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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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und so Hannelore kennengelernt. Sie war ein bisschen unscheinbar, aber das machte nichts. «Ich habe mein ganzes Leben ein großes Bedürfnis nach Zärtlichkeit gehabt», erzählte er später, «und diese Frau habe ich gewählt, um diese Zärtlichkeiten zu haben.» Zum ersten Mal zu küssen. Zu streicheln und gestreichelt zu werden. Er habe fürchterlichen Hunger danach gehabt. Es war aber nicht das, was man echte Liebe nennen konnte.
    Dann lernte er beim Spazierengehen Gerda kennen. Die war allerdings noch älter als Hannelore, neun Jahre älter als er. Aber das war etwas ganz anderes, Gerda gefiel ihm auch vom Äußeren her sehr, sie war eine richtige Frau. Diesmal war es umgekehrt: Er hätte sie gerne geheiratet, sie ihn aber nicht. Vielleicht traute sie ihm nicht zu, dass er überhaupt das Studium schaffte. Gerda wurde schwanger und hatte eine Fehlgeburt. Vorher war sie im Urlaub bei Freunden in Schweden gewesen; er hatte den Verdacht, dass sie nachgeholfen hatte. Nach der Fehlgeburt wollte sie nicht mehr mit ihm ins Bett und auch nicht heiraten. Diese Frau hatte er wirklich gerngehabt.
    Aus Stolz und um sie zu bestrafen, wurde Gerwin aktiv, lernte über eine Zeitungsannonce Petra Triebel kennen und teilte Gerda mit, dass auch er nicht heiraten wolle. Petra war die erste Frau, die gleichaltrig war, sie hatte eine nette Art und ähnliche Einstellungen wie er, auch hinsichtlich der Ernährung, und sie verdiente schon Geld. Nach zwei, drei Monaten wurden sie miteinander intim. Die ersten Male waren sehr schön, Petra war beim Geschlechtsverkehr erregt und lebendig, doch sehr schnell mochte sie sich ihm wiederholt nicht hingeben.
    Als Gerda merkte, dass Gerwin eine andere hatte, bemühte sie sich wieder um ihn. Sie fuhr ihm nach, wartete im Auto vor seiner Wohnung, um ihn abzupassen. Er fasste den Entschluss, sich wieder von Petra zu trennen, einerseits wegen Gerda, zum anderen wegen der sexuellen Schwierigkeiten von Petra. Aber da war es schon zu spät: Petra teilte ihm mit, dass sie von ihm schwanger war.
    Gerwin Moss erklärte ihr, er wolle sie aber eigentlich nicht heiraten. Petra sprach mit ihrer Schwester und deren Mann, die rieten ihr, doch zumindest auf Zeit zu heiraten, da sie sonst möglicherweise als Lehrerin Schwierigkeiten bekäme mit einem unehelichen Kind. Nach diesem Gespräch traf sich Petra wieder mit Gerwin. Sie erzählte ihm von ihrer Sorge, was man in der Schule über sie denken würde und dass sie ihre Verbeamtung gefährdet sah. Sie beide sollten es doch vielleicht mal versuchen, zumindest auf Zeit. Auf Zeit fand Gerwin nicht in Ordnung – wenn, dann richtig.
    Gerwin Moss und Petra Triebel heirateten, bezogen eine 3 -Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss, und fünf Monate später wurde Torsten geboren. Petra arbeitete weiter als Lehrerin, bis Gerwin sein Studium abgeschlossen hatte und seine erste Stelle bei einem Kraftwerk antrat. So war er die ersten beiden Jahre viel mit dem Baby zusammen und ein liebevoller Vater. Zu Gerda hielt er weiterhin ein bisschen Kontakt, schickte ihr zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke, aber es passierte nichts Unschickliches.
    Petra war häufig etwas depressiv und schlechter Stimmung. Sie war überzeugt, mittags schlafen zu müssen und auch nachts besonders lange Ruhe zu brauchen, half nach mit Baldrian, aber auch richtigen Schlafmitteln. Sie suchte einen Psychotherapeuten auf, der «Hysterie» in seiner Karteikarte vermerkte. Er war überzeugt, dass sie unter eingebildeten Krankheiten litt, und riet ihr, sich nicht zu überlasten. In ihrem Tagebuch fanden sich Hinweise, dass sie sich nach anderen, aufregenderen Männern sehnte als ihrem ruhigen mageren Gerwin. Aber untreu werden wollte sie nicht. Ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter ging sie nur lustlos nach. Sie las gern Flaubert, voller Verständnis für Emma. Nach ihrem Zusammenbruch und dem Krankenhausaufenthalt zur Kräftigung machte sie eine Ausbildung zur Hilfspflegerin beim Deutschen Roten Kreuz. Anschließend arbeitete sie ein paar Tage im Altersheim, aber das ging auch nicht, die körperliche Belastung war zu groß. Schließlich hatte sie eine stundenweise Aushilfe als Lehrerin in Aussicht. Doch dazu kam es nicht mehr.
    Die Schwiegermutter Lotte Moss, die später zu all dem befragt wurde, erklärte: Gewiss sei die Ehe bisweilen spannungsgeladen gewesen, aber sie hätten sich im Grunde doch geliebt. Es habe ihrem Sohn, der am Tod seiner Frau sicher unschuldig sei, eine gewisse Befriedigung gegeben,

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