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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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wenn die Dampfbahn fährt.«
    Häberle überlegte, wie er seine letzte Frage loswerden konnte, ohne Glockinger zu verärgern. »Da ist noch etwas«, begann er vorsichtig, »aber dafür gibt es sicher eine Erklärung.« Er überlegte. »Sie wollten Ihren Besuch vom Samstag geheim halten.«
    Wieder entstand eine Pause, während der nur der schwere Atem des Unternehmers durch die Leitung drang.
    »Geheim halten?« echote er schließlich. »Wie kommen Sie denn da drauf?«
    »Es war Ihnen offenbar peinlich, dass Sie gesehen wurden.«
    »Ach«, Glockinger schien zu begreifen, »Sie meinen die alte Dame im Zug, dieses geschwätzige Weib. Muss ich denn jedem Tratschweib an die Nase binden, dass ich tags zuvor schon in Waldhausen war? Hätte ich das tun sollen?« Er wurde lauter.
    »Nein, natürlich nicht«, entgegnete Häberle, »war ja nur so eine Frage.« Er wollte das Gespräch beenden, doch Glockinger kam ihm zuvor: »Eine Bitte noch. Falls Sie noch weitere Fragen haben, rufen Sie mich bitte wieder auf Handy an. Wegen meiner Frau. Sie würde sich beunruhigen, wenn Anrufe von der Polizei kämen.«
    Der Kommissar kniff die Augen zusammen und lehnte sich zurück. »Hätte sie denn Grund zur Unruhe?« fragte er keck.
    »Natürlich nicht. Aber es gibt Dinge, die hält man von den Frauen am besten fern.«
     

25
    Klaus Hellbeiner passte zu seiner Umgebung. Er muss dort hineingewachsen sein, dachte Häberle, als er zusammen mit Linkohr das Büro dieses Finanzbeamten betrat. Die Luft war trocken, es roch förmlich nach Akten und Staub. Sie fühlten sich, als seien sie ins Zentrum des Bürokratismus geraten, mitten hinein ins Allerheiligste, wo das Denken nur in Vordrucken stattfindet. Häberle spürte, wie sich ihm beim Anblick dieser schwarzgrünen Formulare die Nackenhaare sträubten. Wann immer er so etwas in den Händen hielt, was Gott sei Dank nur einmal im Jahr der Fall sein musste, verfluchte er jene Schwachköpfe, die solche Vordrucke erfunden hatten. Jedenfalls fand er nie die richtige Spalte für das, was er dem Finanzamt melden wollte.
    Er war es von Berufs wegen gewohnt, die Chefetagen aller Firmen zu besuchen. Doch er vermied es so gut es ging, das Finanzamt zu betreten. Nicht, dass er etwas gegen den Staat oder das Beamtentum gehabt hätte, schließlich gehörte er selbst auch zu dieser Berufsgruppe. Nein, was ihn so maßlos aufregte, waren die Steuergesetze, die ihm so kompliziert erschienen, dass er bereits wieder Methode dahinter vermutete. Als Kriminalist hatte er gelernt, hinter allem einen Trick zu suchen – und im Falle der Steuergesetzgebung wurde er den Verdacht nicht los, dass sie gewollt kompliziert war, um den Normalbürger abzuschrecken und den ganz Großen noch genügend legale und halblegale Schlupflöcher zu lassen. Außerdem wurden auf diese Weise ganze Heerscharen von Steuerrechtlern und Steuerberatern ins Brot gesetzt, die fürstlich daran verdienten, Bürger zu beraten, die ihr ohnehin schon mehrfach versteuertes Geld vor dem weiteren Zugriff des Staates in Sicherheit bringen wollten. Manchmal fragte sich Häberle, wo der kriminelle Betrug anfing und die staatlich gewollte Trickserei aufhörte. Der Übergang war sicher fließend.
    Hellbeiner saß zusammengesunken auf seinem abgewetzten Bürosessel, vor sich mehrere aufgeschlagene Aktenordner, seitlich des Bildschirms, auf dem offenbar eine spezielle Software für endlose Zahlenreihen sorgte. Zwischen dem vielen Papier behauptete sich eine leer getrunkene Kaffeetasse. Sämtliche Wände waren mit Aktenregalen verstellt. Trotz des Miefs, den Häberle zu riechen glaubte, wirkte der Raum erstaunlich hell, weil die Fensterfront das Tageslicht einfing. Falls Hellbeiner überhaupt mal den Blick von seinen Formularen hob, sah er die Giebel einiger Altstadt-Häuser und dahinter die Kante der Schwäbischen Alb aufragen, hier von der Burgruine Helfenstein und dem mittelalterlichen Ödenturm gekrönt.
    Häberle hatte geklopft und war dann mit Linkohr eingetreten. Der Finanzbeamte hatte nur ganz kurz den Kopf gehoben und etwas gemurmelt, sich dann aber wieder in seine Papiere vertieft. Häberle grinste in sich hinein. Vielleicht hätten sie jetzt eine demütige Haltung einnehmen sollen, dachte er, während Linkohr die Tür leise schloss.
    Endlich schob Hellbeiner, dessen letzte Haare einen Kranz um den Hinterkopf formten, seine Akten beiseite. »Ja, bitte?« fragte er mit gewissem Unwillen in der Stimme. Häberle stellte sich und Linkohr vor und

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