Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
über dem sonnengebräunten Gesicht mussten echt sein,
den sie passten in der Farbe zu denen auf den muskulösen Unterarmen, die jetzt
auf der Schanz des Cockpits auflagen. Er sah die beiden Beamten an, ohne zu
antworten.
    »Sind Sie Herr Schöppe?«
    Statt die Frage zu beantworten, gab er zurück: »Mit
wem habe ich die Ehre?«
    »Johannes. Das ist mein Kollege Mommsen. Wir sind von
der Kripo.«
    »Kripo?«
    »Wollen Sie mir nun endlich verraten, ob Sie Herr
Schöppe sind?«
    »Was will denn die Kripo?« Er legte eine Pause ein.
»Ja! Ich bin es.«
    »Wir möchten gern mit Ihnen sprechen.«
    »Worüber?«
    »Können wir das nicht auf eine andere Weise machen,
als uns quer über das Wasser zu verständigen?«
    »Meinetwegen. Kommen Sie an Bord.«
    Die beiden Beamten kletterten an Deck der Yacht.
Schöppe wies auf den Niedergang. »Bitte.«
    Der Salon war ebenfalls mit Teak ausgestattet. Auf
viele Menschen hätte die zweifellos elegante Ausstattung Eindruck gemacht.
Christoph hingegen fühlte sich wie in einer Zigarrenkiste. Über diesen Eindruck
täuschte auch nicht hinweg, dass es im Inneren des Bootes an nichts mangelte.
Auf engstem Raum befanden sich all jene Dinge, die das Leben angenehm und
unterhaltsam machten. Von der Audio- und Videoanlage bis hin zum Barfach mit
integriertem Kühlschrank war alles vorhanden.
    Der Salon war so großzügig bemessen, dass selbst der
hoch gewachsene Mommsen aufrecht stehen konnte.
    Schöppe schenkte sich aus einer Thermoskanne einen
Kaffee ein. Nach dem ersten Schluck sah er auf.
    »Oh, Verzeihung. Darf ich Ihnen auch etwas anbieten?
Einen Kaffee? Ein Wasser? Ich vermute, zu dieser Tageszeit trinken Sie noch
keinen Alkohol.«
    »Nein, vielen Dank. Herr Schöppe, kennen Sie einen
Frank Reiche? Aus Leck?«
    Schöppe sah Christoph an, ohne mit der Wimper zu
zucken. Er ließ sich mit der Antwort genau so viel Zeit, wie man vermutlich zum
Überlegen benötigt. Dann schüttelte er leicht den Kopf. »Bedaure. Aber der Name
ist mir nicht geläufig.«
    Christoph kramte in seiner Jackentasche und zog ein
Foto des Ermordeten hervor. Er legte es vor Schöppe auf den Salontisch. Dann
beobachtete er das Gesicht seines Gegenübers.
    Der Mann nahm das Bild auf, betrachtete es eine Weile
und schob es Christoph zurück. »Ich glaube, ich habe den Mann nie gesehen.«
    »Was heißt: Sie glauben?«
    »Nun, ja. Uns begegnen so viele Menschen, dass man
unmöglich jedes Gesicht behalten kann. Ich kenne eine Unmenge Leute. Manchmal
ist es peinlich, dass mir jemand gegenübersteht, dem ich schon begegnet bin,
aber mehr als ein ›Hallo‹ bringe ich nicht hervor, weil mir partout der Name
nicht einfallen will. Kennen Sie dieses Phänomen?«
    Schöppe sprach in einem ruhigen Plauderton. Er hatte
eine wohlklingende Stimme. Die Aufmachung, die ganze Erscheinung verkörperte
den erfolgreichen Mann, der sich seiner Wirkung auf andere bewusst ist. Auch
wenn er auf den ersten Blick wie ein smarter Sonnyboy schien, ließ er keinen
Zweifel daran, dass er in harten geschäftlichen Verhandlungen gestählt war.
Seine Cleverness erkannte man daran, dass er geschickt das Gespräch lenkte,
indem er beiläufig zu einem anderen Thema wechselte.
    »Sagen Ihnen denn folgende Namen etwas: Auhagen aus
Husum, Dugovic aus Heide oder Schmidt aus Apenrade?«
    In Schöppes Augen funkelte es, so, als würde er sich
über Christophs Fragen amüsieren. »Können Sie die Namen noch einmal wiederholen?«
    Nachdem Christoph die Bitte erfüllt hatte, wiegte der
Mann seinen Kopf. »Nein. Auch diese Namen sagen mir nichts. Wer soll das sein?
Und in welchem Zusammenhang stehen diese Namen mit meiner Person?«
    Langsam verstand Christoph Schöppes Gesprächstaktik.
Er ging nicht auf Schöppes Einwand ein.
    »Ein schönes Schiff haben Sie.«
    Die Antwort bestand im legeren Anheben der rechten
Hand.
    »Ich schätze, Sie haben eine Segelfläche von
mindestens achtzig Quadratmetern.«
    »Sie haben ein gutes Auge. Genau sind es
siebenundachtzig. Verstehen Sie etwas vom Segeln?«
    Wieder eine Frage. Dabei musterte er Christoph
eindringlich, als würde er ihn taxieren, um herauszufinden, ob ein Beamter
etwas vom Segeln geschweige denn von Schiffen dieser Größenordnung verstand.
    »Da können Sie als Eigner aber stolz sein. Ich
schätze, unter einhunderttausend Euro bekommen Sie so ein Schmuckstuck nicht.«
    Belustigt lehnte sich Schöppe zurück. Seinem
Gesichtsausdruck konnte Christoph entnehmen, dass der Mann glaubte, ihn
entlarvt zu haben.

Weitere Kostenlose Bücher