaglöcher und andere Hindernisse rechtzeitig entdecken
würde.
    »Was haben Sie
vor?«, fragte der Commissarius.
    »Der Matrose hat
mir erzählt, dass er am Tag nach meinem Geburtstag in Vitells Stadtvilla in der
Bellevuestraße 18 eine Frau gesehen hat, auf die Riekes Beschreibung zutrifft.
Vielleicht ist sie noch dort und befindet sich in Gefahr. Ich muss schnell
dorthin.«
    »Bellevuestraße
18. Ich werde so bald wie möglich nachkommen. Und passen Sie in der
Zwischenzeit auf sich auf«, sagte der Commissarius und reichte Otto seinen
geladenen Revolver. »Nehmen Sie den lieber mit.«
    »Danke. Wir sehen
uns dann später«, sagte Otto, verstaute den Revolver in seinem Hosenbund und
nickte Moses und Ferdinand zu. Er stieg auf sein Rad und trat kräftig in die
Pedale. Die Fahrt in die Stadt würde etwa zwei Stunden dauern, aber auf jeden
Fall kam er so schneller in der Bellevuestraße an, als wenn er sich dem Polizeitross
anschloss. Er konnte nur hoffen, dass er rechtzeitig dort eintraf.

Hinter dem Haus von Eberhard Dürr
    Zwischen Riekes
Elternhaus und dem Nachbarhaus verlief ein schmaler Gang. In der Dunkelheit
erkannte sie Apfelkisten, einen Haufen mit vor sich hin gammelnden Gemüseresten
und einen alten Kinderwagen. Nichts, was ihr helfen würde, über die

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