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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Darjeelings, der auf einem Stövchen stand.
    Die Tür wurde mit
Schwung aufgerissen, und Große Jäger polterte herein. »Ah, der Kaffee wartet
schon.«
    »Kannst du nicht
grüßen, wenn du am Montagmorgen ins Zimmer kommst?«, fragte Mommsen.
    Der Oberkommissar
sah ihn mit großen Augen an. »Wieso? Wir haben uns doch schon oft gesehen.«
    Mommsen winkte ab.
Umgangsformen würde man Große Jäger nicht mehr vermitteln können.
    Der Oberkommissar
sah in seinen Kaffeebecher, der ungespült seit Freitag auf dem Schreibtisch
stand, schüttelte kurz den Kopf und schenkte sich neu ein. Dann setzte er sich
an seinen Arbeitsplatz, parkte die Füße auf der herausgezogenen Schublade,
zündete sich eine Zigarette an und fragte: »Was gibt es Neues?«
    »Der ›Schubser‹ hat
wieder zugeschlagen.«
    »Ich weiß. Stand
heute in den Husumer Nachrichten. Wir von der Polizei kommen dabei nicht gut
weg und sind mal wieder die Deppen.«
    »Was sollen wir
machen? Die Schutzpolizei fährt vermehrt Streife. Aber es gibt kein Muster,
nach dem der ›Schubser‹ vorgeht, mit Ausnahme der Tatsache, dass er wehrlose
Opfer von hinten anfällt. Seine Taten begeht er im ganzen Stadtgebiet. Und auch
die Abstände zwischen den einzelnen Überfällen ergeben kein Schema. Macht er
das, weil er Geld benötigt? Oder hat er Spaß daran, ältere Bürger in Angst und
Schrecken zu versetzen? Nur bei seiner letzten Tat, am vergangenen Sonnabend,
hat er einen größeren Betrag erbeutet.«
    »Wie geht es der
Frau?«
    »Bis auf ein paar
Hautabschürfungen und eine Platzwunde im Mund ist sie glimpflich davongekommen.
Viel schwerer wiegt der Schrecken. Und die Angst, die sie künftig begleitet,
wenn sie bei Dunkelheit oder auf abseits gelegenen Wegen unterwegs sein wird.
Das sind die schweren Folgen einer solchen Tat.«
    Erneut öffnete sich
die Tür, und Christoph kam ins Zimmer. Er murmelte etwas vor sich hin und eilte
an seinen Schreibtisch.
    »›Moin‹ heißt das,
wenn man ins Büro kommt«, beschimpfte ihn Große Jäger. »Das ist Brauch in der
Zivilisation. Nicht wahr, Harm?«
    Mommsen zog es vor
zu schweigen.
    Christoph richtete
sich kurz auf. »Moin. ‘tschuldigung. Aber ich habe auf der Fahrt von Kiel nach
Husum eine Idee gehabt.«
    Ohne seine Jacke
auszuziehen, setzte er sich an den Schreibtisch und holte die Unterlagen
hervor, mit denen er sich am Freitag beschäftigt hatte. Er blickte angestrengt
auf die Papiere und sagte schließlich: »Das könnte es sein.«
    Seine beiden
Kollegen waren neugierig geworden und hatten sich zu ihm an den Schreibtisch
gestellt.
    »Wenn Professor
Michaelis Recht hat und wir die letzten Ziffern weglassen, haben wir
unterschiedlich lange Zahlen. Weiterhin gehe ich davon aus, dass der Code
hinter dieser Aufstellung simpel sein muss. Er muss ohne Hilfsmittel
umgewandelt werden können.«
    »Da stimme ich dir
zu«, sagte Mommsen.
    »Wenn ich die
letzten Ziffern, wie Michaelis vorgeschlagen hat, abschneide und den Rest
rückwärts lese, könnte das eine Telefonliste ergeben.«
    Große Jäger fuhr mit
dem Zeigefinger die Zahlenreihen ab. »Hast du die Nummern schon testweise
angerufen?«
    »Nein. Sie ergeben
keinen Sinn, mit Ausnahme der letzten Nummer, die eine Null vorweg hat.«
    Mommsen griff
unaufgefordert zum Telefon und wählte. Er hatte noch nicht alle Ziffern
eingetippt, da erscholl aus dem Lautsprecher schon die Frauenstimme: »Kein
Anschluss unter dieser Nummer.«
    »Von der Länge her
könnten es Rufnummern in einer größeren Stadt sein. Hamburg zum Beispiel.«
    »Und die Vorwahl?«
    »Die hat man bei der
Codierung fortgelassen«, überlegte Mommsen.
    »Es gibt noch eine
andere Variante. In der gesamten Region beginnen alle Ortsnummern mit 04. Wenn
wir die davor setzen?«
    Sie probierten es.
Fast gleichzeitig zeigten Große Jäger und Christoph auf die vierte Zeile.
    »04841 – das ist
Husum.«
    »Und die letzte
Zeile ist Hamburg«, ergänzte Mommsen.
    Christoph tippte die
Ziffernfolge ein. Er hatte kaum die letzte Zahl eingegeben, als sich eine
freundliche Frauenstimme meldete. »Lufthansa Citycenter Hamburg. Mein Name ist
Marion Steinfeld. Was kann ich für Sie tun?«
    Mit einer Ausrede
entschuldigte Christoph sich.
    »Das klingt wie die
Organisation der Heimreise. Der unbekannte Tote hat mit dieser Verbindung seine
Flucht – wenn wir es so nennen wollen – vorbereiten wollen. Aus Gewohnheit hat
er die eigentlich harmlose Nummer der Lufthansa mit in sein Zahlenrätsel
aufgenommen. Weiterhin verrät uns

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