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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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sein richtiges Leben vor Iris Schrauder zu schützen.«
    »Aber sie hatte doch ein Bild von seinem Vater. Aus der Vergangenheit. Das könnte eine Verbindung sein.«
    »Ich werde das heute Nachmittag überprüfen.«
    »Wie hat er das eigentlich gemacht, dass sie nichts von der anderen Wohnung herausgefunden hat? Sie konnte ihm doch folgen, wenn er das Haus mit der alten Einrichtung verließ. Er war doch außerdem Künstler. Künstler leben davon, dass man weiß, wo sie ihre Kunst verkaufen. Sie brauchte doch nur im Telefonbuch nachsehen, wo er gearbeitet hat. Wie hat er sich davor geschützt?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht wusste sie nicht, dass er als Künstler arbeitete, und deshalb wusste sie auch nicht, dass sie im Telefonbuch nach seinem Atelier suchen musste.«
    »Frag sie trotzdem.«
    Die Drehorgel verkündete die Endstation. Ólafur Davídsson begleitete sie bis ans Gate. Er zeigte bei den Kontrollen seinen Dienstausweis und die Kollegen der Bundespolizei ließen ihn vorbei. Als der Aufruf zum Boarding kam, umarmten sie sich zum Abschied. Er spürte, dass sie sich nur schwer von ihm trennen konnte.
    Ihm ging es genauso.
     
    Er hatte ein Taxi zum Büro genommen. Das war schneller und kühler und er fuhr nicht so gerne mit der Bahn wie seine Schwester. Die Sonne schien aus einem ungewöhnlichen Winkel, der alles wie eine Filmkulisse bei einer Studioaufnahme wirken ließ.
    Sein schwarzer Anzug glänzte in der Sonne, als er das Taxi verließ. Der Pförtner nickte freundlich und Ólafur Davídsson erwiderte den Gruß ebenfalls durch ein Nicken.
    »Der Boss will Sie sehen«, sagte der Pförtner, als Davídsson die schweren Eisentore schon passiert hatte. Der Mann bemerkte, dass er zu lange damit gewartet hatte. »Sie sollen gleich zu Ihrem Boss«, brüllte er Davídsson noch einmal hinterher.
    Davídsson beschleunigte seine Schritte, nachdem er seine Hand kurz in die heiße Luft gehoben hatte, zum Zeichen dafür, dass er verstanden hatte.
    Drinnen war es deutlich kühler. Die heiße Luft brauchte eine Weile, bis sie durch die dicken Wände des alten Gebäudes kam. Davídsson schwitzte trotzdem. Es konnte durchaus an der kurzen Zeit liegen, in der er sich draußen aufgehalten hatte, aber er wusste, dass es daran lag, dass ihn Wittkampf gleich als Erstes zu sich bat. Das konnte nichts Gutes bedeuten, denn es passte nicht zu seinem Chef, der sich morgens normalerweise erst einmal in sein Büro zurückzog und über irgendwelchem langweiligen Papierkram brütete.
    Keiner wusste ganz genau, was in dieser ersten Stunde eigentlich bei Wittkampf geschah. Arbeitete er tatsächlich an dem Verwaltungskram oder las er in Wirklichkeit bei einer Tasse Kaffee in der Zeitung?
    Seine Kollegen hatten schon Mutmaßungen angestellt, die darin gipfelten, dass sie eine Kriminalanalyse in der ViCLAS-Datenbank angelegt hatten. Bisher gab es jedoch nur zwei Einträge. Einmal war einer seiner Kollegen gleich um acht Uhr bei Wittkampf hereingeschneit und hatte ihn dort über einer Akte brütend vorgefunden. Der andere Eintrag stammte von einem zweiten Überraschungsbesuch, bei dem sein Chef in einer Zeitung geblättert hatte.
    Wittkampf hatte daraufhin bei der nächsten Weihnachtsfeier klargestellt, dass er zwischen acht und neun Uhr nicht gestört werden wolle, wenn es nicht um Leben und Tod ginge.
    Seither war das Projekt gestorben.
    Davídsson klopfte an die geschlossene Tür. Er hörte ein leises »Herein« von drinnen. Er öffnete sie und sah sich den Kollegen von der Innenrevision gegenüber. Sie saßen beide an dem runden Tisch mit Wittkampf, der an seinem gewohnten Platz saß und dabei ein sehr ernstes Gesicht machte.
    »Herr Davídsson«, das Wiesel ergriff das Wort, nachdem Davídsson sich auf den letzten freien Stuhl gesetzt hatte. »Unsere Ermittlungen sind abgeschlossen. Wir haben Ihrem Vorgesetzten eben vorgeschlagen, Sie für einen Monat vom Dienst zu beurlauben, nachdem Sie zugegeben haben, die Rundumkennleuchte eingesetzt zu haben, obwohl Sie hierzu nicht berechtigt waren.«
    »Was heißt das?«
    »Sie bekommen einen Monat kein Geld und Sie bleiben in dieser Zeit zu Hause. Das Ergebnis des Verfahrens wird zu Ihrer Personalakte genommen. Sie können frühestens in drei Jahren den Antrag auf Tilgung stellen. Der Eintrag kann sich negativ bei der nächsten Beförderungsrunde auswirken.«
    »Was heißt ›kann sich negativ auswirken‹?« Ólafur Davídssons Stimme wurde lauter.
    Wittkampf beruhigte ihn mit einer Geste.

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