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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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dass er in der Ehe der Stärkere war, wo er doch sonst immer als Schwächling hingestellt worden sei. Wie oft habe er zu ihr gesagt: «Ich freue mich, dass Petra nicht so kräftig ist, dadurch bin ich der Kräftigere.» Sie sei sehr überrascht, wie gleichmütig und ruhig er diese ganze schlimme Zeit ertrug. «Aber im Grunde ist das seine Art. Schon als Kind war er ausgesprochen ruhig und ausgeglichen. Ich versteh ja die Verwunderung, dass er nicht aufgeregter war in der Nacht, wo seine Frau ermordet wurde. Aber für mich ist es nicht verwunderlich, so ist er nun mal, immer freundlich und hilfsbereit. Er hat so ein ganz reines Empfinden. Er liebt Musik. Er liebt Kinder. Alle, die ihn kennen, haben ihn gern.»
     
    Derweil zerbrach sich die psychiatrische Sachverständige den Kopf, ob Moss, wenn er denn der Täter war, pervers und ein Sadist war. Petras Freundinnen hatten der Polizei keine Klagen über ungewöhnliche sexuelle Wünsche berichtet. Aber einmal soll er aus Wut mit einer Holzsandale nach ihr geworfen haben. Das wäre ja noch nicht unnormal, aber es gab das Gerücht, er hätte sie mit der Sandale auch mal auf den nackten Po geschlagen. Außerdem hatten Zeugen vermutet, er habe das Spielhäschen des Sohnes erschossen – oder er habe an dem Plüschtier eine Schießübung gemacht. Und wenn er es war, hatte er die Tannennadeln ja auch mit Stecknadeln befestigt, die er ihr in den Körper gestochen hatte. War das nicht sadistisch?
    Dann war da die Mettwurst. Also doch ein sexuell perverser Fremdtäter, der irgendwie an einen Wohnungsschüssel gekommen war? Vielleicht hatte Moss den Schlüssel nicht verloren, sondern dieser war gezielt gestohlen worden? Ein Täter, der lange die Wohnung beobachtet und es in seiner perversen Art auf Petra abgesehen hatte, tief in der Nacht eindrang, erregt vom eigenen Wagemut seine sadistischen Begierden an der Frau ausließ, sie zurichtete, fotografierte und dann verschwand – wobei er im Hinausgehen auf den Ehemann traf, den er im Dunklen niederschoss, sodass er unerkannt fliehen konnte.
    Eigentlich fand Gerwin Moss ebendiese Version des Geschehens überzeugend. Zumal er gar nicht der Täter sein konnte. Jeder kannte ihn als einen braven, wohlerzogenen Bürger, der nichts als Mitgefühl verdiente angesichts des schrecklichen Todes seiner Frau, bei dem er ja auch selber niedergeschossen worden war. Allerdings gab es nun Komplikationen.
    Man hatte mit Gerwin Moss rekonstruiert, wo er gestanden hatte, als ihn der Schuss ins Bein traf. Er war sehr kooperativ gewesen. Als die Kriminaltechnik ihr Modell entwickelte, war er natürlich nicht mehr dabei. Sie kam zu dem Schluss, dass angesichts des recht hoch gelegenen Einschusslochs in der Flurwand der Täter bei Schussabgabe eigentlich am Boden gelegen haben musste. Oder aber Moss selbst hatte sich im Sitzen durch das übergeschlagene oder angehobene Bein geschossen, wobei er etwas zwischen Mündung und Bein gehalten hatte, um Spuren des aufgesetzten Schusses zu verhindern.
    Des Weiteren hatte die Polizei in seiner Wohnung drei umfängliche metallische Schmelzrückstände gefunden, jeder Klumpen etwa 350  Gramm schwer, darin auch Bruchstücke eines Glaskörpers, möglicherweise einer optischen Linse. Man fand heraus, dass er vor zwei Monaten eine Esse in seinen Hobbyraum eingebaut und vor vier Tagen zwei Gasflaschen für seinen Schweißbrenner erworben hatte.
    Moss aber setzte all seine Hoffnungen auf den Biss in die Brust. Er hatte in sorgfältiger Bastelarbeit aus einer Zange und Bandeisen ein metallenes Gebiss geschaffen, derweil Petra nebenan schlief. Der zugerichteten Leiche hatte er damit kräftig in die Brust gekniffen und dann den Biss fotografiert aus Sorge, dies könnte übersehen werden. Aber er konnte ja nicht ein einziges Foto mit diesem Motiv zurücklassen. Also hatte er mehrere Fotos mit unterschiedlichen bizarren Motiven gemacht.
    Nun hatte er beim Werken in seinem Hobbyraum natürlich kein Modell seines eigenen Gebisses gehabt. Er hatte seine Zähne aber immer wieder sorgsam im Spiegel gemustert und darauf geachtet, dass sein Modell dem eigenen Zahnsatz möglichst wenig ähnelte. Zur Sicherheit hatte er dem Modell eine Zahnlücke am Oberkiefer verpasst, während ihm selbst ein Backenzahn unten fehlte. Eigentlich erwartete er jeden Tag, aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, sobald der Bissabdruck an der Leiche mit seinem Gebiss verglichen worden war.
    Tatsächlich war Gerwin ins Haftkrankenhaus gebracht

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