Mordlicht
noch
nicht gekommen waren. Und wenn die beiden sich immer nur in Apenrade getroffen
haben, wäre es uns ohne ihr Bekenntnis auch schwer gefallen, diese Verbindung
aufzudecken.«
Durch die geschlossenen Fenster hörten sie die auf-
und abschwellenden Töne mehrerer Martinshörner.
»Mensch, da ist aber wieder der Teufel los«, stellte
Große Jäger fest.
In diesem Moment meldete sich Mommsens Handy. Der
junge Kommissar hörte eine Weile schweigend zu und schloss das Gespräch mit den
Worten: »Wir kommen sofort.«
Die beiden anderen sahen ihn interessiert an.
»Das war Thomas Friedrichsen. Sie haben einen Einsatz
in der Adolf-Brütt-Straße. Da steht jemand auf dem Dach und droht
hinunterzuspringen.«
»Großer Gott«, entfuhr es dem Oberkommissar, während
Christoph ahnte, um wen es sich handeln könnte.
»Fabian Auhagen.«
»Richtig«, bestätigte Mommsen.
Während dieses kurzen Dialoges waren die drei
aufgesprungen, hatten sich ihre Jacken gegriffen und waren zur Tür geeilt. Nach
einer kurzen Kollision, weil Große Jäger in seiner ungestümen Art versuchte,
Mommsen im Türrahmen zu überholen, eilten sie auf den Hof hinter dem
Polizeigebäude. Für den Oberkommissar war es keine Frage, dass in solcher
Situation nur er der richtige Fahrer des Einsatzwagens sein konnte. Der
Ford-Kombi rollte schon, als Christoph die Tür noch gar nicht richtig
geschlossen hatte. Bei Große Jägers Fahrweise war es schwierig, das Blaulicht
auf dem Wagendach zu platzieren.
Sie umfuhren den Binnenhafen über die Gaswerkstraße,
überquerten die Klappbrücke, folgten der Deichstraße, drängten mit ihrem
Blaulicht den Verkehr in der Nordbahnhofstraße an den Rand und sorgten in der
Neustadt für neugierige Blicke, die dem zivilen Fahrzeug mit dem Blaulicht
folgten.
Die Kreuzung Marktstraße und Schobüller Straße war
mit Einsatzfahrzeugen voll gestellt. Freiwillige Feuerwehr, Rettungswagen und
zwei Streifenwagen blockierten die für den innerstädtischen Verkehr so wichtige
Adolf-Brütt-Straße. Ein Streifenpolizist kam ihnen entgegen und wies mit ausgestrecktem
Arm auf das Dach des vorderen Hochhauses. Vor dem bleiernen Grau der
landeinwärts jagenden Wolken war schemenhaft eine Gestalt zu sehen. Durch den
niederprasselnden Regen war sie aber nicht eindeutig zu identifizieren.
»Thomas und Pepe sind auf dem Dach«, rief ihnen der
uniformierte Kollege zu.
Im Hausflur stießen sie auf einen Feuerwehrmann, der
ihnen in den Weg trat. »Da können Sie jetzt nicht rein.«
»Wir sind von der Kripo«, antwortete Große Jäger und
schob den Mann sanft beiseite.
»Ach so«, hörten sie im Vorbeilaufen, »ich wollte nur
Neugierige abhalten.«
Es dauerte ewig, bis der enge Fahrstuhl in die oberste
Etage gerumpelt war. Auf dem Treppenabsatz stand der nächste Feuerwehrmann
neben einem älteren Mann in Arbeitskleidung. »Dorthin«, zeigte der Blaurock auf
eine weiter nach oben führende Treppe. Noch bevor sie den Dachausstieg
erreichten, blies ihnen der hier oben noch heftigere Wind entgegen. Er verfing
sich an den Ecken der Dachaufbauten und gab ein Konzert von wechselnden,
schrill klingenden Pfeiftönen. Vor der auf das Dach führenden Feuerschutztür
standen drei Feuerwehrmänner und zwei Polizisten. Einer von ihnen war Thomas
Friedrichsen. Als er die drei Kripobeamten erkannte, löste er sich von der
kleinen Gruppe und kam auf Christoph zu.
»Hallo, Thomas«, grüßte Mommsen, während Christoph nur
kurz die Hand gehoben hatte.
»Ein Hausbewohner bemerkte, dass die Tür zum Dach
offen stand. Das kommt anscheinend öfter vor. Jugendliche machen sich daraus
einen gefährlichen Spaß. Der Mieter wollte die Tür schließen und sah jemanden,
der ziemlich nahe am Rand stand. Er alarmierte erst den Hausmeister …«
»Ist das der ältere Mann in Arbeitskleidung?«, fragte
Christoph gegen den Wind.
Friedrichsen nickte. »Ja. Der hat sofort uns
angerufen. Von der Zentrale ist der Notruf an Feuerwehr und Rettungsdienst
weitergeleitet worden. Der Hausmeister hat den Mann identifiziert. Er wohnt
hier. Sein Name ist …«
»Fabian Auhagen«, warf Große Jäger ein.
»Ihr kennt ihn?«, wollte Friedrichsen wissen.
Christoph nickte. »Es gibt möglicherweise Verbindungen
zum Mord am Palmengarten. Habt ihr schon mit ihm gesprochen?«
Das Gespräch auf dem Dach gestaltete sich schwierig.
Der Wind riss ihnen die Wortfetzen förmlich vom Mund.
»Wir trauen uns nicht näher heran. Ich habe es vorhin
mit dem Zugführer der Feuerwehr
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