Mordgier

den Anrufbeantworter noch abhören. Will hat es ziemlich erwischt. Hohes Fieber, das sieht ihm gar nicht ähnlich, aber in der Schule grassiert ein Virus.«
    Erstickter Protest von unten erregte unsere Aufmerksamkeit.
    Indy stand auf den Hinterbeinen, die Vorderbeine fuchtelten in der Luft, die Augen traten hervor.
    Halb in der Luft hängend, weil die Leine ihn an der Kehle hochzog. Andrea Goods Hand hatte die Schnur eingeholt.
    Sie sagte: »Oh nein!«, und ließ locker. Indy landete keuchend auf den Vorderbeinen. Sie kniete sich hin. »Tut mir so leid, Baby.«
    Indy gab ein letztes Protestjaulen von sich und leckte ihr übers Gesicht.
    Vertrauen und Liebe, bedingungslos; vielleicht beginnt der Vatikan eines Tages damit, Hunde heiligzusprechen.
    »Nun denn«, sagte Andrea Good und erhob sich wieder.
    »Wir würden es begrüßen, von Ihrem Mann zu hören«, sagte ich. »Hoffentlich wird er bald wieder gesund.«
    »Oh, das wird er schon. Er ist ein zäher Bursche.«

12
    Die Ermordung Ella Mancusis schaffte es nicht in die Achtzehn-Uhr-Nachrichten, aber sie bildete das letzte Teilstück um dreiundzwanzig Uhr, ergänzt von einer Erzählung im sonoren Bariton und Großaufnahmen einer blutgetränkten Messerschneide, die auf Archivmaterial beruhten.
    Die gebührenfreie Rufnummer für sachdienliche Hinweise blitzte eine Sekunde lang auf, aber das reichte. Als ich am nächsten Morgen Milos Büro anrief, hörte ich eine brandneue Nachricht.
    » Hier spricht Lieutenant Sturgis. Falls Sie wegen des Mordfalls Mancusi anrufen, hinterlassen Sie bitte Namen und Telefonnummer. Reden Sie langsam und deutlich. Vielen Dank.«
    Ich rief Wilson Good in der Hoffnung an, ein Plausch mit seiner Frau, Bettruhe und ein Gefühl für Bürgerpflicht hätten ihm vielleicht die Zunge gelöst. Niemand ging an den Apparat.
    Blanche hatte Lust auf einen Spaziergang und hüpfte fröhlich neben uns her, als wir den Glen hinunterschritten. Eichhörnchen, Vögel und Autos amüsierten sie. Bäume amüsierten sie. Felsen waren irrsinnig komisch.
    Eine sehnige Joggerin blieb stehen, um sie zu streicheln. »Das ist der hübscheste Hund, den ich je gesehen habe.«
    Blanche war einverstanden.
    Um dreizehn Uhr fuhren Robin und ich nach Sherman Oaks und aßen bei Antonio Spaghetti. Danach fragte ich sie, ob sie noch etwas Zeit hätte, und wir machten uns auf den Weg zu Katrina Shonskys Adresse in Van Nuys.
    Ein großer Kasten in einem baumlosen Häuserblock. Die Luft roch nach Baustaub, obwohl weit und breit keine Baustellen zu sehen waren. Der ganze Charme eines Hitzeausschlags.
    »Ich kann verstehen«, sagte Robin, »warum sie hier wegwollte. In dreißig Zimmern auf acht Hektar zu leben bringt allerdings auch nichts, wenn man einsam ist.«
    »Denkst du an jemand Bestimmten?«
    Sie nickte. »Er kommt in einer Woche geschäftlich in die Stadt. Zwischen zwei Terminen beabsichtigt er vorbeizuschauen, ›um nach meinem Auftrag zu sehen‹. Es ist keine große Sache, aber wenn du da sein könntest, wäre ich nicht unglücklich.«
    »Hat er sich danebenbenommen?«
    »Nein, aber wenn er mit mir redet, klingt er so bedürftig. Als wollte er mir näherkommen - weißt du, was ich meine?«
    »Ein Programm hinter dem Auftrag.«
    »Vielleicht ist es albern«, sagte sie.
    »Eingebildetes Mädchen.«
    Sie lächelte. »Also wirst du da sein?«
    *
    Sie ging in ihr Studio zurück, und ich dachte eine Weile über Ella Mancusi und Kat Shonsky nach. Konnte keine ernsthafte Verbindung jenseits großer schwarzer, gestohlener Autos sehen.
    Ich spielte mit Suchmaschinen, gab Variantenpaare von Mord und Luxuswagen ein. Als das ohne Treffer blieb, kombinierte ich Mord mit bestimmten Automarken, probierte Jaguar, Rolls-Royce, Ferrari und BMW , ohne Erfolg.
    Lamborghini und Cadillac erbrachten zwei Schießereien, eine in L.A., die andere in New York. Zwei Gangsta Rappers, die niedergeschossen worden waren, als sie nachts ihr Aufnahmestudio verließen, der eine allein in seinem Murciélago, der andere mit seinem Gefolge in einem herausgeputzten Escalade. Offiziell waren beide Fälle ungeklärt, aber jeder in der Hip-Hop-Welt wusste, wer es gewesen war.
    Bentley und Aston Martin führten zu keinem Treffer. Mercedes ergab nichts über Ella Mancusi, vielleicht weil noch nichts darüber in den Medien erschienen war - und das ließ mich an dem Sinn meiner Suche zweifeln. Benz produzierte Fotos von Hitler in beiden seiner massiven 770Ks und eine Schimpfkanonade von einem in Qatar stationierten