Mord zur Geisterstunde
rotem Rosenmotiv, dunkelblaue Hosen. Die Manschettenknöpfe hatten die Form von Würfeln und sahen aus, als wären sie aus echtem Gold. Sie waren mit Steinen verziert, die beinahe … möglicherweise … echte Diamanten sein konnten.
Er reckte ein wenig die Schulter. Es war eine elegante Bewegung, |146| und er hatte ein fröhliches Funkeln in den Augen. Man musste ihm zugutehalten, dass er Mutter und Tochter gleichermaßen höflich behandelte, vielleicht Honey ein bisschen höflicher – allerdings war da unter Umständen der Wunsch der Vater des Gedanken. Sie bildete sich eventuell nur ein, dass er ihr unnötig – Korrektur: schmeichelhaft – viel Aufmerksamkeit schenkte.
Ihre Mutter, die beim Anblick dieses Mannes weder Lust noch Loyalität empfand, stürzte sich als Erste in den Kampf. »Es geht um unseren Laden. Die Mädels und ich, wir führen ihn nun schon einige Zeit. Wir genießen in der Geschäftswelt höchsten Respekt. Und nur damit Sie Bescheid wissen, mit wem Sie es zu tun haben, sage ich Ihnen gleich, dass sich zwischen Ihrem Vater und mir mal was abgespielt hat – und zwar vor nicht allzu langer Zeit. Wie ich die Sache sehe …« Cameron Wallace hörte höflich zu, während Gloria Cross das Problem schilderte, ehe sie ihre Schlussfolgerung hervortrompetete. »Also, dann erklären Sie mir mal, was zum Teufel Sie sich eigentlich gedacht haben?«
Man musste Cameron schon dafür bewundern, dass nicht einmal der Hinweis auf Gloria Cross und seinen Vater ihn aus der Fassung gebracht zu haben schien.
Honey für ihren Teil blickte verlegen zur Decke. Ihre Mutter nahm wirklich nie ein Blatt vor den Mund. Wenn man ihr Unrecht zufügte, dann verschwendete sie keine Zeit damit, erst lange Erklärungen anzuhören. Sie schlug zurück. Und zwar sofort.
Cameron Wallace teilte sein Lächeln gerecht zwischen den beiden Frauen auf. »Es tut mir leid, dass das passiert ist, aber die Umstände entziehen sich unserer Kontrolle. Ich möchte nicht in die Einzelheiten gehen, doch es hat Probleme im Unternehmen gegeben. Von einigen Immobilien, die wir sicher in unserer Hand glaubten, hat sich herausgestellt, dass sie es nicht waren. Mein Vater hat sich nicht so gut auf seine Geschäfte konzentriert, wie es nötig gewesen wäre.«
Das ließ Gloria auf keinen Fall gelten. »Das kann ich nicht glauben. Ihr Vater war immer am Ball. Ein Energiebündel von einem Mann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit ihm so |147| schnell bergab gegangen sein soll. Ich habe ihn doch erst vor ein, zwei Monaten gesehen.«
Honey hatte den Eindruck, dass sich Cameron Wallaces Kiefer ein wenig verkrampfte.
»Ich denke, ich kenne meinen Vater besser als Sie. Es geht ihm nicht gut, schon eine ganze Weile nicht. Dergleichen weiß wohl nur seine Familie wirklich.«
Das Letzte, was Honey jetzt brauchen konnte, war ein Streit, der damit endete, dass ihre Mutter aus dem Zimmer stürmte. Ihre Gedanken wurden von der bedrohlichen Möglichkeit beherrscht, dass das Seniorinnentrio den alten Frisörsalon beim Hotel übernehmen würde. Sie stürzte sich ins Gefecht.
»Gehört Ihnen vielleicht ein anderer Laden, der zu vermieten wäre? Das Second Hand Rose führt seinen Gewinn an Wohltätigkeitsorganisationen ab. Meine Mutter ist an diesem Geschäft schon sehr lange beteiligt. Sie findet die Beschäftigung äußerst interessant. Außerdem ist das Second Hand Rose wirklich erfolgreich.«
Cameron Wallace blickte sie durchdringend an. »Ihre Mutter? Ich dachte, Sie wären ihre Rechtsanwältin.«
»Ihre Empfangsdame war ein wenig …«
»Steif?«
»Wie ein Besenstiel. Ich heiße Hannah Driver. Meine Freunde nennen mich Honey.«
Er lächelte. Honey fand, dass er eine Spur zu selbstsicher wirkte.
»Honey oder Hannah, beides schöne Namen. Ich wollte Ihrer Mutter gerade vorschlagen, dass wir ihr einen anderen Laden suchen«, sagte er. »Geben Sie mir ein paar Tage Zeit. Ich will sehen, was sich machen lässt. Seien Sie versichert, meine Damen, wir finden etwas für Sie – das garantiere ich Ihnen.«
»Das ist sehr freundlich.«
Wallace kam hinter seinem Schreibtisch hervor und ging nah, sehr nah hinter Honey zur Tür. Sie konnte schon die Hitze seines Körpers spüren.
»Das mit Ihrem Laden tut mir wirklich leid«, sagte er zu Honey.
|148| »Es ist der Laden meiner Mutter. Ich bin nur zur Gesellschaft mitgekommen.«
»Ihre Mutter hat großes Glück, dass sie eine Tochter wie Sie hat.«
»Das finde ich allerdings auch.«
Als sie auf dem Flur
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