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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Schule in
einer der ersten Lektionen vermittelt, dass er sich von den Ereignissen und
beteiligten Personen distanzieren soll, keine persönlichen Beziehungen
aufkommen oder Emotionen zulassen darf. Das klingt aus dem Munde eines Dozenten
logisch. Und machbar. Doch auch Polizeibeamte sind Menschen, die eine Seele und
ein Gefühlsleben haben.
    Christoph erinnerte sich an den Vortrag des Leiters
einer Sonderkommission, die mit der Aufklärung des Doppelmordes an einem
Geschwisterpaar bei Aachen betraut war. Bruder und Schwester waren aus niederen
sexuellen Beweggründen brutal getötet worden. Der erfahrene Beamte hatte
wörtlich gesagt, dass seine Mitarbeiter »völlig platt« vom Einsatz
zurückgekommen seien. Schließlich waren selbst die abgebrühtesten Ermittler
auch Mütter und Väter.
    Und ich hatte kurzfristig die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, dass Auhagen der »Schubser« sein könnte, überlegte Christoph.
Er schob das Blatt, auf dem er sich Stichworte fürs Protokoll notieren wollte,
zur Seite.
    »Was hat er damit gemeint?«, fragte er laut.
    Große Jäger sah zu ihm herüber, und auch Mommsen
unterbrach seine Arbeit am Computer. Es verging eine Weile, bis der
Oberkommissar leise fragte: »Wer hat was gemeint?«
    Christoph sah seinen Kollegen an.
    »Auhagen. Oben auf dem Dach. Er hat gesagt, lieber
würde er vom Dach springen, als denen in die Hände zu fallen. Ein
Selbstmord wäre besser. Wenn die ihn erwischt hätten, dann … Er sagte so
etwas wie: gnade dir Gott.«
    »Hmmh. Das klingt, als hätte er vor irgendjemandem
fürchterliche Angst gehabt.«
    »Ähnliches haben wir doch auch bei den anderen
Beteiligten erlebt. Ivo Dugovic aus Heide ist in panischem Entsetzen geflüchtet,
berichtete uns der Nachbar. Sein griechischer Kollege Mitrolitis hatte weniger
Glück. Er sah reichlich lädiert aus, als wir ihn aufsuchten. Der muss denen in
die Hände gefallen sein«, sagte Christoph.
    »Außerdem scheint es, als hätte er Teile seines
Besitzes übereilt zu Geld gemacht, wenn ich an den hastigen Verkauf seines
Autos denke, das er doch als Zugmaschine für seinen Imbisswagen benötigte«,
mischte sich Mommsen ein und sah dabei Hilke Hauck an, die, mit einem
Kaffeebecher in der Hand, still dem Gespräch der drei Beamten folgte.
    Große Jäger legte die Stirn in Falten. »Könnte es
sein, dass die Leute erpresst wurden?«
    »Das ist eine Möglichkeit, die man in die Überlegungen
mit einbeziehen sollte. Stellt sich die Frage, warum so verschiedene Menschen
wie Reiche, Auhagen oder die beiden aus Heide erpresst werden. Gemeinsam ist
allen, dass sie nicht über Reichtümer verfügten. Warum also sollten sie unter
Druck gesetzt werden? Und was kann der Täter von ihnen gewollt haben? Geld wird
es kaum gewesen sein«, stellte Christoph fest.
    »Vielleicht doch politische Motive?«, mutmaßte Große
Jäger.
    Hilke Hauck zog die Stirn kraus. »Glaubst du wirklich
an ein Agentenspektakel in unseren Breitengraden?«
    Große Jäger kniff die Augen zu einem Spalt zusammen
und musterte die neue Kollegin. Dann presste er halblaut zwischen den fast
geschlossenen Zähnen hervor: »Weißt du, Christoph, dass ich jetzt verstehe,
warum Männern, die ihre Frau umbringen, häufig mildernde Umstände zugesprochen
werden? Was hat Gott sich nur gedacht, als er die Frau erschuf? Sonst ist ihm
doch alles gelungen. Nur die Rippe, die er Adam entnahm, die hat er total
verhunzt.«
    Doch Hilke ließ sich nicht erschüttern. »Deinen
Worten, lieber Wilderich, ist deutlich zu entnehmen, dass dir ein X-Chromosom
fehlt. Du bist der lebendige Beweis dafür, dass auf diesem wichtige Gaben
gespeichert sind, die dir zwangsläufig fehlen.«
    Christoph ging auf das kleine Scharmützel nicht ein.
    »Kann ich mir kaum vorstellen, dass hinter den beiden
Morden und den anderen Gewalttaten politische Motive stecken. Wir haben uns
zwar nur oberflächlich mit der Vita der Leute beschäftigt, aber weder Reiche
noch Auhagen machten auf mich den Eindruck, als wären sie politisch engagiert. Gut,
von den beiden Ausländern wissen wir zu wenig. Aber trotzdem … Vielleicht
stecken auch ganz banale kriminelle Motive dahinter. Wir wissen von den beiden
Unbekannten, dass die skrupellos und ohne ihre Spuren zu verbergen ihre
Verbrechen quer über den Kontinent begehen. Und einer von ihnen scheint ein
jähes Ende gefunden zu haben, weil Reiche ihn erschlug. Dafür musste der
sterben. Rache. So könnte es gewesen sein, da die Spuren am Palmengarten auf
den zweiten

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