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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Räume waren
klein, aber hell. Dazu trugen nicht nur die weißen Wände, sondern auch die fast
weißen Dielenbretter bei. Sie wurden in ein schmales Wohnzimmer geführt, das in
einem typisch skandinavischen Stil eingerichtet war. Die Möbel waren aus hellem
Holz, dazu passend eine kleine Zweiercouch mit buntem Bezug. Ein kleiner
Esstisch mit ovaler, kunststoffbeschichteter Platte und Stahlrohrgestell sowie
die dazugehörigen Stühle standen im Raum. Es fehlte auch nicht der
Finlux-Fernseher mit der obligatorischen Steuerbox für die Satellitenschüssel.
Selbst der Stuhl aus Peddigrohr am Fenster war vorhanden. Und wie um das
Klischee zu perfektionieren, hingen an den Wänden Drucke von Rosina
Wachtmeister.
    Anneliese Schmidt
war schlank, fast hager. Die Haare waren mittellang und von unbestimmter Farbe.
Vermutlich war die Frau nie der Versuchung erlegen, sie zu tönen. Eine schmale
Nase und die zusammengekniffenen Lippen im blassen Gesicht rundeten das Bild
einer Frau ab, die es gewohnt schien, unauffällig durchs Leben zu gehen.
    »Du kommst wegen
Frank?«, fragte sie den dänischen Polizeiinspektor.
    Der zeigte auf
Christoph. »Ist es möglich, dass du mit meine Kollegen aus Deutsland sprechen
tust? Er möchte dir ein paar Fragen stellen.«
    Sie sah Christoph
an. »Sie sind von der deutschen Polizei?«
    »Ja. Ich komme von
der Kripo Husum. Sie müssen nicht erschrecken. Ich möchte nur ein paar
Auskünfte von Ihnen.«
    Sie sah Christoph
aus dunklen Augen an, die sich langsam mit Tränen füllten.
    »Erschrocken habe
ich mich schon vor ein paar Tagen, als ich in der ›Nordschleswiger‹ von Franks
Tod gelesen habe.«
    Die beiden
Polizisten wechselten einen raschen Blick.
    »Sie kannten Frank
Reiche?«
    »Ja. Wir waren
miteinander befreundet.«
    Es ist das erste Mal
in diesem Fall, dass sich zwei Menschen, deren Telefonnummern auf dem
geheimnisvollen Zettel notiert waren, kannten, dachte Christoph.
    »Woher kannten Sie
Frank Reiche?«
    »Ich habe ihn über
eine Bekanntschaftsanzeige in der Zeitung kennen gelernt.« Sie legte die
gefalteten Hände auf die Oberschenkel ihrer Jeans. »Ich habe die Annonce
aufgegeben, weil ich glaubte, über diesen Weg vielleicht doch noch einmal die
Bekanntschaft eines Mannes zu machen.« Es klang fast wie eine Entschuldigung.
    »Und da hat sich
Frank Reiche gemeldet?«
    »Nicht nur er. Auch
einige andere. Die meisten aber waren nur an dem einen interessiert. Sie wissen
schon«, wich sie aus. »Bei Frank hatte ich vom ersten Augenblick den Eindruck,
dass er es ernst meinte. Er war auch allein. Nach seiner Scheidung.«
    »Aus dieser
Begegnung ist eine Freundschaft geworden?«
    Sie überlegte einen
Moment. Etwas zögerlich kam die Antwort. »Ja, so könnte man sagen. In unserem
Alter ist es nicht einfach, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen. Obwohl
ich fast zehn Jahre jünger bin als Frank.«
    Dann musste sie Ende
dreißig sein, überlegte Christoph. Sie war schwer einzuschätzen. Irgendwie
schien sie alterslos zu sein.
    »Wann haben Sie
Frank Reiche das letzte Mal gesehen?«
    Sie überlegte nicht lange. »Heute ist Mittwoch. Dann war das vor zweieinhalb Wochen. Da hatte ich
am Sonnabend frei. Ich arbeite bei Føtex.«
    »Das ist ein
Warenhaus«, schob Bjarne zwischendurch erklärend ein.
    Anneliese Schmidt
nickte zustimmend. »Richtig. Ich habe jedes zweite Wochenende Dienst. Und immer
wenn ich frei hatte, haben wir uns getroffen.«
    »Wo haben Sie sich
getroffen? In Leck oder hier?«
    »Frank ist immer zu
mir gekommen.«
    »Wissen Sie von
Problemen, die Frank Reiche hatte?«
    Sie senkte den Blick
und knetete dabei ihre Finger, dass die Gelenke knackten. Nach einer ganzen
Weile sah sie wieder auf, schaute dabei aber nicht die beiden Polizisten an,
sondern fixierte einen Punkt hinter den beiden Beamten an der Wand.
    »Ja, ich weiß, dass
es ihm nicht gut ging. Die Geschäfte liefen schlecht, und sein
Handelsvertretervertrag war ihm gekündigt worden.«
    »Hat er mit Ihnen
über diese Probleme ausführlich gesprochen?«
    Hastig, viel zu
schnell, kam die Antwort. »Nein! Über Geld haben wir nie gesprochen. Ich
glaube, er hat sich geschämt, dass er wirtschaftlich ins Trudeln gekommen war.«
    »Kennen Sie seinen
Bekanntenkreis?«
    »Er hatte so gut wie
keine Freunde. Es waren nur lose Kontakte, die aber in der letzten Zeit auch
eingeschlafen waren.«
    »Dann waren Sie
seine einzige Bezugsperson?«
    Jetzt sah sie
Christoph mit großen traurigen Augen an.
    »Ja!« Sie holte tief
Luft.

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