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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mr. Cameron Wallace, hat die Geschäfte übernommen.«
    Honey versuchte, ihren Blick von den blendenden schneeweißen Zähnen abzuwenden. Leicht war das nicht.
    »Nun, das könnte einiges erklären. Sagen Sie ihm bitte, dass Mrs. Gloria Cross hier ist, um mit ihm über den Mietvertrag für ihren Laden zu sprechen. Das Second Hand Rose.«
    Die Empfangsdame schaute auf dem Computerbildschirm nach. »Er hat heute sehr viel zu tun …«
    Gloria lehnte sich über den breiten grauen Tresen. »Verraten Sie ihm noch ein kleines Geheimnis. Sagen Sie ihm, dass sich zwischen mir und seinem Vater mal was abgespielt hat. Sagen Sie ihm, ich hätte da noch eine kleine rechtliche Angelegenheit mit ihm zu besprechen.«
    Die dick getuschten Wimpern der Empfangsdame klapperten wild. Rosige Wangen leuchteten durch die schimmernde Max-Factor-Grundierung. Die Dame schien nicht gewillt, sich näher mit den Liebesangelegenheiten eines siebzigjährigen Paares zu |144| befassen, und wandte ihre Aufmerksamkeit nun Honey zu. »Und Sie sind?«
    »Ihre Anwältin«, antwortete Honey.
    »Meine Anwältin«, wiederholte ihre Mutter, der man an der Nasenspitze ablesen konnte, dass ihr diese List größtes Vergnügen bereitete.
    Die Fassade der Empfangsdame begann zu bröckeln. »Setzen Sie sich doch bitte hin, meine Damen.« Ihre Stimme war so gezwungen wie ihr Lächeln.
    Cool, dachte Honey, die beinahe Lust gehabt hätte, der Frau anerkennend die Hand zu schütteln. Sie verdiente wirklich ein Kompliment dafür, dass sie so gar keine Miene verzog. Hinter dieser Maske hatte sie sicherlich fieberhaft überlegt, mit welcher Sorte von Verrückten sie es hier zu tun hatte.
    Im Empfangsbereich standen große, weiche braune Sofas um einen niedrigen Tisch herum. Auf der polierten Glasoberfläche des Tisches lagen exakt ausgerichtete Exemplare der
Vogue
, der
Financial Times
und einem Immobilienmagazin. Honey fragte sich, ob jemand mit einem Lineal die Abstände überprüfte. Sie hatte gehört, dass das bei Banketten der Königlichen Familie durchaus üblich war. Anschließend inspizierte die Queen den Tisch. Und Köpfe rollten, wenn etwas nicht genau stimmte.
    »Ich glaube, wir haben Eindruck auf sie gemacht«, flüsterte Gloria ihrer Tochter zu.
    Honey wisperte zurück. »Das glaube ich auch. Den Eindruck, dass wir völlig verrückt sind.«
    Fünfzehn Minuten später klingelte das Telefon, und die Empfangsdame schaute in ihre Richtung. »Mr. Wallace ist jetzt für Sie zu sprechen.«
    Irgendwas an der Art, wie sie es sagte – und an ihrer Reaktion auf den Anruf –, ließ Honey vermuten, dass die junge Frau beinahe in Ehrfurcht vor ihrem Boss erstarrte oder dass sie in ihn verschossen war. Sah er vielleicht so toll aus?
    Guter Tipp.
    Cameron Wallace erhob sich zu guten einsachtzig, als er sie nach allen Formen altmodischer Höflichkeit begrüßte.
    |145| Sie schüttelten einander die Hand und stellten sich vor.
    »Bitte, setzen Sie sich doch«, forderte er sie auf.
    In seinem Büro wäre Platz für eine mittlere Orgie gewesen. Nicht dass Honey ihn für den Orgientyp hielt. Die Einrichtung war jedenfalls nicht mit Blick auf Gelage gewählt worden. Der Boden war mit italienischem Marmor gefliest, darauf lag ein cremefarbener Teppich. Der Schreibtisch war aus Edelstahl und genarbtem Leder. Falls überhaupt Aktenschränke existierten, so waren sie gut verborgen. Vielleicht gab es an den Wänden Paneele, die auf sanften Druck hin aufsprangen?
    Die Strenge der mit schwarzem Leder bespannten Wände wurde ein wenig durch ein Glaspaneel gemildert. Es zeigte modernistische Farbkleckse in Rot-, Grün- und Blautönen, die je nach Blickwinkel schimmerten und changierten.
    Wallace bemerkte, dass Honey das Glas betrachtete.
    »Gefällt es Ihnen?«
    Sie nickte. »Ja, sehr.«
    »Was sehen Sie darin?«
    Die Antwort kam aus dem Bauch. »Roten Himmel, grünes Land, blaues Meer.« Sie beugte sich näher heran und schaute auf das Zentrum des Bildes. »Und könnte das vielleicht ein Schiff sein oder der Teil eines Schiffes?«
    »Der Bug eines Schiffes. Es sinkt.«
    »Oh.«
    Es schien ein trauriges Thema zu sein, beinahe makaber. Was verstand sie schon von Kunst? Sie konnte ja kaum einen wurstförmigen Hund mit Strichbeinchen zeichnen. Moderne Kunst war nicht ihre Sache. Sie mochte alte Dinge, die sich gut gehalten hatten. Ein bisschen wie sie selbst.
    Nachdem sie sich bequem hingesetzt hatten, musterte Honey den Inhaber des Büros. Er trug weißes Hemd, dunkelblaue Krawatte mit

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