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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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schönes Porzellan? Butterweicher Kaninchenbraten auf einem Bett aus Gemüse. Dazu ein französisches Kartoffelgratin und ein Löffel voll Johannisbeergelee. Hatten sie nicht auch die Nachbarn
eingeladen? Damit du dich zusammennehmen musstest? Doch, so war es. Dein Hemd war gestärkt. Und deine Eltern tranken Wein. Rotwein. Er sah aus wie das Blut der Kaninchen. Musstest du nicht auch davon essen …?«
    Das Rauschen im Kopf. Ein Orkan. Dunkle Wolken und fürchterlicher Regen.
    »Was für eine Strafe! Nur weil du versucht hattest, so zu werden wie sie.«
    »Hör auf, hör auf, hör auf, hör auf …«
    »Da hast du dich entschlossen, Fredrik. Gewiss, du hast abgewartet. Hast dir von mir helfen lassen. Hast einen richtigen Mann gespielt. Hast schießen gelernt. Aber zum Schluss hast du ihn erwischt. Hast ihn mit einem einzigen Schuss erledigt. Deine kläglichen Beteuerungen, dass wir kein Recht haben, zu töten, kannst du dir also sparen. Natürlich kannst du töten, Fredrik. Wir haben es bereits getan. Wir können es wieder tun.«
    »Ich war es nicht! Das war sie … du … sie …! Das war sie!«
    Sein Schrei wurde vom weichen Lederpolster des Wagens verschluckt. Sie lachte und bog auf die Straße ein, die er noch vor kurzem mit Michael aufgesucht hatte. Er spürte die weiche Bewegung des Wagens im Rücken. Sie schlug das Lenkrad ein. Er drehte es zurück. Sie verlangsamte und parkte am Bordstein. Er schaute auf das Ziegelhaus und das rote Auto davor. Sie zog das Telefon aus der Tasche und wählte eine Nummer. Er versuchte, freundlich zu klingen, als er dem Mann, der ans Telefon gegangen war, sagte, es stünde für ihn eine Kiste Wein auf dem Bürgersteig vor seinem Haus. Sie lachte über diesen offensichtlichen Vorwand. Er verteidigte sich damit, dass ein Trinker nicht nachdachte, wenn es um Alkohol ging, und dass er behauptet hätte, es handele sich um ein Geschenk von einem guten Freund.
    Gespannt schaute sie auf die Haustür. Sie wurde geöffnet.
Ein Mann mittleren Alters in Jogginghose und Pullover trat ins Freie. Er ahnte, dass er unrasiert und ungekämmt war. Sie sah, dass er aus seinem Garten auf den Bürgersteig trat, dachte, dass es spät in der Nacht war und dass er Glück gehabt hatte, dass der Mann überhaupt aufgewacht war, falls er nicht ohnehin wach gewesen war. Sie ließ den Motor an und gab Gas. Er dachte, dass die Nacht ein dunkler Mantel war, in dem man sich verkriechen konnte. Sie sah, dass sich der Mann umschaute. Vielleicht war er erstaunt. Er drückte das Gaspedal durch, und der Abstand zu dem Mann betrug nur noch einige Meter.
    Sie sah sein Gesicht. Aufgedunsen und gerötet. Er sah den Körper. Verbraucht und heruntergekommen. Sie sah den Mann auf dem Bürgersteig, seine Verwirrung und nach einer Weile den Schrecken. Er beschleunigte und war jetzt nur noch ein paar Meter von ihm entfernt. Sie sah, dass der Mann rückwärts weglaufen wollte. Er sah die Augen. Aufgerissen, entsetzt, menschlich.
    Im letzten Augenblick riss er das Lenkrad herum. Er spürte, dass die Räder gegen die Bordsteinkante knallten, ehe sie auf dem Asphalt aufkamen. Sie schrie enttäuscht auf, weil er das Ziel verfehlt hatte. Er schrie, dass er sie für immer zum Schweigen bringen würde. Sie sah den Baum und versuchte zu bremsen. Er hinderte sie daran. Das Auto raste weiter, und der Stamm näherte sich mit entsetzlicher Geschwindigkeit. Sie riss die Arme vors Gesicht. Er verlor die Kontrolle über das Fahrzeug. Im Kopf wirbelte ein Leben. Das Haus. Das Bett. Papa. Gewehr. Mama. Statue. Marmor. Rosenknospen. Perlen. Töne. Musik. Reisen. Kaninchen. Fell. Blut. Schwester.
    Er ahnte, wie sich der Aufprall anfühlen würde, wusste aber bei sich, dass er es nie erfahren würde. In der Sekunde, ehe ihn der Baumstamm traf, hörte er nur die Stille. Dann verschwand er ins Ungewisse und ins Dunkel. Als Letztes merkte
er noch, wie ihm die Perücke vom Kopf glitt und auf seinem Schoß landete. Er dachte noch, dass sie dort wie ein warmes, kleines Tier lag oder wie Stellas Hand. Nicht mehr. Nie mehr. Und doch für immer.

KAPITEL 22
    Z wanzig Jahre bei der Polizei, und trotzdem würde es nie Routine werden. Jedenfalls nicht für ihn, und für die meisten seiner Kollegen vermutlich auch nicht. Da half es weder muskulöse Arme zu haben oder im Sommer schnell braun zu werden. Eine Frau zu haben, die sich freute, wenn man nach Hause kam, und Kinder, die wie die meisten Kinder waren. Auch nicht dass man Rückzugsmöglichkeiten besaß,

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