Mord zur besten Sendezeit
Aber wenn ich in ein paar Monaten dreißig werde, wird es mir ausgezeichnet gehen.«
Ich schaute mir Buster von oben bis unten an. Er war der reichste Typ, den ich jemals zum Abendessen eingeladen hatte. Ich konnte mir Sabrina und Buster einfach nicht zusammen vorstellen. Zum einen war sie wahrscheinlich fünfzehn Kilo schwerer und mindestens zehn Zentimeter größer als er. Obwohl das etwas schwierig einzuschätzen war, da Buster ja immer saß. Ich sagte: »Sabrina hat gar nicht erwähnt, daß ihr beide miteinander ausgegangen seid.«
»Das würde ja auch ihre Vergewaltigungsversion unglaubwürdig erscheinen lassen. Die im übrigen totaler Schwachsinn ist. Völliger Quatsch. Und ein bösartiger Quatsch obendrein.« Wenn es gelogen war, dann war es wirklich bösartig, aber ich war mir nicht so sicher, ob Sabrina nun wirklich log und Buster die Wahrheit sagte.
»Also hat sie dich auf die Gleise geschubst, nur um mal zu probieren, wie sich das anhören könnte?« fragte ich.
»Ich gebe zu, daß ihr Motiv einigen Raum für Interpretationen zuläßt«, sagte er. »Ich glaube, sie hat mich geschoben, weil ich ihr einen Antrag gemacht habe.«
»Was hast du denn beantragt?« fragte ich.
Buster seufzte. »Einen Heiratsantrag habe ich ihr gemacht, natürlich. Ich weiß, daß das alles sehr merkwürdig klingt. Und ich weiß, daß du wahrscheinlich einigermaßen darüber genervt bist, daß ich in deine Wohnung einbreche wie ein einfacher Gangster. Und es ist auch wirklich reizend von dir, daß du mich so rührend bekochst — ich würde es schrecklich ungerne sehen, wenn du meinetwegen Ärger bekommen würdest.« Er blickte derart traurig drein, daß ich fast dachte, er würde gleich anfangen zu weinen.
»Versuch nicht, mich aufs Kreuz zu legen«, sagte ich wieder, diesmal auf gut Glück.
»Du bist schon ganz schön schlau, nicht wahr?« sagte er und war sehr plötzlich wiederhergestellt. »Sabrina hatte also ein paar Tage vor dem Vorfall mit mir Schluß gemacht. Sie brach mir damit das Herz. Zerbrach es in tausend kleine Stücke. Ich bin ihr tatsächlich an dem Tag in die U-Bahn gefolgt, aber sie weigerte sich, mit mir zu sprechen. Ich bettelte sie an, sie möge zu mir zurückkehren. Ich dachte, als echte Amerikanerin würde sie sich von einem Verlobungsring überzeugen lassen. Ein Dreißigkaräter im übrigen.«
»Wenigstens hat sie dich nicht nur wegen deines Geldes gewollt.«
Er hörte auf zu essen. »Ich habe immer noch mein ganzes Herz«, sagte er und tippte sich auf den Brustkorb. Ich kam mir plötzlich unsensibel vor, aber darüber kam ich auch ganz gut weg. »Sie hat mich gestoßen, weil sie psychotisch ist. Deswegen läßt Patty sie auch nirgends allein hingehen. Sie hat Angst, daß sie etwas Gefährliches tun wird, daß sie jemand anderem so weh tun wird, wie sie mir weh getan hat.«
»Das kaufe ich dir nicht ab.«
»Es ist aber wahr. Sie hat ein ernsthaftes Problem. Deswegen wurde Patty Psychiaterin, als sie die ersten Anzeichen bemerkte. Jedenfalls ist es das, was ich aus Sabrinas eher lückenhafter Familiengeschichte herausgehört habe. Sie war diesbezüglich nie sehr gesprächig. Hör mal, ich habe das ganze letzte Jahr meines Lebens damit verbracht herauszufinden, was ich bloß getan habe, um das hier zu verdienen. Es gibt keine rationale Erklärung.«
»Mir hat sie gesagt, sie hätte nicht gewußt, daß da ein Zug kam.«
»Scheiße. Der Zug war nur noch Zentimeter vom Bahnhof entfernt. Man müßte schon taub sein, um nicht zu bemerken, daß er kommt.«
»Du hast versucht, sie zu vergewaltigen.«
»Ich habe ihr einen Heiratsantrag gemacht. Vielleicht habe ich ihre Hand berührt, um zu versuchen, ihr den Ring überzustreifen.«
»Wo ist der Ring jetzt eigentlich?«
»Ich gehe davon aus, daß er genau wie ich auf die Bahngleise gefallen ist«, sagte er. »Ich habe mich nie darum gekümmert. Es war mir ziemlich egal, nachdem ich im Krankenhaus aufwachte und ein Bein weniger hatte.« Ich fragte mich, was wohl passieren müßte, damit mir ein dreißigkarätiger Diamantring egal wäre.
Buster aß seine Suppe auf und schob den Teller weg. Ich stellte den schmutzigen Teller in den Spülstein zu dem anderen Abwasch. Mein erster Instinkt war eigentlich, eher Sabrina zu glauben. Fast immer ziehe ich es vor, zunächst der Frau Glauben zu schenken. Buster war ein verwöhntes, reiches Balg, das noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen hatte. Ich konnte verstehen, daß er sich die Geschichte während seiner ein
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