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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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zurück: »Sie geben also den Tabakfirmen Geld, damit die Ihnen Krebs frei Haus liefern? So funktioniert das?«
    Er sagte: »Ja.«
    Ich sagte: »Halten Sie den Mund und fahren Sie. Und geben Sie mir auch eine.« Ich rauchte meine zweite Zigarette an diesem Tag. Sie schmeckte bitter, so bitter!
    Wir kamen vor meiner Wohnung auf der Flatbush Avenue in Park Slope an. Ich warf meine Kippe in den Abwasserkanal, als ich aus dem Taxi stieg. Ich spürte eine unglaubliche Müdigkeit, sicherlich verursacht dadurch, daß ich in der vorangegangenen Nacht so wenig geschlafen hatte. Seit ich mich den Dreißig nähere, merke ich, wie nötig ich eigentlich mindestens sechs Stunden Schlaf brauche. Ich ließ die Erschöpfung über mich schwemmen, während ich die Fahrt bezahlte (zwölf Ohren inklusive Trinkgeld — Sabrinas Buchhalter würde diese Quittung auf jeden Fall zu sehen bekommen).
    Ich bemerkte den Rollstuhl erst, als ich meinen Donna-Karan-Mantel abgelegt hatte. Das Gefährt stand mit dem Rücken zur Tür, wie in Psycho. Der darin sitzende Mensch trug jedoch keine Großmutterperücke, obwohl er allerdings aussah, als sei er tot. Seine Arme hingen leblos über die Seite des Stuhls. Sein Kopf war vornüber gesackt und lastete schwer auf seinem Schlüsselbein. Ich schaute mich im Zimmer um, ob es irgendwelche Anzeichen von Zerstörung gäbe.
    Ich starrte den Kopf an. Er schien weiter zu sinken, geradezu in den Tod hineinzusacken. Mein Herz klopfte wie wild. Ich steckte meine Hand in die Handtasche, um Mama herauszuholen, obwohl natürlich Pistolen in der Regel eher unnütze Geräte sind, wenn man sich mit Leichen befassen will. Ich schlich mich an ihn heran. Das Licht meiner einen einsamen Lampe warf schwarze Schatten auf die Wände. Aus einem halben Meter Entfernung streckte ich die Hand aus, um den Griff am Rollstuhl zu fassen zu bekommen. Meine Finger umschlossen ihn. Ich warf ihn mit Schwung herum.
    Das Jaulen war schrecklich. Otis, die von ihrem Nickerchen auf dem Schoß des Toten aufgeschreckt worden war, flog wie ein schwarzer Fußball aus Fell durch die Luft und streckte verzweifelt ihre Klauen aus. Um Zentimeter segelte sie an meinem Gesicht vorbei. Ich nahm mir vor, ihr die Nägel zu schneiden. Sicher unter der Couch versteckt, fuhr Otis fort, zu zischen und zu spucken. Allerdings war ich froh über diese Geräusche, egal, was für Geräusche das waren. Ich beugte mich zu der Leiche hinab und berührte ihre Wange. Sie war noch warm. Ich berührte ihren Hals. Der war auch noch warm. Es gab übrigens auch noch einen Puls.
    Ich sprang zurück. Als ich das Wesen in Gänze sah, wußte ich, mit wem ich es zu tun hatte. Buster Singer schlief wie ein Kleinkind, wie ein totes Kleinkind. Ich knallte dem einbeinigen Erben eine quer übers Gesicht.
    Das Aufklatschen meiner Hand riß ihn ins Leben zurück. Seine Augenlider flatterten auf und nieder, und seine Hände flogen hoch, um sie vor dem bißchen Licht zu schützen. »Mach das Licht aus, Mann«, bellte er.
    »Fuck you«, sagte ich schlicht.
    Er zog die Hände von seinem Gesicht, blinzelte und versuchte, geradeaus zu blicken. Ich tat dasselbe. Er war ein extrem attraktiver Mann. Er hatte eine gute Figur und einen langen zierlichen Hals. Sein dunkles Haar kontrastierte mit seinen blauen Augen und seiner gesunden, gebräunten Haut. Der Knochenbau seines Gesichts war ausgesprochen englisch. Auch seine Zähne wirkten englisch, was allerdings dem Gesamteindruck eher abträglich war. Und das fehlende Bein törnte ebenfalls ab. »Ich habe seit Stunden nichts mehr zu essen bekommen. Ich bin total ausgehungert«, heulte er mir vor, mit sehr englischem Akzent. »Verteufelt, ich vergaß. In diesem Müllhaufen ist ja einfach nichts, was man als eßbar bezeichnen könnte. Wann bist du eigentlich das letzte Mal einkaufen gewesen? Ist das irgendein New Yorker Brauch, mit dem man die Kakerlaken fernhält? Ich könnte es nicht ertragen, irgendwo zu wohnen, ohne etwas zu essen im Hause zu haben. Es ist wirklich eine Unverschämtheit.«
    »Ja, dann verpiß dich doch einfach«, schlug ich vor. Ich dachte an das hochtechnisierte Sicherheitssystem in Sabrinas Haus. Buster war wahrscheinlich einfach hier hereinspaziert (soweit man das so formulieren konnte). Ich nahm mir vor, Angebote für Licht- und Bewegungssensoren einzuholen.
    »Herrlich«, sagte er und klatschte in die Hände. »Dann laß uns mal losziehen. Hier muß doch irgendein Pub in der Nähe sein. Wir können uns Cheeseburgers mit

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