Mordlast
eingebrockt.«
»Scheiß Innenrevision. Aber so, wie du mir das erzählt hast, war das sowieso nur ein Vorwand, um wegen der Zeitungsartikel gegen uns zu ermitteln. Mein Chef hat sich auch schon erbost darüber geäußert. Er hatte ein ziemlich unerfreuliches Gespräch beim Polizeipräsidenten.«
»Mal sehen, was sie aus dem letzten Gespräch machen wird.«
Engbers bog nach links in die Jungfernstraße ab.
»Ich kann mir das schon richtig vorstellen: Eine alte Hexe getarnt als Lehrerin in der Jungfernstraße von Strausberg.« Er sah kurz zu Davídsson hinüber. »Du machst das. Ich bin allergisch gegen Lehrerinnen dieser Generation.«
Engbers parkte den Wagen direkt vor dem Haus, in dem die Frau wohnte. Soweit er das am Computer hatte zurückverfolgen können, lebte sie schon immer in dem Haus in der Altstadt.
Die Straßen waren hier auffällig sauber und von gepflegten Häusern gesäumt.
Die Lehrerin lebte in einem dreistöckigen Haus. Das Erdgeschoss war weiß angestrichen und beherbergte einen Supermarkt. Darüber war noch das Grau aus früheren Zeiten zu sehen, aber dafür war die frei stehende Seite mit verschiedenen geometrischen Formen farbig angestrichen worden.
Elisabeth Meyer-Uhlmann meldete sich über die Sprechanlage. Ihre Stimme hallte durch den leeren Raum. Es war niemand auf der Straße zu sehen. Keine spielenden Kinder, keine Menschen und keine Hunde, die Gassi geführt wurden. Nicht einmal im Laden war jemand durch die Schaufenster zu sehen. Es wirkte beinahe so, als ob sie eine Filmkulisse besuchten.
»Meyer-Uhlmann.« Sie lächelte freundlich, als sie vor ihrer Wohnungstür standen.
»Ólafur Davídsson und Siegbert Engbers.«
»Kommen Sie rein.«
Sie gingen ihr hinterher in eine großzügige, moderne Küche mit beinahe schon professioneller Ausstattung. Die Lehrerin blieb in der Mitte vor einem Block mit einem Glas-Keramik-Kochfeld stehen. Auf einer der fünf Kochstellen stand ein Wok, in den sie Tofu-Würfel gab.
Engbers sah Davídsson irritiert an. Die Frau war das genaue Gegenteil von dem, was sie erwartet hatten. Sie musste tatsächlich früher in den Ruhestand gegangen sein. Der Kurzhaarschnitt und die aristokratischen Gesichtszüge passten nicht zu dem Bild von einer frustrierten Lehrerin, das sie erwartet hatten.
»Mein Mann ist Koch«, sagte sie wie zur Entschuldigung für die Küche.
»Wir wollen Sie nicht lange aufhalten. Wir haben nur ein paar Fragen zu einem Projekt, das Sie vor ein paar Jahren an Ihrer Schule betreut haben und bei dem es um den Schwerbelastungskörper ging.«
Sie nickte. »Sie stören mich nicht. Das Essen ist gleich fertig. Wenn Sie möchten, können Sie mit uns essen und ich beantworte währenddessen Ihre Fragen.« Sie zeigte mit den Stäbchen, die sie aus einer tiefen Schublade geholt hatte, auf einen Tisch mit acht Stühlen. »Setzen Sie sich doch.«
Die Wohnungstür wurde geöffnet, und Davídsson sah zum Flur.
»Mein Mann«, sagte die Lehrerin. Ihre Stimme hatte eine gewisse Schärfe.
Der Beruf geht doch nicht spurlos an einem vorüber, dachte Engbers.
Ein Mann kam in die Küche. Davídsson und Engbers hatten sich an den Tisch vor einen schlichten Kamin gesetzt, auf dem zwei Silberschalen mit Obst standen. Sonst nichts. Er reichte ihnen die Hand und setzte sich an den Tisch, ohne seine Frau zu begrüßen. Er war genauso klein wie seine Frau, die jetzt das Essen auftat. Seine Jeans spannte am Bauch, aber er war trotzdem nicht so dick, wie man es bei einem Koch erwartet hätte. Ein bisschen Übergewicht eben, aber nicht mehr.
»Normalerweise kocht mein Mann, aber einmal in der Woche werde ich an den Herd gelassen und dann mache ich, was mir schmeckt.«
Sie verteilte die Teller vor ihnen. »Deshalb gibt es heute Wirsingcurry mit Cashewkernen und Tofu.«
»Ich koche ihr normalerweise zu anspruchsvoll«, erklärte der Mann.
»Andreas ist Sternekoch und meint es eigentlich nur gut mit mir, aber manchmal habe ich einfach nur Lust auf eine Currywurst oder ein einfaches asiatisches Gericht und nicht auf die französische Haute Cuisine.«
»Kann ich verstehen«, sagte Engbers. Er grinste, weil ihm das Wirsingcurry auch schon zu anspruchsvoll war. Seitdem er wieder alleine wohnte, gab es ausschließlich Fertiggerichte.
Das Essen schmeckte. Dazu gab es Weißwein und Mineralwasser.
»Unser Projekt an der Schule sollte den Schülern einen gewissen Eindruck vermitteln, was in ihrer direkten Nachbarschaft während des Krieges geschehen war. Ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher