Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
Vom Netzwerk:
Kissen wegnahm, fand sie nicht, dass sich Hans Karlstens Gesicht zu seinem Nachteil verändert hatte. In jedem Tod ist ein Lachen verborgen, hatte sie einmal auf einem Gemälde in einer Kirche in Riga gelesen.
    Sie schüttelte das Kissen auf und legte es wieder ans Fußende. Dann wollte sie gehen, doch sie spürte plötzlich, dass sie beobachtet wurde. Sie schaute hoch und sah, dass Elsa Karlsten im Bett lag und sie anstarrte. Eine ewige Sekunde sahen sie sich an. Dann drehte sie sich um und verließ das Zimmer. Als sie die Haustür hinter sich schloss, dachte sie, dass sie doch die richtigen Schuhe getragen hatte, etwas auszuführen, was sich nur als ein gutes Werk bezeichnen ließ. Jedenfalls
hier, auf dieser Seite der Ewigkeit. Es kam ihr in den Sinn, dass die Franzosen den Orgasmus gelegentlich als »kleinen Tod« bezeichneten. In ihrem Fall war es umgekehrt gewesen. Für sie war der Tod von Hans Karlsten ein kleiner orgiastischer Genuss gewesen.

KAPITEL 10
    M ari lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Jo hatte wie angewiesen den Kaffee frisch gemahlen, statt den gemahlenen vom Vortag zu verwenden. Der Kaffee schmeckte nach Gelassenheit. Mari fiel auf, dass Anna ins Leere starrte, und die Marmelade aus der Heidelbeerschnecke, von der sie gerade abgebissen hatte, ihr das Kinn herunterlief.
    »Du siehst etwas müde aus, Anna. Geht es dir nicht gut?«
    Anna wischte sich mit der Hand das Kinn ab.
    »Nein, es geht mir nicht gut, und da ich mich nicht sonderlich gut darauf verstehe, mir selbst leidzutun, sind meine Symptome vielleicht schlimmer als bei anderen. Fanditha … ich meine natürlich, Fanny … hat mich besucht und erzählt, dass sie eine Weile nach Amsterdam fahren und bei Greg auf dem Hausboot wohnen will. Das nimmt mich ziemlich mit. Dass Fandithas und mein Verhältnis nicht so ist, wie man es sich vielleicht wünschen könnte, daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Das habe ich zumindest geglaubt. Ich habe mir eingebildet, dass ich getan habe, was in meiner Macht stand, und dass es für uns beide schon reichen würde, wenn ich sie nur genug liebe. Aber so scheint es nicht zu sein. Je mehr ich versuche, mich ihr zu nähern, umso mehr entgleitet sie mir. Da stehe ich dann mit meiner Liebe und einem Kind, das sagt, nein danke, behalte deine ekligen Gefühle für dich. Das ist nichts Neues, denn so war sie, seit ich sie zur Welt gebracht
habe. Dass sie Greg immer vorgezogen hat, weiß ich auch. Auf eine seltsame Art und Weise ist alles immer meine Schuld, auch wenn er etwas Dummes angestellt hat. Meine stellvertretende Schuld scheint ein unerhört entscheidender Faktor in ihrer Vorstellungswelt zu sein … ich weiß das … und trotzdem …«
    »… möge dieser Kelch an mir vorübergehen«, meinte Fredrik vorsichtig. Er hatte sein belegtes Brot noch nicht angerührt, und Mari fand, dass er schmaler im Gesicht war als noch vor ein paar Wochen. Sie wollte etwas entgegnen, aber Anna kam ihr zuvor.
    »Genau«, sagte sie. »Das hätte Mama auch gesagt, obwohl sie es noch salbungsvoller formuliert hätte. Sie wäre begeistert gewesen, dass mein Verhältnis zu Fanditha genauso schlecht ist wie ihres zu mir. Für sie ist Fandithas abweisende Haltung nur ein Beweis dafür, dass Gott gerecht ist. Mamas Gott war nur selten verzeihend, sondern hat mit Begeisterung verurteilt, und zwar mehr streng als gerecht. Ihr ist das Alte Testament immer lieber gewesen als das Neue. Ich bin sicher, dass sie glaubt, Jesus sei viel zu sanft mit seinem ewigen Verzeihen und seinem Grundsatz, der, der ohne Schuld ist, solle den ersten Stein werfen.«
    »Du hast dieses Verurteilende nie als ein Indiz dafür gesehen, dass sie sich um dich sorgte?«
    »Wie meinst du das?«
    Fredrik schwieg einen Augenblick. Mari betrachtete sein rosa Hemd und war froh, dass sie selbst einen flauschigen, lavendelfarbenen Pullover trug, der gut zu ihrer Augenfarbe passte. Die Wolle bewirkte, dass sie sich in einer unsicheren Welt geborgen fühlte.
    »Meine Mutter hat mich einmal darum gebeten, zu tun, als sei ich Luft«, sagte Fredrik schließlich. »Ich war sechs Jahre alt, und Mama hatte ein paar Nachbarinnen nach Hause eingeladen. Sie fand im Dorf nicht ihresgleichen, was dazu führte,
dass sie eigentlich auch keine richtigen Freundinnen besaß. Aber manchmal gefiel es ihr, sich in der Bewunderung der anderen zu sonnen. Dann lud sie Leute ein und tischte Sachen auf, die die anderen noch nie gesehen hatten, aber dennoch so taten, als würden sie sie

Weitere Kostenlose Bücher