Mordgier
mitten im Sommer, Mietshaus, keine Klimaanlage, Sie können sich den Rest vorstellen. Er hat außerdem einen Bullterrier, alle sagen, das wäre ein netter Köter, aber Sie würden mich nicht zufällig dabei erwischen, wie ich einen von denen streichle. Jedenfalls verwöhnt dieser Irre seinen Hund und beschließt, ihn etwas eiweißreicher zu ernähren. Als wir schließlich dort eintreffen - tut mir leid, falls ich Ihnen damit den Appetit verdorben habe.«
»Keine Sorge.« Zum Beweis aß ich noch ein bisschen.
»Sie halten es ernsthaft für möglich, dass Bright Ihr Mörder ist, ja?«, fragte Polito.
»Er kann mit zwei brutalen Morden in Verbindung gebracht werden, von denen einer ihn zu einem reichen Mann machte. Falls er dafür bezahlt wurde, die Safrans zu töten, sind das zwei weitere mit einem finanziellen Motiv. Und soweit wir wissen, ist er nach dem Verschwinden der Safrans ebenfalls verschwunden.«
»Spurlos.« Er lächelte. »Das könnte noch etwas anderes bedeuten, Doc.«
»Dass er auch verschwunden wurde«, sagte ich.
Polito zuckte die Achseln.
»Vielleicht«, sagte ich, »aber im Moment ist sonst niemand auf dem Bildschirm. Alles, was Sie mir über ihn erzählen können, wäre hilfreich.«
»Es gibt nicht viel.« Er schnippte mit den Fingern. »Genau wie Sie sagten, der Typ ist verschwunden. Sobald das Haus geräumt war, taucht keine Adresse mehr für ihn auf. Ich kann kein Anzeichen dafür entdecken, dass er jemals in einem der fünf Stadtbezirke oder irgendwo sonst im Staat New York gelebt hat. Es gibt keine Steuerunterlagen, keine Grundbucheintragungen, keinen Führerschein, kein Garnichts. Alles, was ich Ihnen geben kann , ist eine allgemeine Beschreibung, wie er vor acht Jahren aussah, und dass er hilfsbereit war, als ich mich mit ihm unterhielt. Und das liegt daran, dass ich mich daran erinnern würde, wenn er nicht hilfsbereit gewesen wäre. Ich habe mich genau einmal mit ihm unterhalten - ein Routinegespräch wie mit allen anderen Mietern.«
»Wie sah er aus?«
»Kräftiger Typ, muskulös, kahl.«
»Glattrasiert?«
»Billardkugel, kein Haare.«
Ich fischte meine Kopie von Ansell Brights kalifornischem Führerschein heraus.
Polito kniff sein gutes Auge zusammen. »Aus all dem Fell könnte man ja einen Mantel machen … Ich vermute mal, es könnte derselbe Typ sein, aber beschwören kann ich das nicht.«
»Vielleicht geht es genau darum«, sagte ich.
»Ein Gestaltwandler?«
»War er schwul?«
»Er war keine Tunte. Ist Ihr Typ eine?«
»Manche Leute behaupten das.«
»Manche Leute … Wollen Sie damit sagen, dass er alles vortäuscht?«
Ich erzählte ihm von dem Cowboy-Kostüm, dem alten Mann mit der karierten Kappe, einer möglichen Transvestiten-Verbindung, gestohlenen Luxusautos.
»Schwarze Autos«, sagte er. »Vielleicht eine Art Todessymbol.« Er schob seinen Teller beiseite und fasste sich an die Brust.
»Alles in Ordnung?«
»Sodbrennen. Wenn dieser Typ sich als der Mörder entpuppt, hatte ich ihn direkt vor mir, und dann hat er noch andere schlimme Dinge verbrochen? Kein tröstlicher Gedanke.«
»Er könnte sich als unschuldig herausstellen«, sagte ich.
»Wenn Sie dächten, dass er unschuldig ist, wären Sie nicht hier.« Er musterte das Foto noch ein bisschen und gab es mir zurück. »Nein, ich kann nicht sagen, ob er es ist oder nicht. Und der Dale Bright, mit dem ich gesprochen habe, hat sich normal benommen. Absolut nichts Verdächtiges an ihm.«
Er leerte sein Weinglas. »Ich muss sagen, Doc, wenn ich mit Ihnen rede, wird mir erst klar, wie viel lieber ich auf dem See wäre. Deshalb gebe ich Ihnen den Rest von dem, was ich habe, und mache mich auf den Weg. Zunächst mal bin ich heute Morgen an Korvutz’ Wohnung vorbeigegangen - das war der Termin, den ich erwähnt habe. Hab mit dem Portier geplaudert, der zufällig ein ehemaliger Cop ist. Lassen Sie ihn in Ruhe, denn falls rauskommt, dass er über die Hausbewohner redet, ist er seinen Job los. Er hat mir erzählt, dass Korvutz ein ruhiger Zeitgenosse ist, keine Probleme macht, verheiratet ist, ein kleines Kind hat und Weihnachten ein gutes Trinkgeld gibt. Geht zweimal in der Woche Abendessen, wenn die Frau des Hauses mit ihren Freundinnen aus ist, und zum Glück für Sie ist es heute Abend wieder so weit. Er ist ein Gewohnheitstier, geht immer in dasselbe Lokal, isst gern italienisch.«
»La Bella«, sagte ich. »Steht auf meiner Liste.«
Polito lächelte. »Was meinen Sie, wer die Liste aufgestellt hat?
Weitere Kostenlose Bücher