Mordlicht
schwachen Dünung.
Alles war verschlossen. Von Manfred Schöppe war nichts zu sehen.
»Der hat sich aus dem Staub gemacht und besucht seine
Freundin in der Südsee«, mutmaßte Große Jäger.
»Das wäre nicht klug, denn er würde damit gegen
Auflagen verstoßen. Das Gericht hat angeordnet, dass er während der
Ermittlungen in Sachen Betrugsverdacht das Land nicht verlassen darf.«
»Na schön, dann leite mich mal zum Büro auf dem Holm.
Ich bin gespannt, was die Herrschaften mit meinen Telefongroschen gemacht
haben.«
Sie fanden einen Parkplatz direkt vor dem Gebäude am
Kirchplatz. Auf ihr Klingeln öffnete die junge Frau, die sie bereits bei
ihrem ersten Besuch empfangen hatte. Sie erkannte Christoph wieder und sah ihn
an, dabei munter weiter ihr Kaugummi bearbeitend.
»Wir möchten gern mit Herrn Schöppe oder Frau
Bruck-Hersanger sprechen«, bat Christoph, nachdem die Angestellte kein Wort von
sich gegeben hatte.
»Die sind nicht da«, erwiderte sie.
»Dürfen wir trotzdem hereinkommen?«
Sie drehte sich um und führte die beiden
Polizeibeamten in ein Büro. Es waren wieder die beiden Angestellten anwesend,
die Christoph schon kannte. Der junge Mann telefonierte, während Frau Richter,
als sie den Besuch bemerkte, sich von ihrem Platz erhob und ihnen entgegenkam.
Ohne ein Wort der Begrüßung sagte sie: »Wir sollten uns dort hineinsetzen.«
Dann führte sie die beiden in den Besprechungsraum.
»Unsere Geschäftsführerin ist verreist. Das habe ich
Ihnen schon neulich gesagt«, fuhr sie Christoph in einem scharfen Ton an.
»Langsam, junge Frau«, mischte sich Große Jäger ein.
»Erstens endet jede noch so lange Reise. Zweitens gibt es Behörden, die
neugierig sind. Dazu gehört das Finanzamt. Und wir. Also, noch einmal in aller
Ruhe: Wir möchten mit Frau Bruck-Dingsbums sprechen.«
Der Oberkommissar hatte die forsch auftretende Frau
aus dem Konzept gebracht.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, wann Frau Bruck-Hersanger
zurück sein wird.«
»In jedem normalen Betrieb weiß man, wann die
Angestellten aus dem Urlaub zurückkehren.«
»Aber nicht hier.«
»Also ist das kein normaler Laden?«
»Was wollen Sie damit sagen? Wollen Sie uns etwas
unterstellen?«
Große Jäger beugte sich vor und legte seine Hände auf
die Platte des wuchtigen Tisches.
»Wer hat hier das Sagen, wenn sich Ihre Chefin die
Sonne auf den Bauch scheinen lässt?«
»Ich trage die Verantwortung für das Tagesgeschäft.«
»Mich interessieren Ihre Geschäfte. Die Endlosansage
Ihrer 0190er-Nummer, Ihre Sofort-Kredite, die auf die Polizei mehr als dubios
wirken. Soso. Sie sind das also.«
Die Frau wechselte abrupt die Gesichtsfarbe. Erst
wurde sie rot, dann blass.
»Ich bin hier nur für den Ablauf des Alltagsgeschäfts
zuständig«, stammelte sie. »Mit konzeptionellen Dingen habe ich nichts zu tun.«
»Wer denn?«
»Unsere Geschäftsführerin«, wich die Frau aus.
»Und wer erteilt die Kreditzusagen?«
»Auch damit habe ich nichts zu tun.«
»Also vergibt Ihr Unternehmen im Augenblick gar keine
Kredite, obwohl Sie sie sofort versprochen haben. Alle Interessenten
müssen demnach warten, bis Frau Doppelname wieder im Lande ist. Da belügen Sie
ja Ihre Interessenten. Das nennt man falschen Wettbewerb.«
Christoph wurde es siedend heiß. Große Jäger, das war
seiner Argumentation zu entnehmen, verstand von dieser Thematik noch weniger
als die Frau. Trotzdem probierte er es auf seine Weise, indem er forsch
vorpreschte und die Angestellte einzuschüchtern versuchte. Auch diesmal schien
er damit Erfolg zu haben.
»Ich erledige nur Anfragen und organisiere die
allgemeine Verwaltung«, gab Frau Richter kleinlaut zu. »Alles andere wird nicht
in diesem Büro bearbeitet.«
»Sondern?«, fragte Große Jäger mit donnernder Stimme.
»Die Vorgänge werden abgeholt. Damit entziehen sie
sich meinem Gesichtskreis.«
»Und wer holt sie ab?«
Die Frau sah ängstlich von Große Jäger zu Christoph
und wieder zurück. »Herr Schöppe«, gab sie schließlich kleinlaut zu.
»Also steckt der hinter diesem Laden?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass er
offiziell nichts mit uns zu tun hat.«
»Womit beschäftigen Sie sich sonst noch in diesem
Unternehmen?«, mischte sich nun Christoph ein.
Ein fast dankbarer Blick Frau Richters streifte ihn.
Sie schien sichtlich froh zu sein, dass der ungehobelte und unrasierte
Polizeibeamte von ihr abließ.
»Wir führen Vermögensberatungen und Verwaltungen
durch. Wenn Sie eine optimale
Weitere Kostenlose Bücher