Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
zurückzuhalten, schniefte nur lautstark und schüttelte den Kopf. Mari merkte, wie sich die Kälte, die sie in Davids Gesellschaft immer empfand, in ihren Armen und Beinen ausbreitete. Sie hatte einen trockenen Mund und versuchte sich zu räuspern, während sie die anderen ansah. Anna war bleich geworden, und Fredrik hatte sich vorgebeugt und den Kopf in die Hände gelegt. Sie konnte sein Gesicht nicht mehr sehen.
»Du willst also sagen, dein Mann … Hans Karlsten … ist tot?«, brachte sie schließlich über die Lippen. Sie flüsterte. Elsa Karlsten sah sie unter Tränen erstaunt an.
»Natürlich ist er tot«, schluchzte sie. »Obwohl ich kaum wage, das zu glauben. Ich muss zugeben, dass es Tage gegeben hat, an denen ich glaubte, dass ihr mir nicht helfen würdet. Trotzdem habe ich die Hoffnung nie aufgegeben. Bis sie auftauchte. Entschlossen und von ihrer Mission überzeugt. Und es war … fast schön. Mir ist klar, dass das seltsam klingen muss, aber das war mit das Schönste, was ich je gesehen habe. Als sei der Racheengel aus dem Himmel herabgestiegen, um Gerechtigkeit zu verlangen. So sah sie jedenfalls aus. Ein dunkler Schatten. Und dann dieses Haar. Ich werde es nie vergessen.«
»Wen hast du denn gesehen?« Annas Frage klang angestrengt.
Fredrik hatte noch immer den Kopf in die Hände gelegt und bewegte sich nicht. Elsa Karlsten starrte vor sich hin, als versuche sie, sich das nächtliche Bild wieder in Erinnerung zu rufen.
»Wie gesagt habe ich einen Racheengel gesehen und keinen Menschen. Mir ist klar, dass das ebenfalls ein Teil des Planes war. So würde ich nie jemanden bezichtigen können, da ich wirklich nicht weiß, wer es war, der da in meinem Schlafzimmer stand und meinem Mann ein Kissen aufs Gesicht drückte. Es hätte jeder x-Beliebige sein können. Für mich ist es auch … jeder x-Beliebige. Das hat alles mit euch nichts zu tun. Aber ich will trotzdem zahlen, so schnell wie möglich. Und zwar bar. Aber vermutlich dauert es ein paar Wochen, bis ich einen finanziellen Überblick habe. Jetzt muss ich mich erst um ein paar praktische Dinge kümmern. Die Beerdigung. Ihr müsst kommen. Ich brauche eure … Unterstützung. Erst dann werde ich das Haus und alles andere verkaufen können. Das Ergebnis fällt besser aus, wenn man eins nach dem anderen erledigt. Das hat mein Mann immer gesagt, wenn er mir erklärte, wie es an einem richtigen Arbeitsplatz zugeht.«
Elsa Karlsten verstummte. Dann lächelte sie, und ihr verquollenes Gesicht wurde von einer unschuldigen Freude beseelt, die sie jünger erscheinen ließ, als sie eigentlich war. Mari sah sie an und erschauerte. Elsa Karlsten sprach wie in Trance. Die Frau auf dem Stuhl unterschied sich so sehr von der Person, der sie vor einer Woche begegnet waren, dass es schon fast beklemmend war. Der Racheengel, die Nemesis, die Tochter der Nacht.
Sie versuchte, etwas zu sagen, aber Elsa Karlsten kam ihr zuvor.
»Ich stand neben dem Bett und betrachtete meinen toten Mann. Bevor die Polizei und der Krankenwagen eingetroffen sind. Er wirkte ganz friedlich. Ich dachte, dass ich ihn irgendwann einmal geliebt haben muss. Zu Anfang. Aber ich konnte
mich nicht erinnern, wie das gewesen war. Ich empfand … überhaupt nichts. Ich konnte nur an all das denken, was mein Mann mir angetan hat und erkannte, dass die Vergangenheit ein wunderbarer Tempus ist, jedenfalls wenn von einem Mann wie dem meinen die Rede ist.«
KAPITEL 11
N iemand sagte etwas. Hinter der geschlossenen Tür, durch die Elsa Karlsten verschwunden war, war das Klirren von Gabeln und das Lachen eines ehemaligen Kunden zu hören, eines geschiedenen Mannes, der sich von Kleopatras Kamm gelegentlich in Erziehungsfragen hatte beraten lassen. Fredrik hatte ihm erklärt, was es bedeutete, tolerant zu sein und ein offenes Ohr zu haben. Jetzt betete er innerlich, dass der Mann ihn nicht erneut konsultieren wollte.
Anna starrte so durchdringend auf einen Fleck hinter seinem Rücken, dass er sich umdrehen musste, um zu sehen, was sie fixierte. Mari zupfte an einem losen Faden ihres Pullovers und fluchte, als es ihr nicht gelang, ihn herauszuziehen. Ihre Halsmuskeln waren angespannt. Das Schweigen war unerträglich. Er brach es, indem er flüsterte, dass sie es selbst getan haben müsse. Also Elsa Karlsten. Sie und niemand anderes.
»Sie muss verwirrter gewesen sein, als wir ahnten, oder die psychische Misshandlung muss brutaler gewesen sein, als sie uns anvertraut hat«, sagte er. Dann erklärte er
Weitere Kostenlose Bücher