Mord unter den Linden (German Edition)
bist
wunderschön«, erwiderte Otto und entkleidete sich ebenfalls. Er spürte ihre
Blicke auf seinem Körper und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sie ihn
erregten. Nackt ging er zu ihr hinüber und nahm sie in seine Arme. Sein
erigierter Penis zuckte an ihrem Bauch, während sie sich lange küssten. Dann
erkundete er ihren duftenden Körper mit den Lippen. Er hatte das Gefühl, dass
er ewig so weitermachen könnte. Sie ließen sich viel Zeit und lauschten auf den
schneller werdenden Atem des anderen. Schließlich trug er sie zum Bett. Rieke
streckte die Arme nach ihm aus, zog ihn über sich und öffnete ihre Schenkel.
Otto drang behutsam in sie ein und spürte, wie er tiefer glitt. Das Gefühl war
unbeschreiblich. Ihre Körper bewegten sich mit quälender Langsamkeit, um jeden
Moment auszukosten. Trotzdem brandete ihre Lust in immer kürzeren Abständen auf
und riss sie schließlich mit sich fort. Rieke biss ihm in den Hals, in die
Schultern und krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken. Ihre Bewegungen wurden
ungestümer, die Küsse fordernder, bis sich ihre Leiber aufbäumten und
ineinander verschmolzen.
Am nächsten Morgen
roch Otto den Duft ihres Parfüms. Noch im Halbschlaf hob er den Arm und tastete
über das Bett.
Nichts.
Er brummte. Seine
Hand tappte nach unten, dann nach oben, tastete über Decke und Kopfkissen.
Immer noch nichts.
Rieke sollte doch
neben ihm liegen.
Endlich schlug er
die Augen auf und stützte seinen Oberkörper auf. An den Falten des Lakens
konnte er noch erkennen, wo sie gelegen hatte, aber jetzt war das Bett neben
ihm leer.
Otto sah sich im
Zimmer um. Ihr Kleid, das vor der Balkontür gelegen hatte, war verschwunden.
War sie schon aufgestanden? Aber warum hatte sie ihn nicht geweckt?
Aus dem Garten
vernahm Otto ein Hämmern. Er sprang auf, öffnete die Flügeltüren und trat auf
den Balkon. Die warme Luft strich über seine Haut, und ihm wurde bewusst, dass
er nackt war. Als er zum Geländer tappte, spürte er die kalten Steinfliesen
unter seinen Fußsohlen.
Unten im Garten
hockten Moses und Ferdinand neben einem Gerät, das wie eine Windmühle auf
Rädern aussah. Kabel führten zu einem Kasten, an dem sich Knöpfe und Schalter
befanden. Während Ferdinand mit einem kleinen Hammer auf einen Nagel schlug,
überlegte Moses laut, was als Nächstes zu tun war. Die beiden waren völlig in
ihre Arbeit vertieft.
Otto ging zurück
ins Schlafzimmer. Er wusste nicht, was er tun sollte. Jemanden nach Rieke zu
fragen, kam nicht in Frage. Wenn er ihren Ruf nicht gefährden wollte, durfte
niemand erfahren, dass sie die Nacht zusammen verbracht hatten. Schließlich
entschloss sich Otto abzuwarten. Vielleicht gab es eine plausible Erklärung für
ihr Verschwinden. Ja, wahrscheinlich hatte sie schnell nach Hause gewollt,
damit ihr Vater nicht bemerkte, dass sie nachts nicht heimgekommen war.
Otto nickte
beruhigt. So war es sicher gewesen. Dann spürte er, wie sein Magen knurrte. Er
hatte einen Bärenhunger. Bei dem Gedanken an gebratenen Speck lief ihm das
Wasser im Mund zusammen. Schnell zog er ein Nachthemd über und nahm seinen
grünseidenen Morgenmantel vom Haken. Er streifte ihn über und trat vor den Spiegel.
Da fiel sein Blick auf ein zusammengefaltetes Stück Papier, das auf dem
schwarzen Marmorbord unter dem Spiegel so verloren wie ein kleines Ruderboot
auf dem weiten Ozean wirkte.
Otto griff danach
und entfaltete es. Es war eine Nachricht, und sie bestand nur aus wenigen
Worten. An der Schrift erkannte er sofort, dass sie von Rieke stammte.
Die Botschaft war
unmissverständlich.
Wenig später saß
Otto am Frühstückstisch auf der Terrasse und stocherte in seinem Rührei und den
Speckstreifen herum. Moses und Ferdinand waren inzwischen mit ihrer
Konstruktion irgendwo im Garten verschwunden, sodass er wenigstens nicht
Konversation treiben musste.
»Ist es nicht
gut?«, fragte Lina.
»Doch, doch. Alles
ist bestens, ich hab nur keinen Hunger mehr. Du kannst abtragen«, erwiderte
Otto.
Danach saß er am
leeren Tisch und starrte vor sich hin. Irgendwann griff er in die Tasche seines
Morgenmantels und zog das Stück Papier heraus, um sich davon zu überzeugen,
dass er sich das alles nicht eingebildet hatte. Für Otto klang es endgültig.
Mit ihrer linkslastigen Schrift hatte Rieke geschrieben: »Für uns, Geliebter,
kann es keine Zukunft geben.«
Wie war es
möglich, dass so wenige Worte alle Wünsche seines Herzens zertrümmerten?
Otto erkannte zwar
einen
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