Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
Hoffnung, dass es würdevoll klang und nicht eingebildet. Minchin hob die Hand und streckte den Zeigefinger aus.
»Wer profitiert von der Tat? Cui bono? Das ist der lateinische Ausdruck dafür, oder? Ich war auf einer Gesamtschule, deswegen hatte ich kein Latein – aber Sie waren auf einer Privatschule, richtig? Sie kennen all diese Phrasen. Das habe ich mich immer wieder gefragt: Cui bono?« Erneut verschlug es Markby die Sprache, oder zumindest sah er sich außerstande, eine intelligente Antwort zu geben. Wie viel Erkundigungen hatte Minchin über ihn eingezogen, bevor er hergekommen war?
»Wer auch immer das Gift aus dem Schuppen genommen hat, er tat es, weil er Mord im Sinn hatte«, fuhr Minchin fort.
»Also muss es jemand gewesen sein, der vom Tod wenigstens einer anderen Person profitieren würde. Ich zog die alten Ladys in Betracht. Sie wären wirklich erleichtert gewesen, wäre Jan tot umgefallen. Aber sie hatten jeden einschließlich ihrer Anwältin auf ihrer Seite, und sie wären wohl durchaus imstande gewesen, Jans Forderungen abzuschmettern, ohne sein Essen mit Arsen zu vergiften. Andererseits, wenn man hier zwei alte Menschen hat und dort einen jungen Verwandten, der völlig abgebrannt ist und vermutet, dass die Alten auf einem Berg von Geld sitzen, dann hat man ein ganz klares Motiv«, schloss Minchin scharfsinnig.
»Eines der ältesten Motive auf der Welt. Der Erbe, der nicht warten kann.«
»Sie haben ihn in ihren Testamenten nicht bedacht«, sagte Markby in dem Gefühl, wenigstens einen Einwand gegen diese ebenso plausible wie ärgerlich selbstzufriedene Erklärung der Ereignisse vorbringen zu müssen.
»Doch Jan war das einzige noch lebende Familienmitglied, richtig? Jedes Gericht hätte seinen Forderungen Verständnis entgegengebracht. Also vermutete ich, dass Jan sich irgendwie in den Besitz des Giftes gebracht hatte, und dann irgendwie Mist gebaut hatte, als er es einsetzen wollte. Was ich bisher nicht herausgefunden habe: Wie ist es dazu gekommen? Ich schätze, dieser Kenny Joss könnte die Antwort liefern.« Allmählich wurde sich Minchin Alans betäubter Blicke bewusst, und er besaß die Würde, ein wenig entschuldigend fortzufahren:
»Hören Sie, ich weiß die Bemühungen Ihrer Freundin wirklich zu schätzen, und ich wollte sie nicht kränken, indem ich all das in ihrer Gegenwart sage, aber diese Dinge sollte man doch besser den Profis überlassen, meinen Sie nicht?« Obwohl Markby häufig ähnliche Worte zu Meredith gesagt hatte, wusste er, dass er nicht zustimmen durfte, ohne sich wie ein Verräter zu fühlen, also begnügte er sich mit einem schweigenden Kopfnicken und wandte sich dem ungefährlicheren Thema Kenny Joss zu.
»Es ist Ihre Operation«, sagte er vorsichtig zu Minchin.
»Ich würde nur gerne einen Vorschlag machen.« Minchin grinste unerwartet.
»Ich wäre ein Narr, wenn ich glauben würde, dass dies meine Operation ist. Sie sind der Boss, und jeder hier ist eifrig darauf bedacht, dies Hayes und mir zu zeigen! Was für einen Vorschlag hätten Sie denn?«
»Ich kenne den Joss-Clan. Wir alle kennen ihn. Sie sind eine Familie von Gelegenheitskriminellen, Trickbetrügern, Hehlern und dergleichen mehr. Kenny Joss gehört zu den wenigen, die eine saubere Weste haben – soweit wir wissen, heißt das. Das gilt jedoch nicht für seine Verwandten, und wenn wir ihn zum Verhör herbringen, dann weiß er genau, wie die Sache läuft. Er wird auf der Stelle nach einem Anwalt verlangen und dann hier sitzen und nicht ein Wort sagen.« Minchin rieb sich mit dem Daumennagel das Kinn, wie er es häufig tat.
»Die Josses haben einen festen Anwalt?«, fragte er.
»O ja, den haben sie tatsächlich! Bertie Smith. Bertie vertritt die Josses seit Jahren. Sie gehören zu der Sorte von Mandanten, auf die er sich spezialisiert hat, möchte ich sagen. Er ist ein vertrauter Anblick in den Verhörzimmern der gesamten County. Kein Mandant ist ihm zu zweifelhaft. Ein Vorstrafenregister so lang wie Ihr Arm würde Bertie nicht daran hindern zu behaupten, sein Mandant wäre hereingelegt worden. Bertie besitzt ein unvergleichliches Geschick, wenn es darum geht, Lücken im Gesetz zu finden.« Markby sprach mit einer aus Erfahrung geborenen Bitterkeit.
»Ich kenne diesen Typ«, stimmte Minchin in düsterem Mitgefühl zu.
»Bestimmt kennen Sie ihn. Unter Berties Anleitung wird Kenny Joss sein Geheimnis so sicher wahren wie die Sphinx. Deswegen möchte ich vorschlagen, ihn nicht herzubringen, sondern
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