Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
sein Versteck in der Matratze unentdeckt. Bis Papa bei ihrem Versteckspiel plötzlich in sein Zimmer kam, ihn vom Bett riss, mit einem Handgriff die Matratze umdrehte und das Gewehr herauszerrte. Vielleicht hatte Papa die ganze Zeit gewusst, wo es lag. Vielleicht hatte es den erfahrenen Jäger nur amüsiert, das Leiden seines Opfers in die Länge zu ziehen.
Das Kind Fredrik verblasste. Der erwachsene Fredrik sah sich im Lokal um und bemerkte, dass eine neue Künstlerin auf die Bühne gekommen war, eine füllige Frau, die sich als Belle vorstellte. Er wandte sich Miranda zu, äußerte sich aber nicht zu den Kaninchen, sie waren sich beide bewusst, dass er die Geschichte nie vergessen würde.
»Worauf willst du hinaus?«
Sein Ton klang ungewöhnlich aggressiv, und sie schob etwas die Lippen vor, während ihr Fuß in der Sandalette auf und ab wippte.
»Nicht in diesem Ton! Ich bin deine Freundin, und das weißt du. Noch mehr, im Übrigen. Deswegen erwähne ich auch die Kaninchen. Um dich daran zu erinnern, wie es ist, wenn man unterdrückt wird. Elsa Karlsten wurde unterdrückt, und sie
hat etwas dagegen unternommen. Ihr habt ihr geholfen. Ganz gleichgültig, für welche Wirklichkeit ihr euch jetzt entscheidet. Hans Karlsten ist tot, und seine Witwe will euch für eure gute Arbeit bezahlen. Und ich weiß genau, wozu wir unseren Anteil des Geldes verwenden werden.«
»Wovon redest du eigentlich?«
Miranda seufzte ungeduldig.
»Du wirkst heute Abend etwas geistesabwesend, Fredrik. Aber natürlich habe ich immer gewusst, dass ich im Gegensatz zu dir entschlussfreudig bin. Anderthalb Millionen für euch drei bedeutet eine halbe Million für dich. Das ist dein rechtmäßiger Anteil an dem Geld. Geld für uns. Hast du wirklich nicht begriffen, was das bedeutet? Das bedeutet, dass Miranda’s Palace nicht mehr nur ein Fantasiegebilde sein muss, während wir zusehen, wie das Fata Morgana mit jeder Woche besser läuft und Michael immer reicher wird. Das Konzept ist sonnenklar. Damit müssten wir auf eine elegante Art wirklich reich werden. Unser eigenes Lokal. Ich trete für uns auf. Und zwar nur mit den Besten, die wir uns dann aussuchen können. So etwas hat es in Stockholm noch nie gegeben.«
Fredrik wollte protestieren, aber sie kam ihm zuvor.
»Ich sehe es schon vor mir! Blauer Samt. Kronleuchter. Bequeme Sessel. Retro gemischt mit bestem modernen Design. Telefone auf den Tischen, damit man von Tisch Nummer fünf bei Tisch Nummer dreiundzwanzig anrufen kann, um die Gäste dort auf einen Drink einladen zu können. Wie damals, als das Telefonieren noch Stil hatte und kein vulgäres Vergnügen war. Krawattenzwang, damit das Publikum auch halbwegs niveauvoll ist. Alle werden es lieben. Tanz an festgelegten Abenden. Die besten Musiker und die besten Schauspieler. Oh Fredrik, kannst du es denn nicht auch vor dir sehen?«
Natürlich konnte er das. Er musste nur die Augen schließen. Dann tauchte Miranda’s Palace vor ihm auf. Es war die
Art von Lokal, die ihm in Stockholm immer gefehlt hatte, ein Lokal, wie er es selbst gerne besessen hätte, um es nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Mit Einflüssen aus Berlin und Paris … die er in die Praxis umsetzen konnte …
»Eine halbe Million ist nicht viel«, erwiderte er jedoch. »Das reicht kaum für die Miete über einen längeren Zeitraum. Dann müssen wir noch Möbel und Accessoires kaufen. Wir brauchen mehrere Millionen, wenn das Lokal die Klasse bekommen soll, die wir uns vorstellen.«
Miranda lehnte sich zurück und trank ihren Drink aus. Er meinte zu spüren, wie die Flüssigkeit mit einem gurgelnden, leicht brennenden Gefühl die Kehle herunterlief.
»Natürlich wird das Millionen kosten«, gab sie zu. »Aber man bekommt viel leichter einen Kredit, wenn ein Startkapital vorhanden ist. Du weißt schon. Wer schon Geld hat, bekommt noch mehr Geld. Eine halbe Million auf einem Konto ist ein schöner Köder, der Leute mit einem guten Gespür anregt, ihr Geld zu investieren. Sicher auch den einen oder anderen liquiden alten Hecht. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir über fantastisches Humankapital verfügen, Fredrik.«
»Humankapital?«
Miranda zwinkerte ihm lächelnd zu. Ihre Zähne funkelten im Spiegel an der Wand, aber plötzlich erinnerten sie ihn nicht mehr an Perlen, sondern nur noch an einen Hecht.
»Du und ich, Fredrik. Wir haben doch noch uns selbst, nicht wahr? Sie werden nicht nur investieren, weil wir dieses Geld haben, sondern auch, weil wir
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