Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
seine Besucherin war, und legte erleichtert den Stift beiseite.
»Es ist offen!«, rief er und erhob sich trotzdem, um sie einzulassen. Juliet Painter trat über die Schwelle.
»Störe ich, James?« Sie deutete auf die unvollendete Predigt.
»Im Gegenteil«, antwortete der Vikar.
»Ich leide an einer Schreibblockade, schätze ich. Ich wollte sowieso gerade aufstehen und mir einen Kaffee machen. Jetzt habe ich Besuch – umso besser. Ich kann statt Kaffee Stachelbeerwein anbieten, selbst gemacht von einem Gemeindemitglied. Er ist ganz ausgezeichnet, glauben Sie mir. Haben Sie Lust auf ein Glas?« Er ging zu seinem bescheidenen Getränkefach und öffnete die Klappe. Juliet hatte das Magazin auf dem Stuhl liegen sehen und verbarg ein Grinsen.
»Eine ausgezeichnete Idee, James. Genau das, was ich jetzt gebrauchen könnte.«
»Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte sich der Vikar, nachdem beide ein Glas in der Hand hielten und es sich auf den Sesseln gemütlich gemacht hatten.
»Oder ist dies lediglich ein Freundschaftsbesuch?«
»Teils Freundschaftsbesuch, teils geschäftlich«, gestand Juliet.
»Sie können sich denken, was mich zu Ihnen getrieben hat. Es ist diese elende Geschichte von dem Mord an Jan Oakley und die Frage, was aus den Schwestern werden soll. Haben Sie in letzter Zeit mit den beiden gesprochen?« Er nickte.
»Ich war gestern Abend bei ihnen. Ich denke, sie halten sich recht gut, wenn man bedenkt, was auf ihren Schultern lastet. Sie sind sehr dankbar für Ihre Hilfe und Unterstützung.« Juliet verzog das Gesicht.
»Ja, das weiß ich. Es ist eine Last, das können Sie mir glauben. Hätte ich, als ich mich einverstanden erklärt habe, ihnen beim Verkauf ihres Besitzes und der Suche nach einer geeigneten Wohnung zu helfen, gewusst, dass es damit endet, dass ich in einem Mordfall von der Polizei verhört werde …«
»Keiner von uns konnte das ahnen«, sagte James Holland.
»Wie auch?« Juliet suchte nach den richtigen Worten.
»Es ist … unangenehm. Diese ganze Sache ist so … hässlich. Sicher, Mord ist immer eine hässliche Geschichte, aber das hier … es ist wirklich übel.«
»Mord ist übel«, sagte der Vikar.
»Aber ich weiß, was Sie sagen wollen. Ich lese gerne Krimis, aber das hier ist real. Es ist in unserer Gemeinde passiert. Es ist jemandem passiert, den wir kannten. Es fand in einem Haus statt, das wir kannten, in dem wir mehr oder weniger ein und aus gegangen sind, und es sind Menschen darin verwickelt, die wir vor jeder Art von Stress beschützen und abschirmen möchten. Das ist der Unterschied zwischen Fiktion und Wirklichkeit.« Seine Miene hellte sich auf.
»Das ist es! Das wird das Thema meiner Sonntagspredigt! Ich werde gleich mit dem Kirchenvorstand darüber reden!«
»Tut mir Leid, wenn ich nicht da sein kann, um mir die Predigt anzuhören«, sagte Juliet.
»Ich gehe nicht mehr so oft zur Kirche, außer an Weihnachten und Ostern.« Sie nahm einen Schluck von ihrem Wein.
»Meine Güte, der ist aber stark! Wer hat ihn gemacht?«
»Mrs. Harmer, meine Haushälterin, um die Wahrheit zu sagen. Behalten Sie es für sich. Es macht sie sehr verlegen. Ihr Vater war früher ein führender Kopf bei der Abstinenzbewegung in unserer Gemeinde.«
»Geheime Laster, wie?«, grinste Juliet, doch dann wurde sie wieder ernst.
»Es gibt Neuigkeiten, James«, sagte sie.
»Ich habe bereits davon gehört«, sagte Holland.
»Zwei Superdetektive aus London sollen den Fall übernehmen.«
»Sie sind bereits da, und ich habe sie gesehen. Ich weiß nicht, wie gut sie sind, aber einer von ihnen sieht aus wie ein wohlhabender Bankräuber und der andere wie ein Taschendieb aus einem der Romane von Dickens.« Sie redete mit derartiger Vehemenz, dass sich die Vermutung aufdrängte, sie hätte bereits persönlichen Kontakt mit den fraglichen Gentlemen gehabt.
»Hat man Sie ausgequetscht?«, fragte er kichernd.
»Ich wünsche den beiden viel Glück!« Er hob sein Glas auf die abwesenden Hauptstadtpolizisten.
»Ich darf Ihnen eigentlich gar nichts darüber erzählen«, sagte Juliet.
»Wenn ich es trotzdem tue, werden Sie es für sich behalten?«
»Wenn Sie mir nichts darüber erzählen dürfen, dann sollten Sie es vielleicht auch nicht tun …«
»Ich will aber. Ich will es mir von der Seele reden.«
»Ah«, sagte der Vikar.
»Dann betrachten Sie Ihr Problem als sicher unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses.«
»Meinetwegen. Außerdem ist es nur ein vorübergehendes Verbot. Wissen
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