Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
hat Sie auch in der Kirche gesehen, wo Sie Ohrringe aus Korallen getragen haben, die früher Mrs. Oakley gehört haben«, sagte Mr. Taylor ungerührt. Daisy Joss starrte ihn aus weiten, befremdeten Augen an.
»Ja, Sir. Aber ich bin auf ehrliche Weise an diese Ohrringe gekommen, und ich schäme mich dessen nicht! Mr. Oakley sagte zu mir, seine Frau hätte mich gemocht und er wünschte, dass ich eine kleine Erinnerung an sie erhalte. Deswegen hat er mir die Ohrringe geschenkt.«
»Seine Frau hätte Sie gemocht!«, schnarrte Mr. Taylor.
»Mrs. Button hat uns erzählt, dass Mrs. Oakley Sie entlassen wollte! Wussten Sie, dass Ihre Herrin Sie in Wirklichkeit entlassen wollte?« Miss Joss richtete sich zu ihrer vollen Größe von vielleicht hundertfünfzig Zentimetern auf und starrte ihren Folterknecht tapfer an.
»Nein, Sir, weil das nicht wahr ist! Das ist nur eine von den vielen Lügen, die Mrs. Button ständig erzählt! Sie mochte mich nicht, weil sie mich einmal dabei erwischt hat, wie ich mit Jenny über sie gekichert habe, einer der Mägde. Sie mochte keine der Mägde, genauso wenig wie mich. Sie können die anderen gerne fragen! Sie hat den Hausmägden das Leben zur Hölle gemacht, und sie hätte mit mir das Gleiche getan, wenn Sie gekonnt hätte und ich nicht den ganzen Tag oben in der Kinderstube gewesen wäre! Und weil sie mir nicht auf andere Weise zusetzen konnte, hat sie diese hässlichen Lügen über mich erfunden! Nichts von alledem ist wahr, nicht ein Wort!« Und der Fisch ist zu schnell für ihn, kritzelte Stanley in sein Notizbuch. Das Gericht vertagte sich zur Mittagspause.
»Gehen wir in das Pub?«, fragte der Mann von Reuters.
»Wir treffen uns später dort«, sagte Stanley.
»Ich habe vor her noch etwas zu erledigen.« Bei diesen Worten zuckten die Antennen des Mannes von Reuters, und er ließ Stanley nur sehr zögernd ziehen. Für einen Augenblick schienen die beiden Frauen unentschieden, ob sie ihre Plätze verlassen sollten oder nicht, doch schließlich erhoben sie sich und gingen auf den Ausgang zu. Sie verließen das Gerichtsgebäude, und Stanley folgte ihnen unauffällig. Von Zeit zu Zeit blickte er sich um, weil er sicher sein wollte, dass sein Schatten ihm nicht folgte, der Mann von Reuters. Doch die Verlockung eines Pints Ale war größer gewesen. Nirgendwo war eine Spur des Spions zu entdecken. Die Frauen bewegten sich forschen Schrittes. Sie wollten etwas zu sich nehmen und dann rechtzeitig wieder ins Gericht zurückkehren, um ihre Plätze nicht zu verlieren. Nachdem sie eine Reihe von Restaurants passiert hatten, in denen offensichtlich Hochbetrieb herrschte, kehrten sie in einer Teestube ein. Stanley folgte ihnen. Es war die Sorte Restaurant, die zu dieser Tageszeit leichte Mahlzeiten anbot, hauptsächlich kalte Platten und Salate. Es gab nur wenig Gäste, und Stanley fragte sich, ob das möglicherweise der Grund für die Wahl der beiden Frauen war. Sie hatten in einer dunklen Ecke an der Rückwand Platz genommen.
»Sie wünschen, Sir?«, erkundigte sich eine gehetzte Kellnerin in einem derben schwarzen Kleid mit einer weißen, verwaschenen Schürze. Stanley überflog hastig die Speisekarte und bestellte ein paar gekochte Eier und einen Becher Tee. Die beiden Frauen hatten ebenfalls bestellt. Stanley wartete. Wenn das Essen kam, würde sie ihren Schleier heben müssen. Sie tat es auch, doch einmal mehr erblickte er nur ihre linke Seite. Sie hielt den Kopf steif in dieser Position, sodass er nicht ein einziges Mal ihr volles Gesicht oder ihr rechtes Profil zu sehen bekam. Sie aß rasch und schweigend, als fürchtete sie, unterbrochen zu werden. Und zu Recht. Stanley tupfte sich mit einer Serviette den Mund, erhob sich von seinem Tisch und näherte sich den beiden Frauen. Er war fast heran, als die ältere Frau ihn bemerkte und einen Warnruf ausstieß. Blitzschnell, ohne einen Blick auf die drohende Gefahr zu werfen, hatte die jüngere ihren Schleier wieder heruntergelassen, und Stanley sah sich mit einem schwarzen Vorhang konfrontiert.
»Bitte entschuldigen Sie, die Damen«, begann er.
»Mein Name ist Huxtable, Stanley Huxtable von der Bamford Gazette. Hier, bitte sehr – meine Karte.« Er hielt ihnen seine Visitenkarte hin, doch keine der Frauen machte Anstalten, sie zu nehmen, und so war er gezwungen, sie auf ihren Tisch zu legen. Die jüngere Frau saß wie erstarrt da. Die andere warf einen missbilligenden Blick auf die Visitenkarte.
»Was möchten Sie, junger Mann?«
»Nur
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