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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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der mitten in der Durchfahrt der Hafenhäuser zu
den unteren Räumen führte.
    Der junge Mann robbte zur Hauswand, lehnte sich gegen
die Mauer und wühlte sein Handy aus der Jackentasche. Dann rief er über Notruf
die Polizei an.

SECHS
    Nach dem herrlichen
Spätsommertag am Vortag war der Himmel heute grau verhangen, und ein leichter
Nieselregen hing über der Stadt. Er war von jener unangenehmen Art, bei der man
unschlüssig ist, ob man den Schirm aufspannen oder ungehütet durch die Nässe
laufen soll. Offenbar saß Petrus auf irgendeiner Wolke und spielte mit einem
feinen Zerstäuber »Nordfriesland benetzen«. Der Junge war doch mal Fischer
gewesen, überlegte Christoph. Warum geht er nicht besser zum Angeln, wenn er
sich zu dieser frühen Stunde langweilt. Glücklicherweise hatte der Regen die
Laune von Anna Bergmann zumindest nicht getrübt. So hatte es Christoph in der
vergangenen Nacht empfunden. Sollte es ruhig regnen, wenn Anna nur die Stimmung
beibehalten würde, mit der sie ihn gestern empfangen hatte.
    Christoph hatte zu
Hause müde vor seinem Teebecher gesessen und das Frühstück auf später im Büro
verschoben, als ihn der Anruf von Polizeirat Christiansen erreichte. Um acht
Uhr war eine Lagebesprechung der Führungsgruppe der Polizeiinspektion bei
Grothe angesetzt. Als Christoph das Büro des Polizeidirektors betrat, waren die
meisten anderen Mitglieder des Stabes schon anwesend.
    In gewohnter Weise
verzichtete der Chef auf eine Begrüßung. Er zog noch einmal an seiner Zigarre,
bevor er auf den erneuten Übergriff des »Schubsers« zu sprechen kam.
    »Unsere Ermittlungen
haben bisher keine Erfolge erzielen können. Die Bevölkerung ist verunsichert.
Das können wir nicht länger dulden. Wie ist der Stand der Dinge?« Dabei sah er
Christoph fragend an.
    »Wir haben bisher
keine einzige verwertbare Spur. Es gibt nur die einander widersprechenden
Zeugenaussagen der Opfer. Mit einer Ausnahme hat es auch nie einen Dritten
gegeben, der die Überfälle beobachtet hat. Und die Fingerabdrücke, die wir auf
den Einkaufstaschen von Frau Rieke Christensen feststellen konnten, das ist die
Frau, die auf dem Friedhof niedergeschlagen wurde, haben zu keinem Ergebnis
geführt. Der Täter steht nicht in unserer Datei.«
    Grothe zeigte mit
seiner Zigarre auf Polizeirat Christiansen, den Leiter des Husumer Reviers.
    »Wir haben sofort
nach der Alarmierung die Gegend um die Tatorte mit allen zur Verfügung
stehenden Beamten abgesucht, aber in keinem Fall etwas Verdächtiges entdecken
können. Alle Kolleginnen und Kollegen sind angewiesen, auf besondere
Vorkommnisse zu achten und ihr Augenmerk auf Personen zu richten, in denen wir
den ›Schubser‹ vermuten könnten. Verschärfte Personenkontrollen haben in
Einzelfällen zu Unmutsäußerungen geführt, wenn wir aber erklärt haben, weshalb
wir restriktiver vorgehen, sind wir überwiegend auf Verständnis gestoßen.«
    »Wir sind mit unseren
Kapazitäten ebenfalls eingebunden«, mischte sich Polizeirat Behr ein. Er war
der Leiter des Polizeibezirksreviers, das für die Verkehrsüberwachung, den
Umweltschutz, insbesondere aber für zivile Streifenkommandos und die allgemeine
Unterstützung der anderen Polizeidienststellen zuständig war.
    »Ich möchte, dass
die Streifen verstärkt werden. Wir müssen alles Erdenkliche unternehmen, um die
Sicherheit in diesem Punkt wieder herzustellen.«
    Die beiden Polizeiräte
mit ihrem goldenen Stern auf den Schulterklappen sahen sich an. Es hatte den
Anschein, als wollte Christiansen etwas erwidern. Dann schwieg er aber doch.
Jeder wusste, dass man sich den Worten Grothes nicht widersetzt.
    »Ich möchte in
diesem besonderen Punkt jeden Morgen einen aktuellen Sachstandsbericht«,
schloss der Polizeidirektor das Treffen ab. Dann griff er zu einem Aktendeckel,
der auf der Arbeitsfläche seines Schreibtisches lag, und blätterte darin. Allen
Anwesenden war klar, dass die Besprechung damit abgeschlossen war.
    Im Büro traf
Christoph Mommsen an. Große Jäger war noch nicht erschienen.
    »Ich fahre jetzt
nach Apenrade und treffe mich mit unserem dänischen Kollegen. Wir wollen
Anneliese Schmidt besuchen.«
    Die Bundesstraße 200
ließ sich gut befahren. Der Berufsverkehr stellte kein Problem dar, und auch
der gewerbliche Verkehr hielt sich in Grenzen, sodass er zügig vorankam. In
Flensburg bog er auf die Autobahn und überquerte nach kurzer Zeit die ehemalige
Grenzanlage Ellund, die einen verlassenen, fast heruntergekommenen

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