Mordlicht
Verbindung mit drei
Mark siebzig pro Minute.«
»Du meinst Euro.«
Große Jäger zog die
Augenbrauen hoch. »Ich sagte Deutsche Mark. Jedenfalls habe ich mir zehn
Minuten den Quark angehört. Viel Musik. Bitte haben Sie ein wenig Geduld. Dann
klärt dich ein endlos leierndes Band auf, wie du ein sorgenfreies Leben führen
kannst. Absoluter Mist. Wirkliche Informationen kommen dabei nicht rüber. Ich
habe aufgelegt, nachdem ich um fast vierzig Mark ärmer war. Aber das ist noch
nicht alles.«
»Das reicht doch
schon.«
»Eben nicht. Man
kann sich gegen eine kleine Schutzgebühr – die Höhe wird nicht genannt –
Antragsunterlagen für einen Sofortkredit anfordern. Und jetzt wird es ganz
spannend: Dahinter steckt Nordic Financial Consulting aus Schleswig.«
Christoph und
Mommsen wechselten einen Blick.
»Es ist hinterher
immer einfach zu behaupten, man hätte ein seltsames Gefühl im Bauch gehabt.
Aber irgendwie kam mir das Unternehmen eigenartig vor.«
Mommsen stimmte
Christoph zu. »Ich hätte auch nicht sagen können, warum, teile aber deine
Meinung.«
»Wir haben derzeit
keine Möglichkeit, hinter die Kulissen zu blicken. Trotzdem würde mich
interessieren, wer hinter dieser Finanzberatung steckt«, sagte Christoph.
»Vom Liechtensteiner
Treuhänder erfahren wir nichts. Vordergründig ist alles legal«, antwortete
Große Jäger. »Ich glaube, ein Gespräch mit der Geschäftsführerin wäre
spannend.«
»Die hält sich aber,
wie uns Schöppe erklärte, unter südlicher Sonne auf und ist angeblich nicht
erreichbar.«
»Und wenn wir das
Personal noch einmal in die Zange nehmen? Oder Manfred Schöppe?«
»Der leugnet, etwas
mit dem Betrieb zu tun zu haben. Wir können ihm das Gegenteil auch nicht
nachweisen«, antwortete Christoph. »Er hat in Hamburg etwas Ähnliches
betrieben, bis er damit Insolvenz anmelden musste. Aus dieser Zeit laufen auch
noch die Ermittlungen wegen Betrugs gegen ihn. Aber ein weiterer Besuch in
Schleswig wäre sicher nicht verkehrt. Deine Unterlagen, Wilderich, würde ich
ganz unverbindlich den Kollegen vom K3 – Wirtschaftskriminalität – zukommen
lassen. Vielleicht finden die ein Haar in der Suppe.«
»Schon geschehen«,
knurrte der Oberkommissar. »Für wen hältst du mich? Dafür fahre ich dieses Mal
mit nach Schleswig«, beschloss er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch
duldete, und stand auf.
*
Der Ford-Kombi schnurrte ohne Probleme über die
Landstraße. Dank seiner robusten Bauart schien es nichts auszumachen, dass
Große Jäger fuhr. An dessen ständiges Fluchen über andere Verkehrsteilnehmer
hatte Christoph sich gewöhnt. Heute schien der Oberkommissar aber
unkonzentriert. Ständig bewegte er das Lenkrad, sodass das Auto nicht die Spur
hielt, sondern in eine leichte Pendelbewegung versetzt wurde.
»Ist etwas mit dem Wagen?«, fragte Christoph.
»Nee! Sollte es?«
»Weil du nicht geradeaus fährst.«
»Das liegt daran, dass ich die Hälfte meiner
Aufmerksamkeit einem Opel widme, der uns seit Husum verfolgt.«
Christoph klappte die Sonnenblende herunter und
bemerkte im kleinen Spiegel das Fahrzeug, dass in angemessenen Anstand hinter
ihnen herfuhr.
»Ich beschleunige jetzt«, kündigte Große Jäger an. Die
Tachonadel zeigte hundertzwanzig. Der Abstand vergrößerte sich ein wenig, doch
auch der Opel hatte das Tempo erhöht. Er näherte sich ihnen, als Große Jäger
trotz freier Strecke auf achtzig reduzierte. Der Verfolger passte sich der
neuen Geschwindigkeit an.
»Jetzt möchte ich es wissen«, verkündete Große Jäger.
Im nächsten Ort, Treia, bremste er den Dienstwagen auf unter dreißig Stundenkilometer
ab, sodass dem Opel, wollte er nicht auffallen, nichts anders übrig blieb, als
sich direkt an ihre Stoßstange zu hängen.
Mitten im Ort blinkte der Opel links und bog in eine
Seitenstraße ab.
»Manchmal sieht man Gespenster, wo keine sind«, schalt
sich Große Jäger selbst
»Besser so, als unaufmerksam durchs Leben zu gehen«,
versuchte ihn Christoph zu trösten, nachdem beide festgestellt hatten, dass
sich der Verfolger als Mutter mit zwei lebhaften kleinen Kindern auf dem
Rücksitz entpuppt hatte.
»Wir sollten zuvor noch einmal Manfred Schöppe einen
Besuch abstatten«, schlug Christoph vor und leitete Große Jäger zum
Wikingerturm. Der Hausmeister, der bei ihrem ersten Besuch so eifrig gefegt
hatte, blieb unsichtbar. Auch ihr Läuten blieb erfolglos. Christoph versuchte
es in der Marina. Die »Sabine II« schaukelte sanft in der
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