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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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ein Baby war und man sie noch umarmen durfte, Greg im Bett, die Arme um sie gelegt. Sie selbst auf Deck, mit Gregs Augen gesehen. Unbesiegbar, schön und einzigartig. So weit von der Durchschnittlichkeit entfernt, wie man es sich nur vorstellen konnte.
    Erst als sich Fanditha erhoben, den Mantel angezogen und sich verabschiedet hatte, ohne sie zu berühren, und gegangen war, ohne ein Wort darüber zu verlieren, wie sie in den nächsten Monaten miteinander kommunizieren würden, konnte sie sie sich zu Boden sinken lassen. Sie umklammerte ihre Knie und wiegte sich vor und zurück. Sie fand die Welt nur noch absurd. Sollte sie sich für unfreiwillige Übergriffe schuldig fühlen, die sie nicht einmal verstehen konnte, während Hans Karlsten seine Demütigungen ständig wiederholte, ohne sich
zu schämen? Es wäre alles so viel einfacher, wenn der Mensch Schuld für die richtigen Dinge empfinden könnte. Dann dachte sie, dass Fanditha über ihre Gedanken nur gelacht hätte. »Das ist typisch für dich, Mama«, hätte sie gesagt. »Wie immer glaubst du, dass du über die einzig gültige Definition verfügst. Du glaubst sogar darüber entscheiden zu können, worauf ein Gewissen reagieren sollte.«

KAPITEL 9
    S ie stand hinter dem Baum und wusste nicht mehr, wie lange sie schon dort wartete, aber das spielte auch keine Rolle. Während es um sie herum immer dunkler wurde, kam ihr in den Sinn, dass sie sich in Überlegungen verrannt hatte, die sie niemandem mitteilen konnte. Diese Gedanken kamen ihr klebrig vor. Sie schaute auf die Uhr. Fünf Minuten, zehn, fünfzehn, zwanzig, eine Stunde, ein Tag, eine Ewigkeit, ein Kreis.
    Der Entschluss, Elsa Karlstens Mann zu ermorden, war nie ein Entschluss gewesen. Aber während der letzten Tage dachte sie unablässig über Gesehenes und Gehörtes nach. Bis sie schließlich zu dem Schluss gelangte, dass ein paar Jahre hin oder her am Ende eines fortgeschrittenen Lebens in diesem Zusammenhang lächerlich waren, nur ein Punkt im Universum. Natürlich zögerte sie zunächst. Aber dann konzentrierten sich ihre Gedanken auf den kleinen Finger von Elsa Karlsten. Sie hatte Elsas Bericht wieder im Ohr und den steifen Finger vor sich gesehen. Sie hörte die Melodien, die Elsa nie mehr würde spielen können, und empfand selbst einen Schmerz dabei, wie sie es nie für möglich gehalten hätte.
    Jetzt war sie hier, weil sie eine längere Zeit das Haus betrachten wollte, in dem Hans Karlsten lebte und wirkte. Irgendwie war sie davon ausgegangen, dass ein Haus, das das
Böse beherbergte, auch Böses ausstrahlen würde. Die Fenster hätten schwärzer wirken müssen als die anderer Häuser, und sie hatte sich die Fensteröffnungen mit Dornen vorgestellt. Die Konturen hätten schärfer sein müssen und das Dach schwerer. Aber sie konnte davon überhaupt nichts erkennen. Sie sah nur ein Haus vor sich, in dem eine x-beliebige, glückliche Familie hätte wohnen können, in dem Papa und Mama einander und ihre Kinder und die Kinder ihre Eltern liebten, die einander liebten und so weiter. Liebe wie eine aufsteigende Spirale. Vielleicht gab es sie ja wirklich. Vermutlich war es ja dieser Gedanke, der sie dazu veranlasste, hinter dem Baum stehenzubleiben, obwohl sie eigentlich gar nicht so lange hatte bleiben wollen. Mit dem Rücken an den rauen Stamm gelehnt und die krummen Äste über sich, dachte sie auf einmal an das Ei.
    Sie musste immer um sechs Uhr aufstehen, damit sie den Schulbus nicht verpasste. Da hatte ihr Vater dann schon die Frühschicht begonnen, und ihre Mutter lag noch im Bett und schlief, obwohl sie das vielleicht nicht tun sollte. Sie selbst verlor nie ein Wort darüber, und Mama versprach immer, dass sie am Vorabend »etwas« fertigmachen würde, damit sie »etwas« zu essen mitnehmen konnte. Das Problem war nur, dass es dieses »Etwas« dann nur selten gab. Es wurde vergessen oder verschwand in der Eile.
    Ratlos stand sie dann vor dem Kühlschrank, vor Angst, den Bus zu verpassen, machte sie sich beinahe in die Hose. Sie starrte auf das nicht vorhandene Frühstück, bis sie ganz oben eine Packung Eier entdeckte, ihre Rettung. Sie nahm eines mit und schlug es dann im Bus vorsichtig an der Scheibe auf und trank es roh, bis sie nur noch die Eierschale in der Hand hielt, die sie an die Haut eines Menschen erinnerte. Anfänglich kam ihr das eklig vor, aber schließlich gewöhnte sie sich daran. Mehrere Wochen lang waren die Eier ihre Rettung, da der Karton immer an derselben Stelle im

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