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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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Beute mit Lampen anlocken, die sie vor ihren Rachen hängen. Quallen, Würmer, Krabben, Wale …«
    »Ceratias holboelli.«
    »Du lernst dazu, Mari. Aber hast du auch gewusst, dass der tiefste Meeresgraben elftausend Meter tief ist? Das lässt unser
eigenes Meer kümmerlich erscheinen. Als wäre es dort möglich, auf dem Grund entlangzuspazieren und immer noch Luft zu bekommen.«
    Er drückte sie an die Reling, als er das sagte, und plötzlich verloren ihre Füße den Kontakt mit dem Deck. David hielt sie fest um die Taille und hob sie halb über die Reling. Gesicht und Oberkörper baumelten hilflos über dem schäumenden Wasser. Sie protestierte erst beherrscht, dann panisch, während David ruhig weitersprach, als hörte er sie nicht.
    »Kann nicht das Wissen über die Tiefen dort unten dazu führen, dass du eins werden willst mit etwas, das größer ist als du? Wenn diese durchsichtigen Wesen ohne Mund und Verdauungsorgane sich ernähren können, indem sie Fett aus Walskeletten in Tausenden von Metern Tiefe saugen, dann kann doch wohl so ein hochentwickeltes Wesen wie du in diesem Gewässer überleben? Meine Murrughach. Meine Seejungfrau mit dem roten Haar. Willst du deine Flossen nicht ausprobieren?«
    Sie spürte die salzige Gischt in den Augen und schrie. Erst als er entrüstete Stimmen hinter sich hörte, ließ David sie herunter. Er lachte, als er ihr Gesicht sah.
    »Kleine Murrughach, du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich dich ins Wasser werfe? Was hast du eigentlich für eine Meinung von mir? Ist dir dein Humor vollkommen abhandengekommen? Oder der Verstand?«
    Sie schaute in diese verdammten Augen, die ihre Farbe vom Meer geliehen hatten. Seine Haut war weiß wie der Bauch eines toten Fisches. Er trug einen grauen Pullover aus dicker Wolle und Jeans, und seine Hände waren erschreckend schön. Sie nahm sie und leckte ihm vorsichtig die Fingerspitzen ab.
    »Ja«, erwiderte sie. »Ich glaube, ich verliere den Verstand.«
    Die Erinnerung verblasste, und sie befand sich wieder im Wohnzimmer auf dem Fußboden, in einem Zuhause, das doch kein Zuhause war. Mary, you are an angel. Since I met you, I
believe in God. Der Gedanke an Davids Worte ließ sie immer noch erschauern und rief ihr in Erinnerung, wie es war, seine Finger auf den Wangen zu spüren. Sie hatte das Gefühl, als würde er mit seinen Händen ihr Gesicht umschließen, sodass er ihr mit Leichtigkeit den Hals hätte umdrehen können. Sie hatte einmal Barbiepuppen besessen, deren Köpfe man austauschen konnte, um bequemer die Frisur zu wechseln. Es war einfacher gewesen, den Kopf auszutauschen als neu zu frisieren.
    Mari schob ihre Hand in die Urne und ließ die graue Asche durch die Finger rieseln. Die Flocken waren weich auf der Haut und ließen auf dem Handrücken einen durchscheinenden Staub zurück. Sie hätte wirklich zum Renvyle Point fahren sollen, um die Asche im Wind zu zerstreuen, wie sie es sich vorgenommen hatte. Aber dann hatte sie es sich anders überlegt. Sie hatte sie mitsamt der Skulptur mit nach Hause genommen.
    »Bist du tot, David?«, fragte sie in die Luft.
    »Natürlich nicht«, antwortete er belustigt über diese dumme Frage. Sie platzierte den Deckel sorgfältig wieder auf dem Gefäß und wandte sich ihm zu. Er sah aus wie damals auf dem Boot von Inishbofin. Sogar sein Haar war nass. Der Pullover hatte einen Marmeladenfleck auf dem Ärmel. Als sie eingekehrt waren, war ihm ein Scone aus der Hand gefallen.
    »Natürlich nicht«, wiederholte er. »Solange du für mich lebst, bin ich nicht tot, Mari. Ich lebe in deiner Fantasie. In deinen Träumen und Gedanken. Wir werden immer zusammen sein. Bis dass der Tod uns scheidet, hätten normale Menschen gesagt. Uns kann nicht einmal der Tod scheiden.«
    Sie verkroch sich in seinen Armen, spürte aber nichts, als würde sie eine Wolke umarmen, die sich zwischen ihren Fingern verflüchtigte wie eben noch die Asche.
    » Kleopatras Kamm hat den Auftrag zu einem weiteren Mord bekommen«, murmelte sie in die Armbeuge, die vielleicht nur Luft war.

    »Das erstaunt mich nicht«, antwortete er mit einer Stimme, von der sie nicht wusste, ob sie sie überhaupt noch hörte. »Ihr habt unrealistischerweise geglaubt, ihr hättet alles im Griff. Aber die Hölle ist leer, und alle Teufel sind hier, wie man so schön sagt. Was wird von euch erwartet?«
    »Ich weiß nicht, ob etwas von uns erwartet wird, David. Ich weiß nur, dass uns ein alter Mann gebeten hat, seiner schwerkranken Frau, die im

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