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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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So nahe, dass sich schließlich ihr Blutkreislauf vereinigte.
    Sie registrierte nicht mehr, dass er nicht neben ihr einschlief, sondern mitten in der Nacht aufstand und anfing an seinen Skulpturen zu arbeiten. Erst gegen Morgen, als die Sonne durch das salzfleckige Fenster schien und sie weckte, merkte sie, dass seine Hälfte der Matratze leer war. In ein Laken gewickelt, ging sie nach draußen. Hüften, Brüste und Bauch hatten wieder ihre gewohnten Proportionen zurückerhalten. Auf leisen Sohlen ging sie zum Atelier, um ihn nicht zu überraschen, weil das ungeahnte Konsequenzen haben konnte. Er stand mit dem Rücken zu ihr und knetete mit der Besessenheit, von der sie wusste, dass sie ihn die ganze Nacht angetrieben hatte. Sie würde ihn noch einige weitere Tage anpeitschen. So etwas Alltägliches wie Schlaf konnte er als Auserwählter entbehren. Sie betrachtete die Skulptur der beiden ineinander verschlungen Daliegenden, ihr fielen die Proportionen der Körper auf, und ihr wurde klar, dass die Vereinigung der vergangenen Nacht bei ihm ein anderes Bedürfnis befriedigt hatte als bei ihr.
    Er drehte sich um. Vor Erschöpfung hatte er tiefe Ringe um die Augen.

    »Heute fahren wir nach Carna. Ich muss dir dort etwas zeigen«, sagte er mit der Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
    »Darf ich erst noch frühstücken?«, fragte sie und versuchte, der Situation mit Normalität zu begegnen. Aber er schien sie nicht zu hören.
    »Wir fahren nach Carna«, wiederholte er, und sie kleidete sich rasch an, verschwand auf die Toilette, ließ sich Wasser über das Gesicht laufen und putzte sich die Zähne. Schnell, damit er nicht warten musste, rannte sie die Treppe hinunter, griff sich einen Apfel, trank ein Glas Saft, und hörte dann, dass er bereits auf dem Weg war. Sie nahm ihre Jacke, ging zu ihm nach draußen. Der Wind schlug ihr ins Gesicht. Statt der Sonne zogen jetzt tief hängende Wolken am Himmel auf. Wenn sie Glück hatten, würde es nur nieseln, aber wahrscheinlich würde es bald schütten.
    Auf der Fahrt schwiegen sie. Sie nahmen die Küstenstraße, vorbei an Ballyconneely und Roundstone, Cashel und Bertraghboy Bay. Sie befanden sich in einer Gegend, in der noch Irisch gesprochen wurde. Das war aus den Straßenschildern ersichtlich, die an eine andere Zeit und ein anderes Leben erinnerten. Hinter der nassen Windschutzscheibe ahnte sie grüne Hügel und Steinmauern. In diesen Dörfern hatte die Hungersnot unzählige Menschen das Leben gekostet, und alle, denen es gelungen war, zu emigrieren, hatten sich vermutlich ein Leben lang zurückgesehnt. Dass man in einer so wahnsinnig schönen Gegend aufwuchs, musste einfach Spuren hinterlassen. Hungersnot auf einer so schönen Insel. Was für eine seltsame Ironie, wirklich zum Lachen.
    David fuhr weiter, ohne ein Wort zu sagen. Die Scheibenwischer peitschten über die Windschutzscheibe, aber man sah trotzdem fast nichts. Als hätte es die Vorsehung so gewollt, befanden sich fast keine anderen Autos auf der Straße. Trotzdem war sie dankbar, als endlich das Schild »Carna« am Straßenrand
auftauchte und er kurz darauf auf einen kleinen Parkplatz nahe eines Gebäudes einbog, das nach Tankstelle mit dazugehörendem Lebensmittelladen aussah.
    Sie fror und zog ihre Jacke enger um sich. Sie schaute aus dem Seitenfenster und verspürte nicht die geringste Lust, sich hinaus in den Regen zu begeben. David stieg jedoch sofort aus dem Auto, ging einmal darum herum, öffnete die Beifahrertür und hielt ihr die Hand hin. Sie nahm sie, schnappte nach Luft, als ihr der Regen ins Gesicht schlug, und zog sich die Kapuze über den Kopf.
    David zerrte sie über die Straße. Erst sah sie überhaupt nichts und dachte nur, er würde sich erkälten, weil er keine Jacke trug. Sie wusste aber, dass es keinen Sinn hatte, ihm Vorhaltungen zu machen. Dann sah sie, dass direkt neben der Straße ein kleiner Friedhof lag. Sie gingen den Seitenstreifen entlang, bis sie zu einem Zaun gelangten. Ihre Schuhe waren bereits lehmig und durchnässt, aber sie folgte ihm, als er sie durch das Tor zog und dieses hinter sich schloss. Gemeinsam betrachteten sie den Friedhof.
    Ordentliche Reihen von Gräbern, die jedoch wegen der verwilderten Wiese verlassen wirkten. Große Kreuze, Statuen und Denkmäler. Engel, Maria mit dem Jesuskind, der Tod, auferstanden aus der Illusion. Letzte Grüße, abwechselnd auf Irisch und Englisch. Brennende und heruntergebrannte Grablichter. Im Wind flackernde Flammen,

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