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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Kritiker unglaubwürdig. Zu einer solchen
Meinung kann auch nur jemand kommen, der selbst noch nie hier gewesen ist«,
erzählte Christoph.
    Große Jäger wollte
nachfragen, um welches Werk es sich handelte, aber da hatten sie bereits ihr
Ziel erreicht.
    Der Nieselregen
hatte eine kurze Pause eingelegt. Trotzdem wirkte alles wie in trübes Grau
getaucht. Sie gingen den Fußweg zum etwas von der Straße zurückliegenden
Hauseingang und mussten einem Mann ausweichen, der den Kragen seiner Jacke
hochgeschlagen hatte und den Kopf abwandte.
    »Irgendwie kam mir
der Typ bekannt vor«, sagte Große Jäger. »Wenn ich nur wüsste, woher.«
    Sie fanden den
Klingelknopf mit der Aufschrift »Auhagen«. Auch nach weiteren Versuchen blieben
Sprechanlage und Türsummer stumm. Dafür öffnete eine kleine rundliche Frau mit
einem Kind auf dem Arm die Haustür.
    »Kennen Sie Herrn
Auhagen?«, fragte Christoph.
    Die Frau sah ihn mit
großen Augen an. »Auhagen? Soll der hier wohnen?«
    Sie versuchten ihr
Glück im Haus und klingelten an zwei anderen Wohnungstüren. Aber keiner konnte
ihnen weiterhelfen.
    »Ja, der Auhagen
wohnt hier. Aber mehr weiß ich auch nicht«, fertigte sie ein älterer Mann ab,
dem noch die Brotkrumen vom Frühstück im Bart hingen.
    »Dann probieren wir
es später noch einmal«, entschied Christoph. »Fahren wir nach Heide und sehen
uns Ivo Dugovic an.«
    »Ich komm nicht drauf,
woher ich den Mann kenne, der uns vorhin begegnet ist«, ärgerte sich Große
Jäger auf dem Beifahrersitz. Christoph war der Adolf-Brütt-Straße gefolgt und
hatte auf diese Weise einen Bogen um die Innenstadt geschlagen. Dann fuhr er an
den Mausebergen vorbei und fädelte sich kurz darauf auf die Umgehungsstraße
Richtung Süden ein. Sie durchquerten die Köge, die das Landschaftsbild südlich
Husums bestimmten. An der Abzweigung nach Friedrichstadt verlangsamte Christoph
das Tempo und ordnete sich in die linke Abbiegespur ein.
    »Über Tönning geht’s
schneller«, meinte Große Jäger.
    »Mag sein, aber
dieser Weg ist romantischer.«
    »Hat dich der zweite
Frühling erwischt?« Der Oberkommissar fingerte eine zerknitterte
Zigarettenpackung aus seiner Hosentasche.
    »Du wirst doch in
meinem Wagen nicht rauchen wollen?«
    Große Jäger steckte
die Zigaretten wieder ein, unterließ es aber, zu antworten.
    Das alte
Holländerstädtchen Friedrichstadt mit seinem prachtvollen Marktplatz und den
Grachten ließen sie links liegen. Dann überquerten sie auf der schmalen mit
Nieten beschlagenen mattgrünen Eisenbrücke die Eider. Selbst bei dieser trüben
Witterung konnte man unendlich weit über die Marsch gucken, die – wie manche
kritisch befinden – durch die zahlreichen Windparks optisch an Reiz verloren
hat.
    »Ist dir bewusst,
dass diese Region zu den am dünnsten besiedelten Deutschlands gehört?«, fragte
Christoph.
    »Das ist auch gut
so. Stell dir vor, wenn es hier nur so von Menschen wimmeln würde. Dazu die
ganzen Spitzbuben. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir auch nur einen
Mitarbeiter mehr für unsere Dienststelle bekämen, wenn hier doppelt so viele
Leute leben würden. In ganz Nordfriesland gibt es nur circa zweihundertsechzig
Polizisten. Eine Stadt wie Münster, nicht gerade als Hochburg des Verbrechens
verschrien, hat das Fünffache an Polizisten bei gut anderthalbmal so vielen
Einwohnern. Und dann jammert der Scheiß-Starke immer, wie wären nicht gut
genug.«
    Christoph musste die
Geschwindigkeit reduzieren, weil sie durch Lunden fuhren. Der kleine Ort mit
der Kirche im Zentrum war für ihn ein trauriges Beispiel dafür, dass die nicht
im Mittelpunkt stehenden Gemeinden langsam starben. Nur noch wenige Geschäfte
säumten die mitten durch den Ort führende Hauptstraße. An vielen
Geschäftslokalen prangten Schilder »zu vermieten« oder »zu verkaufen«. Das
setzte sich auch an der Landesstraße fort, die sie bis nach Heide führte. Ein
Straßendorf nach dem anderen reihte sich hier aneinander. Es schien, als würde
man durch ein nie enden wollendes Dorf fahren, dabei waren es lauter kleine
Streusiedlungen, die jeweils nur aus der einen Häuserreihe entlang der Straße
bestanden.
    »Ich glaube, wir
werden verfolgt«, sagte Christoph und warf einen Blick in den Rückspiegel.
»Seitdem wir vor Friedrichstadt abgebogen sind, fährt ein dunkler BMW hinter uns her und hält einen
konstanten Abstand.«
    »Du siehst zu viele
amerikanische Krimis. Üblicherweise verfolgt die Polizei jemanden und nicht
umgekehrt«,

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