Mordloch
ein Techtelmechtel gibt – soll zufällig mal ein Bauer beobachtet haben, drüben an den Windkrafträdern.« Er machte wieder eine Pause, als sei er sich noch immer nicht schlüssig, ob er es sagen sollte.
Dann aber, als Häberle erneut nickte, sprach er es aus: »Mit diesem WMF-Manager. Sie wurden gesehen – abends mal im Wagen von diesem Westerhoff.«
Die beiden Kriminalisten waren für einen Moment sprachlos. Damit hatten sie nicht gerechnet. Hellbeiner war angesichts dieser Reaktion leicht verunsichert.
»Das ist äußerst interessant«, versuchte ihn Häberle zu beruhigen und zu weiteren Schilderungen zu bewegen, »was wissen Sie über diesen Westerhoff?«
»Ein Zugezogener, der gleich auch noch eine Windkraftanlage gebaut hat. Verdient wohl in der WMF nicht schlecht.« Hellbeiner dachte nach. »Einer von denen, die sich immer mehr unter den Nagel reißen, während man dem Arbeiter vormacht, wie schlecht es dem Unternehmen geht. Man kennt das.« Häberle nickte eifrig. Eine solche Aussage war aus dem Munde eines biederen Finanzbeamten, der einen sicheren Job hatte, geradezu revolutionär. Der Kommissar hätte sich jetzt gerne ausgiebig mit dem Mann unterhalten. Langsam wurde er ihm sympathisch.
»Ich weiß von ihm nur«, machte Hellbeiner weiter, »dass er sich für die Dampfzüge stark macht – diese Museumsbahn. Was er sich davon verspricht, kann ich Ihnen nicht sagen – wahrscheinlich reines Hobby.«
Linkohr hakte nach: »Engagiert er sich im Verein? Oder wie ist dies zu verstehen?«
»Wohl eher ideell«, sagt man, »zusammen mit dem Kru-schke.«
»Kruschke?« wiederholte Häberle.
»Ja, ein Unternehmer aus Gerstetten, genauer gesagt aus Heidenheim – steckt wohl seine ganze Freizeit und vielleicht auch viel Geld in sein Hobby. Er ist Lokführer – fährt meist die Dampflok von Amstetten nach Gerstetten rüber, sonntags, jetzt im Sommer.«
»Unternehmer, sagten Sie«, vergewisserte sich der Kommissar, »welcher Art?«
»Spedition, Transportunternehmen. Sie kennen es sicher – ›Eurotransco‹ heißt es, Sitz in Heidenheim.«
Häberle war mit dem Ergebnis des Gesprächs zufrieden. Er bedankte sich und stand auf, um dem Gesprächspartner die Hand zu schütteln. Linkohr erhob sich ebenfalls und steckte dabei seinen Notizblock ein.
»Noch eine letzte Frage«, sagte Häberle und schaute dem Finanzbeamten fest in die Augen. »Kennen Sie einen Herrn Freudenthaler?«
Hellbeiner ließ für einen kurzen Moment den festen Händedruck locker und erwiderte: »Nein, sagt mir nichts. Nein.«
Als die beiden Kriminalisten bereits die Tür geöffnet hatten, wollte der Finanzbeamte noch etwas loswerden: »Ein Tipp – übersehen Sie die Tempomessanlage nicht. Sie wissen es vielleicht – dieser ›Starenkasten‹, wie man landläufig sagt, spielt bei uns da oben auch noch immer eine Rolle.«
Die beiden Kriminalisten hatten bereits von Karl Wühler davon erfahren. »Jeder verdächtigt jeden«, erklärte Hellbeiner im Flüsterton, »denn die Kamera fehlt bis heute. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, jemand habe sie ins Fundament seines Hauses einbetoniert.«
Häberle lächelte und zuckte mit den Schultern. Dann gingen die Kriminalisten durch den langen schmalen Gang zum Ausgang ins Treppenhaus. Das Gebäude, das einst die Verwaltung eines längst weggezogenen Industriebetriebs namens ›MAG‹ beherbergt hatte, versprühte tatsächlich den spröden Charme eines Beamtenbunkers. Nichts wie raus, dachte sich Häberle.
Den Dienstwagen hatten sie im Parkhaus ›in der MAG‹ abgestellt. Häberle fuhr ihn langsam über die Rampen hinab, während Linkohr gespannt war, ob sich die Ausfahrtsschranke öffnen würde. Bei allem, was er in der Zeitung gelesen hatte, war die Technik, die die Parkhausgesellschaft APCOA hier in der Provinz installiert hatte, nicht von bester Qualität. Immer wieder kam es vor, dass Autofahrer sogar in den Nachtstunden »eingesperrt« blieben und sie sich nur dadurch den Weg freimachen konnten, dass sie zur Werkzeugkiste griffen und behände die Schranke abmontierten. Diesmal aber funktionierte es.
Als der Wagen auf die B 10 rollte, schien die Sonne. Ihre Wärme hatte den Asphalt bereits wieder getrocknet. Häberle schaute auf die Uhr im Armaturenbrett. Es war halb fünf. »Das reicht noch, um den Mayer zu interviewen, bevor er in den Stall muss«, entschied er und bat seinen Kollegen, sich um die Adresse zu kümmern. Linkohr rief bei der Sonderkommission an, als sie gerade am
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