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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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den letzten zwölf Monaten da gemacht habe. Mein Vater will nicht, daß ich mit den Medien Kontakt aufnehme, aber ich muß der Welt sagen, was wirklich passiert ist. Ich dachte, ich fange bei dir an, Wanda Mallory. Du mußt doch daran interessiert sein, was wirklich passiert ist. Warum sonst wäre ein hübsches junges Mädchen wie du an einem Krüppel wie mir interessiert?« Er klimperte mit den Augenlidern.
    »Versuch hier nicht, mich aufs Kreuz zu legen«, sagte ich.
    Erlachte. »Das würde ich mir nie träumen lassen, aber ich könnte es tatsächlich, wenn ich wollte.« Er deutete auf seinen Schritt. Das interessierte mich ungefähr so sehr wie die Erntevorhersagen für Nebraska.
    Die Suppe fing an zu kochen. Ich merkte, daß ich vergessen hatte, eine Dose Wasser dazuzugießen. Ich drehte den Wasserhahn an und fügte in etwa die nötige Menge hinzu. Dann ließ ich die Mischung ein zweites Mal aufkochen. »Ich warte«, sagte ich und war sehr begierig, seine Story zu hören.
    Er fragte: »Du meinst über Sabrina?«
    »Nein, die Erntevorhersagen für Nebraska.« Er sah verwirrt aus.
    Ich goß die Hälfte der Suppe in einen sauberen Teller. Sie sah ein bißchen dünn aus, aber durchaus eßbar. Ich trug das dampfende Mahl zu meinem zusammengeschusterten Eßtisch. Auf dem Weg dorthin inspizierte ich Busters Schuh aus Eidechsenleder. Ich fragte mich, was er wohl mit dem dazugehörigen zweiten gemacht hatte. Buster rollte an den Tisch und haute rein.
    »Herrlich!« rief er aus. Ich war plötzlich selber auch vollkommen ausgehungert, ignorierte aber das Rumoren in meinem Magen. »Was mit mir und Sabrina geschah, passierte ein paar Monate, bevor sie mein Leben endgültig zerstörte. Es fing an, als der gute alte Dad mich hierher brachte, von Whitecity, wo ich mit meiner Mutter gewohnt habe.«
    »Whitecity — du meinst die Upper East Side?«
    »Das wäre wohl ganz treffend, nicht wahr? Ha! Nein, ich meine Whitecity in London. Ganz in der Nähe der BBC. An sich wohnt man nicht da. Es ist total uninteressant. Aber ich mochte meine kleine Wohnung. Ich bin in Shepard’s Bush aufgewachsen. Dad ist ausgezogen, und Ma hat das Haus weiter behalten.«
    »Also kamst du nach New York«, trieb ich ihn an und wurde von Sekunde zu Sekunde hungriger, während er sich die Suppe in den Mund schaufelte.
    »Genau. Also. Ich habe diese Stadt gehaßt. An meinem ersten Tag hier haben mich schon schmutzige stinkende Leute auf der Schwelle meiner Tür um Geld angehauen. Ich konnte es kaum glauben. Man weiß ja gar nicht, was für Krankheiten sie mit sich bringen könnten. Herrjeh.« Ich erinnerte mich an den armen Obdachlosen, der im Müllcontainer schlief, als Alex und ich Benjamin Savage austricksten, den olympiareifen Khatjunkie. Einen reichen verzogenen Egoisten aus Whitecity etwas Mores zu lehren war nicht mein Job.
    »Als ob es in London keine Obdachlosen gäbe«, murmelte ich leise zu mir selbst.
    »Obdachlose? Gott, nein. Ich rede von Hausierern.« Ich war mir nicht sicher, ob er Nutten oder Rechtsanwälte meinte.
    Er schlürfte lautlos seine Suppe. Seine guten Manieren waren ganz offensichtlich. Ich gab ihm ein Stück Küchenkrepp als Serviette. »Danke sehr. Alles hat sich verändert, als ich Sabrina traf. Verstehst du, ich war so deprimiert, daß ich jetzt an diesem merkwürdigen Ort allein war. Dad sagte, ich sollte ihn doch mal im Sender besuchen, das würde mich aufheitern. Also bin ich hingefahren, um mir mal Party Girls anzusehen. Natürlich ist die Show geschmacklos, und für Dad ist mir das auch richtiggehend peinlich, aber Sabrina ist schlicht und ergreifend brillant, nicht wahr?«
    Ich wußte nicht, ob ich dem zustimmen sollte. Ehe ich jedoch eine Chance hatte, fuhr er fort: »Ich hatte sofort einen Narren an ihr gefressen und meinen ganzen Mut zusammengenommen und sie gefragt, ob sie in Dads Privathelikopter mitkommen möchte, zur Statue of Liberty. Erstaunlicherweise war sie noch nie dort gewesen. In der ersten Woche, in der ich hier war, bin ich jeden Tag dahingeflogen.« Es war erstaunlich, aber auch ich war noch nie dagewesen. Und ich wohne immerhin schon seit acht Jahren in New York. »Sie war so wunderschön, oben in den Wolken, in dem Wind, und so weiter. Wir verliebten uns. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen, ich verliebte mich in sie. Sabrina sagte mir zwar immer, sie würde mich lieben, aber ich habe mich dauernd gefragt, ob sie tatsächlich mich meint oder doch eher mein Geld. Momentan habe ich keinen Cent.

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