Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
dass er ihn hätte um Rat fragen können, aber das würde er nie tun. Sie waren gut befreundet, und deshalb hielten sie sich ans Wesentliche.
»Gut.« Er hatte keine Lust auf ein tiefergehendes Gespräch. Michael wusste, dass er unlängst mit ein paar guten Freunden eine Firma gegründet hatte, hatte ihn aber nie ausgefragt. So sollte es sein.
»Gut? Na ausgezeichnet.« Michael schlug vorsichtig die Beine übereinander, und seine erlesenen Kniestrümpfe kamen zum Vorschein. Michael war Ästhet. Socken, über denen haarige Männerbeine zum Vorschein kamen, fand er abscheulich.
»Meine Geschäfte laufen auch gut. Die Kunden sind treu und können zahlen. Eine wohlhabende Stammkundschaft ist das Beste, was sich ein Geschäftsmann wünschen kann. Loyalität, Geld und eine gewisse Diskretion. Damit kommt man weit. Aber wem erzähle ich das.«
Fredrik beschloss, den Ehrenkodex an diesem Abend zu brechen.
»Wie viele Lokale besitzt du eigentlich? Wie sieht dein Geschäftsimperium aus?«
»Imperium?« Michael lachte. Er sprach das R sehr deutsch aus.
»Ich komme aus einem Land, in dem Steuererklärungen nicht von jedermann einzusehen sind. Was keinesfalls bedeutet, dass man etwas zu verbergen hat, sondern nur, dass gewisse Dinge privat sind.«
Michael hob beschwichtigend die Hände.
»Entschuldige, mein Freund. Ich wollte nicht unverschämt sein. Du weißt, dass ich dir einiges zu verdanken habe. Also: Mein Imperium besteht aus fünf Nachtclubs in Hamburg, drei in Berlin und einigen weiteren Clubs in Deutschland. Unter anderem in Köln und Frankfurt. Wahrscheinlich sind es insgesamt etwa zehn Lokale. Der Zuschnitt ist sehr unterschiedlich. Einige sind exklusiver. Aber es gibt Kunden für alles. Ich biete an, was sie wünschen, solange es meine Qualitätsansprüche oder meine Vorstellungen von der Rentabilität nicht unterschreitet.«
»Und trotzdem wohnst du in Schweden.«
»Genau.«
Fredrik bemerkte, dass Michael ein wenig den Kopf bewegte, um zu kontrollieren, dass seine Angestellten auch ihre Arbeit machten. Auf der Bühne bereiteten ein paar Männer die Vorstellung des Abends vor.
»Wie gefällt es dir in Schweden?«
Er hätte diese Frage eigentlich nicht stellen sollen. Michael redete nur selten über sein Privatleben. Fredrik wusste nur, dass er eine Tochter hatte, die mit einem Schweden verheiratet war. Das war auch der Grund gewesen, warum Michael mit seiner Frau nach Stockholm gezogen war. Nach dem Umzug waren nur wenige Jahre vergangen, bis Michaels Frau an einer Lungenentzündung gestorben war.
»Früher sehr gut. Bis vor etwa einem Jahr, bis zu dem Unfall.«
»Was für ein Unfall?« Fredrik wunderte sich, dass er davon
nichts wusste. Er war zwar nicht Michaels Vertrauter, aber er war Michaels Freund. Michael starrte an die Decke.
»Das ist nichts, worüber ich gerne spreche«, sagte er schließlich. »Die Angestellten wissen nichts. Die Künstler auch nicht. Dass ich es dir erzähle, hat nur einen Grund. Kleopatras Kamm . Die Firma, die alle deine Probleme löst. Eine fantastische Programmerklärung. Vielleicht die beste, die mir je untergekommen ist.«
» Kleopatras Kamm? Woher …?« Fredrik verstummte. Die Antwort auf dieser Frage lag auf der Hand. Miranda musste mit Michael gesprochen haben. Miranda hatte ihn hintergangen und von Kleopatras Kamm erzählt. Was hatte sie noch alles ausgeplaudert?
» Kleopatras Kamm , ja. Wenn ich es recht verstehe, hat es so etwas Innovatives bislang kaum gegeben. Außerdem scheint das Ganze eine gewisse Finesse zu besitzen.«
Fredrik räusperte sich. Er erahnte nur, wie im Hintergrund der Vorhang aufging und ein Künstler in bodenlangem Kleid langsam seine Handschuhe abstreifte und ein Lied sang, in dem es um Verzeihen ging.
»Die Probleme der Leute können so unterschiedlich sein. Seinem Nächsten zu helfen kann eine gute Sache sein, egal ob man dem anderen nun dabei hilft, Müll oder Menschen auf die Kippe zu fahren. Womit wir bei dieser alten Frau wären … Hieß sie nicht Elsa? … das, finde ich, war wirklich eine gute Tat. Wäre es damals diesen prächtigen Männern des Widerstands gelungen, Hitler zu ermorden, es wäre viel gewonnen gewesen. In diesem Licht muss man das sehen, Fredrik, und das tue ich auch. Ja, meine ganze Familie stünde auf deiner Seite, jedenfalls der Teil, der am Leben geblieben ist.«
Entsetzt dachte Fredrik daran, dass Mari angekündigt hatte, ihm von einem neuen Auftrag zu erzählen.
»Ich bin ein vermögender Mann«,
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