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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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würde er zu einem missmutigen Teenager herangewachsen sein, ehe er sich dann in fünf, sechs weiteren Jahren zum absoluten Herzensbrecher seines Jahrgangs mausern würde.
    So, ein Problem war gelöst – wenn auch nur zeitweilig. Schon zog das nächste herauf.
    Honeys Mutter schaute verwirrt. In diesem Zustand lassen sich Menschen normalerweise in einen Sessel fallen. Gloria dagegen schwebte in den Sessel hinein. Niemals würde sie so zusammensacken.
    »Mach die Tür zu. Das hier ist eine Privatangelegenheit«, kommandierte Gloria.
    Honey tat, wie man ihr befohlen hatte. Dann setzte sie sich hin und zog die Schuhe aus. Hoffentlich würden ihre Füße nun nicht so sehr anschwellen, dass sie nachher nicht mehr hineinpasste.
    Die dünnen Augenbrauen ihrer Mutter, die ihre Eleganz einem Top-Kosmetiksalon zu verdanken hatten, wurden fragend hochgezogen. »Wer ist bitte der Kerl in den Gummistiefeln?«
    »Kam er auf einem Motorrad angefahren?«
    »Er lungert draußen herum und glotzt durchs Fenster herein.« Glorias Miene wurde säuerlich. »Sag bloß nicht, dass das dein neuester Verehrer ist. Also bitte, meine Liebe! Gummistiefel!«
    Honey schwieg. Auf dem Motorrad würde sie bestimmt nicht noch einmal mitfahren. Sie würde die erste Fahrt auch niemandem eingestehen, erst recht nicht ihrer Mutter irgendwelche Einzelheiten darüber verraten. Steve hatte es zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber sie ging davon aus, dass die Informationen, die er ihr gegeben hatte, vertraulich waren.
    |137| »Ich kenne ihn nicht. Er versucht vielleicht, all seinen Mut zusammenzunehmen, um hereinzukommen und nach einem Job zu fragen. Ich dachte, du wärst hier, um dich nach der Morduntersuchung zu erkundigen?«
    »Also, enttäusche mich nicht. Du willst doch nicht sagen, dass ihr noch niemanden geschnappt habt?«
    »Doch, leider.«
    »Dann ist es ja gut, dass ich wegen einer anderen Sache hier bin. Jemand versucht nämlich, unseren Laden, das Second Hand Rose, zu ruinieren.«
    Honey schaute fragend. »Was habt ihr denn gemacht?«
    »Nichts. Die anderen haben was gemacht. Klammheimlich und auf die kriminelle Tour. Aber die sollen nicht glauben, dass sie damit durchkommen. Ich hab mich mächtig ins Zeug gelegt, und ich denke nicht daran, klein beizugeben.«
    Honey kam ein beängstigender Gedanke, und ihr wurde ganz mulmig im Magen. Ihre Mutter hatte die unangenehme Angewohnheit, ihr ständig irgendwelche völlig unpassenden Männer vorzuführen – potenzielle Ehegatten der schlimmsten Sorte. Honey ahnte, es könnte wieder so ein Versuch der Eheanbahnung drohen. Sie schaute Gloria sorgenvoll an. »Hat das etwas mit einem Mann zu tun, Mutter?«
    Tiefe Stirnfalten gruben sich in das glatte Make-up ihrer Mutter. Die dünnen Augenbrauen verzogen sich zu eleganten Dreiecken.
    »Hannah! Es geht um etwas viel Ernsteres als einen Mann! Es geht um Geld!«
    »Aha.«
    Honey setzte sich auf. Ja, für Männer hatte ihre Mutter viel übrig. Sie war überzeugt, auf diesem Gebiet die absolute Expertin zu sein, die Einzige, die für ihre Tochter den Richtigen finden konnte. Außerdem hielt sie natürlich auch für sich selbst noch Ausschau nach einem passenden Exemplar. Nicht wirklich ernsthaft, nur ab und zu, rein zum Vergnügen. Geld jedoch besaß für Gloria einen wesentlich höheren Stellenwert. Geld plus Mann gleich Ehemann. Wie ging noch mal dieser Spruch aus |138|
Stolz und Vorurteil
von dem jungen Mann mit Vermögen, der dringend eine Ehefrau braucht? 1 Heute war es das Gleiche in Grün. Jane Austen, das können wir mindestens genauso gut! Honeys Mutter war in ihrem Element.
    »Gut. Dann hol mal tief Luft und erzähle mir alles.« Honey merkte, dass sie selbst auch kräftig durchatmete.
    Die rosa Lippen ihrer Mutter formten einen Schmollmund. »Wie ich ja bereits mehrfach erwähnt habe, geht es um den Laden.« Nachdem sie dies hervorgesprudelt hatte, zog sie ein Taschentuch heraus und tupfte sich vorsichtig die Augen, um bloß nicht die Wimperntusche zu verschmieren. »Man hat uns die Kündigung geschickt! Und zwei Wochen Frist gegeben! Mehr nicht!«
    »Das ist ja furchtbar«, sagte Honey und meinte es auch.
    Das Second Hand Rose war ein Kleiderladen, den ihre Mutter und ein halbes Dutzend andere betuchte und sozial eingestellte Damen der Gesellschaft als eine Art Kooperative betrieben. Hier konnte man Kleider hinbringen, aus denen man herausgewachsen war oder die man nicht mehr mochte. Die eine Hälfte der Verkaufseinnahmen ging an den Laden, die

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