Mord zur besten Sendezeit
komme ich und spuke in deinem Haus.«
Der Himmel weiß, wie sie darauf gekommen war, aber Honey überlegte, ob Mary Janes Wagen vielleicht wie ein Flugzeug oder ein Schiff mit Radar gesteuert wurde. Mary Jane fuhr jedenfalls so, als hätte ihr Auto Augen und Ohren und könnte selbständig denken. Eigentlich hoffte Honey das auch. Dann wäre ihr viel wohler gewesen.
Honey klammerte sich am Sitz fest, ihre Fingerknöchel waren weiß, und sie konnte den Blick nicht von der Straße wenden, sie musste ihrem Schicksal unbedingt ins Antlitz schauen . Que Sera Sera. What will be will be – es kommt, wie es kommen muss, besonders, wenn Mary Jane am Steuer sitzt.
Honeys einziger Trost war, dass sie Beifahrerin und nicht Fußgängerin war. Gruppen unschuldiger Touristen retteten sich in letzter Minute. Die älteren unter ihnen stellten fest, dass sie schneller sprinten konnten als jemals in den letzten paar Jahren, und sonst unachtsame Fußgänger sprangen raschauf den Bordstein, sobald sie begriffen hatten, dass das rosa Cadillac-Coupé keine Gnade kannte.
Währenddessen ließ sich Mary Jane aufgeregt darüber aus, dass sie bei der Aufnahme von Vergangene Leben und Weissagungen dabei sein würden.
»Ich hoffe doch, dass das eine gute Sendung ist. Kein Pseudozeug. Es muss schon echt sein.«
Dann beschrieb sie die vielen Fehler in einer Sendung, die sie am Vorabend im Fernsehen angeschaut hatte.
»Ich werde mit Sicherheit bei diesem Kabelsender anrufen und denen meine Meinung geigen. Teufel noch mal, ein paar Sachen haben einfach nicht gestimmt. So was wie den Tod gibt es nicht! Das sollte jedes Medium, das sein Geld wert ist, schließlich wissen.«
»Gut, dass du mir das gerade jetzt mitteilst«, murmelte Honey.
Mary Janes Worte waren äußerst beruhigend, denn sie steuerte soeben den Wagen in eine Lücke zwischen zwei Autos, die kaum für einen Mini groß genug zu sein schien, ganz zu schweigen von einem Cadillac-Coupé. Reifen quietschten, sobald sie sich näherten, so dass wider Erwarten keine Todesopfer zu beklagen waren. Jedenfalls heute nicht.
Honeys Nerven litten gewaltig.
»Ich brauche einen Kaffee«, sagte sie. »Wie wäre es, wenn wir eine Pause einlegten? Wir sind nicht sehr weit von The Mall entfernt. Da könnten wir hingehen.«
Mary Jane war einverstanden. »Klar doch. Ein kleiner Boxenstopp würde nicht schaden, ehe wir zum Drehort kommen.«
Sie mussten um vier Uhr am Set sein. Das ließ ihnen gerade noch Zeit für eine schnelle Tasse Kaffee.
Als sie mit rasanter Geschwindigkeit auf den ausgedehnten Parkplatz des Einkaufszentrums fuhren, kniff Honey die Augen zusammen. Sie öffnete sie erst wieder vorsichtig, nachdem Mary Jane mit quietschenden Reifen in eine Parkbucht gebrettert war. Aus dem Augenwinkel sah Honey etwas Mattrotes.
»Du bist über einen roten Teppich gefahren«, stellte sie fest.
Mary Jane war höchst beeindruckt. »Wow! Luxus pur! Ein roter Teppich auf einem Parkplatz!«
Honey schaute sich um. In all den restlichen Parkbuchten war einfach nur Beton, weit und breit war kein anderer Teppich zu sehen.
»Nur hier liegt einer, glaube ich«, sagte sie, und ihr war nicht ganz wohl bei der Sache, denn schließlich legt niemand ohne Grund einen Teppich auf den Boden.
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie einen Mann in einem langen weißen Gewand. Er sprang aufgeregt auf und ab, wedelte mit den Armen und schrie sie mit sorgfältig gewählten englischen Worten an.
»Sehen Sie, was Sie angerichtet haben, Sie dumme Frau! Mein Gebetsteppich! Ihr Auto steht auf meinem Gebetsteppich!«
Honeys Freude darüber, dass die Fahrt mit Mary Jane für kurze Zeit unterbrochen war, war so groß, dass sie vor nichts Angst hatte.
»Ich bin nicht die Fahrerin.« Sie deutete auf Mary Jane. »Sie ist es.«
Mary Jane überragte den Mann um einiges. Er schaute zu ihr auf.
»Nun, das ist aber ein blödsinniger Platz für einen Gebetsteppich«, verkündete die alte Kalifornierin. »Gibt’s hier nirgendwo in der Nähe eine Moschee, wo Sie ihn hinlegen könnten?«
Der Mann funkelte sie an. »Ich bin auf der Arbeit!«
»Und warum beten Sie dann nicht drinnen? Was ist, wenn es regnet?«
Mary Jane war ziemlich hartnäckig, wenn es um etwas ging, das ihrer Meinung nach eine religiöse oder spirituelle Lappalie war.
»Ich kann nicht drinnen beten. Wenn ich mich in der Personalkantine nach Osten wende, schaue ich direkt auf die Herrentoilette. Das wäre respektlos Allah gegenüber. Wenn es regnet,kann ich einen
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