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Mord zur Bescherung

Mord zur Bescherung

Titel: Mord zur Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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waren ganz allein, ich und meine Mom.«
    »Und Ihr Vater?«
    »Sie hatten sich getrennt. Ich weiß nicht, wie alt ich war, als er abgehauen ist, aber meine Mutter hat immer gesagt, ich wäre fünf gewesen.«
    »Haben Sie ihn je wiedergesehen?«
    »Nein. Er ist gestorben. Irgendein Unfall. Ausgerechnet Weihnachten. Ziemlich scheußlich, was?«
    Sie stimmte ihm zu. Das war wirklich ziemlich scheußlich.
    »Sie haben also in Maine gelebt.«
    »Manchmal.«
    »Ach, nicht immer?«
    »Das hing davon ab, was für eine Arbeit meine Mutter gerade hatte und welche Verwandten sich um mich kümmern konnten. Nicht, dass meine Mutter mich viel allein gelassen hätte.«
    »Sie hat Sie umsorgt.«
    »Sehr.«
    »Und wie sind Sie mit dem Geld ausgekommen?«
    »Irgendwie ging es.«
    Bisher hatte sie Fragen gestellt, ohne eine negative Reaktion zu verspüren. Jetzt merkte sie, dass er sich verschlosswie eine Auster. Er durfte auf keinen Fall misstrauisch werden. Sie musste noch so viel herausfinden.
    Hoffentlich erriet er nicht, was sie vorhatte. Sie konnte es sich nicht leisten, sein Vertrauen zu verlieren – nicht, wenn sie sein Geheimnis entdecken wollte.
    »Was war noch mal Ihr Spezialgebiet als Geschichtsprofessor?«
    »Natürlich amerikanische Geschichte! Vor allem die der Ureinwohner, der Indianer. Besonders hat es mir die Zeit zwischen der Landung der Engländer am Plymouth Rock und der Niederlage von George Custer bei der Schlacht am Little Bighorn angetan.«
    »Wirklich?«
    »O ja.«
    Er redete noch ein bisschen über Jamestown und die Indianerprinzessin Pocahontas.
    »Wie weit weg ist Gravesend?«, fragte er plötzlich. »Ist das hier in der Nähe?«
    Sie erklärte ihm, dass Gravesend im Osten von England in der Nähe der Themsemündung lag.
    »Sie wollen sicher wissen, warum ich mich danach erkundige.«
    »Ja.« Dabei wusste sie nur zu genau, warum er fragte, aber er beantwortete seine Frage sowieso schon selbst.
    »Da ist Pocahontas nämlich beerdigt. Sie ist ja mit ihrem Mann John Smith nach England gekommen und dort an den Windpocken gestorben. Ich bin übrigens der Meinung, dass man ihrem Volk ihren Leichnam wiedergeben sollte.«
    Lindsey verbarg ihre zuckenden Lippen in ihrem hohen Kragen. Beinahe hätte sie laut losgelacht. Diese Geschichte kannte sie. Pocahontas oder Rebecca, wie sie später genannt wurde, hatte John Rolfe, nicht John Smith geheiratet. JohnSmith hatte sie das Leben gerettet, John Rolfe dagegen hatte sie geheiratet.
    Man hatte in Gravesend rings um die Kirche, wo Rebecca Rolfe – Pocahontas – angeblich beerdigt war, Ausgrabungen vorgenommen – und keine Spur von ihr gefunden.
    Lindsey berichtigte den Professor nicht. Ihr ging kurz durch den Kopf, dass jetzt vielleicht die Zeit gekommen war, ihrer Mutter von ihren Zweifeln zu erzählen, doch irgendwas hielt sie noch davon ab. Vielleicht hatte sie die Neugier ihrer Mutter geerbt. Honey hatte ein echtes Talent für Detektivarbeit. Vielleicht hatte sie das auch.
    Die beiden gingen im großen Bogen zurück und wieder durch den Cobblers Court. Dort war jetzt alles ruhig.
    »Ziemlich gruselige Gegend«, sagte Lindsey. »Hier ist ja auch kürzlich ein Mord geschehen.«
    »Ach, wirklich? Verdammt kalt ist es hier jedenfalls, das kann man wohl sagen«, antwortete er.
    Jake Truebody war gut eingemummelt in einen langen grauen Mantel, einen dicken grauen Schal und einen schwarzen Hut. Es war kein Stetson. Mit der geschwungenen Krone und der breiten Krempe erinnerte er eher an einen Hut, wie ihn die Prediger im tiefen Süden der USA trugen, als an einen Cowboyhut aus dem mittleren Westen. Der Schal war mit einer glänzenden Nadel in Form eines springenden Büffels festgesteckt. Als Lindsey das Schmuckstück bewundert hatte, hatte der Professor ihr erklärt, es sei das Geschenk eines Indianers gewesen.
    »Gehen wir weiter?« Seine Stimme klang wie ein Knurren ganz tief aus dem Hals.
    »Warum nicht. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass die meisten Museen und so weiter am Tag vor Heiligabend geschlossen sind. Wir können also leider nur Architektur anschauen, und das auch nur im Freien. Und wir müssen unsdurch die Leute einen Weg bahnen, die noch in letzter Minute Einkäufe machen.«
    »Ich habe jede Menge Pioniere in meinem Stammbaum. Ich bin mir sicher, dass ich es mit einem Haufen unerschrockener, einkaufswütiger Engländer aufnehmen kann, altes Haus.«
    Ein altes Haus bin ich gewiss nicht, dachte Lindsey, obwohl sie ihn anlächelte, als wäre alles völlig

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