Mord zur Bescherung
Honey sie fragen konnte, was sie damit meinte. »Diese Faltblätter über meine Internetseite mit der Partnerschaftsbörse sind für dich, damit du sie im Empfang auslegen kannst. Ich bin sicher, dass es viele Menschen gibt, die auf der Suche nach Liebe sind.«
»Aber die wohnen nicht bei uns.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil …«
Honey fiel kein einziger Grund ein, warum sie da so sicher sein konnte.
»Genau. Nimm zum Beispiel Mary Jane. Alleinstehend, und das in ihrem Alter, und sie redet mit Gespenstern. Ein Mann würde ihr doch wirklich guttun, findest du nicht?«
»Nein. Mary Jane zieht Gespenster vor.«
»Nenn mir einen guten Grund, warum sie ein Gespenst einem heißblütigen Mann vorziehen sollte.«
»Man muss keine Socken waschen.«
Ihre Mutter schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Hier sind die Faltblätter.« Sie klatschte sie auf den Tresen. »Ich brauche noch ein paar Männer für meine Seite ›Männer auf der Suche nach Liebe‹. Arbeitet jemand bei dir, der sich dafür interessieren könnte?«
»Niemand über fünfundvierzig.«
Einen verrückten Augenblick lang stellte Honey sich vor, wie Smudger in diese Sache hineingezogen wurde.
»Wie wäre es denn mit Dumpy Doris?«, schlug Honey vor.
Ein nervöses Zucken zeigte sich unter dem linken Auge ihrer Mutter. Dumpy Doris war gebaut wie eine Catcherin.
Honey bemerkte, dass Gloria sich das Hirn nach einer taktvollen Ausrede zermarterte.
»Sie ist nicht fotogen«, würgte Gloria hervor.
»Das ist eine gute Entschuldigung«, bestätigte ihr Honey.
»Du könntest meine Geschäftspartnerin werden. Zumindest müsstest du dann nicht den ganzen Tag auf den Beinen sein. Überleg dir mal, was dir dein Anteil einbringen würde, wenn du dich an meinem Unternehmen beteiligst.«
»Was wäre das denn?«
»Eine gute Zukunft. Also, es ist so …«
Gloria Cross zog eine graue Wildledermappe hervor, die sie unter dem Arm getragen hatte. »Wie ich dir bereits gesagt habe, hat es alles im letzten Sommer angefangen. Ein paar von uns haben zusammengesessen und über Männer geredet. Dann hat mir Fred gezeigt, wie man mit einem Computer umgeht. Ich habe mir überlegt, dass ich das ein bisschen gründlicher lernen sollte, und mich in einem Abendkurs angemeldet. Aber Fred kann das alles so viel besser als ich. Fred ist absolute Spitze, was Computer betrifft.«
Honey fragte sich, ob Fred auch absolute Spitze in Sachen Aussehen war oder ob ihre Mutter da Kompromisse eingegangen war. Aber schließlich waren Männer in Glorias Alter dünn gesät – wegen des natürlichen Schwundes, versteht sich, d. h., die meisten waren tot.
Ihre Mutter beugte sich über den Empfangstresen und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern.
»Hör mal, ein Hotel zu führen, das bedeutet, dass man den ganzen Tag auf den Beinen ist. Als Partnerin in meinem Unternehmen bräuchtest du das nicht zu tun.«
»Nein, da würde ich nur auf dem Hintern sitzen, der von Tag zu Tag breiter würde.«
»Aber du musst doch an die Zukunft denken, Hannah. Eine Frau in deinem Alter …«
»In meinem Alter?!«
Honey ließ sich so schwer im Drehstuhl zurückfallen, dass er nach hinten kippte und sie beinahe heruntergerutscht wäre.
Ihre Mutter kam sofort zu ihr herübergerannt und machte viel Aufhebens um sie.
»O Gott, Hannah. Du musst wirklich besser auf dich aufpassen. Es ist ja nicht mehr so wie damals, als du Lindsey bekommen hast.«
Eine Woge der verschiedensten Gefühle schwappte über Honey. Was war denn hier los?
»Du musst Doherty nicht heiraten, das weißt du schon.«
»Ja klar. Vielleicht heirate ich ihn auch nicht.«
Ihre Mutter schaute sie schockiert an. »Ich bin vielleicht altmodisch, aber denk nur an die Schande!«
Honey runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Das Baby«, antwortete ihre Mutter und deutete auf Honeys Bauch.
»Baby! Welches Baby?«
Jetzt war Gloria Cross entrüstet. »Du willst doch nicht leugnen, dass ich wieder Großmutter werde?«
»Nein, natürlich wirst du das nicht. Woher hast du denn die Idee?«
Ihre Mutter klatschte sich mit der flachen Hand auf die Brust, als wäre sie gerade eben einer Ohnmacht entgangen.
»Oje, oje. Gott sei Dank! Ich hatte mir schon überlegt,dass wir einen wohlhabenden Vater suchen sollten, der das ungeborene Kind adoptieren würde, aber nun kommt ja keins.«
»Natürlich nicht!«
»Na gut, macht nichts. Dann will ich mal mit meiner Enkelin sprechen und herausfinden, was die jüngere Generation bewegt. Vielleicht kann
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