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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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eingerichtetes Wohnzimmer, dessen Möbel durchaus schon 50 Jahre alt sein dürften. Mit denen war Mayer offensichtlich aufgewachsen, schätzte Häberle und ließ sich in ein durchgesessenes Polster sinken. Auch Linkohr staunte, wie leicht das Sofa nachgab. Noch bevor die Kriminalisten eine Frage stellen konnten, tauchte die Bäuerin auf. Sie war schlank und hatte ihre braunen Haare hochgesteckt. Sie wirkte deutlich jünger, als ihr Mann, der sie den Besuchern vorstellte.
    »Darf ich Ihnen was anbieten?« fragte sie höflich, um sogleich anzudeuten, was sie meinte: »Wir haben eigenen Most.«
    Häberle nickte. »Den probier’ ich.« Sein Kollege nickte ebenfalls.
    Die Albbäuerin verschwand, während ihr Mann die Arme verschränkte. »Sie wollen von mir etwas wissen ...?« Er war ein Mann der Tat und wollte sich nicht lange mit Nebensächlichkeiten aufhalten. Wer auf dieser kargen Hochfläche von der Scholle leben musste, hatte keine Zeit zum sinnlosen Schwätzen. Häberle gefiel diese Art – und die Atmosphäre. Die Wand über dem Sofa zierten gerahmte Fotografien, auf denen vermutlich Mayers Vorfahren abgebildet waren, in der Eckschräge war ein großes Kruzifix abgehängt, der Kopf des sterbenden Jesus mit einem kleinen Kranz von »Mäushärle« gekrönt. Häberle kannte diese bläulichen Blumen, die auf den Wachholderheiden wuchsen, nur unter diesem schwäbischen Namen. Sie sollten das Haus vor Blitzschlag bewahren, hatte er sich einmal sagen lassen.
    »Sie werden verstehen, dass wir nach dem Mord an Herrn Flemming die Situation in Waldhausen hier beleuchten müssen«, begann Häberle und besah sich die zerkratzte hölzerne Platte des wuchtigen Couchtisches, »einiges haben wir bereits in Erfahrung gebracht. Sie aber sind, soweit ich das weiß, der Stellvertreter von Ortsvorsteher Wühler und ein echter Waldhauser.«
    Mayer lächelte und seine dunklen Augen strahlten. »Wir Mayers sind ein Ur-Geschlecht hier«, erklärte er, »und leider werden wir Einheimischen von den Zugezogenen langsam überrollt.« Sein Gesicht wurde wieder ernst. »Wir sind ein Bauerndorf – doch die Städter, die hier bauen, wollen das nicht begreifen. Hier stinkt’s halt in Gottes Namen. Das ist seit Jahrhunderten so.«
    »Aber trotzdem kämpfen auch die Einheimischen gegen den Schweinestall von Herrn Wühler?« fragte Häberle. Link-ohr begann wieder mitzuschreiben.
    »Das ist etwas anderes. Und das Groteske daran. Die Zugezogenen befürchten den Gestank – und wir kleinen Bauern haben Angst, dass uns Wühlers Projekt jegliche Möglichkeit verbaut, uns selbst zu erweitern.«
    Häberle hatte davon gehört, ließ sich aber vonMayer noch einmal erklären: »Es gibt Bestimmungen, die pro Hektar oder Quadratkilometer – ich weiß es nicht genau – nur eine bestimmte Menge Großvieh zulassen. Fragen Sie mich aber nicht, ob das auch wieder so ein bürokratischer Schwachsinn aus Brüssel ist, oder ob das unsere ahnungslosen Politiker in Berlin ersonnen haben, was ja völlig wurscht ist, wer den Unsinn verzapft – aber letztlich, wie gesagt, geht’s uns um unsere Existenz.«
    Häberle kam plötzlich eine Idee. »Und wie steht man zu den Windkraftanlagen, von denen Waldhausen langsam umzingelt wird?« Er hatte das Bild vor sich, das ihm vorhin bei der Fahrt auf den Ort zu, geboten wurde.
    Mayer lächelte viel sagend. »Das ist auch eine Art von Geschäftemacherei. Die Grundstücksbesitzer haben für den Bau solcher Anlagen ein paar Quadratmeter langfristig verpachten können. Bringt nicht viel, aber ein paar hundert Euro halt doch«, erklärte er. »Oder sie haben sich an den Anlagen beteiligt. Soll über Abschreibungsmodelle eine interessante Rendite erbringen.«
    »Westerhoff hat aber eine eigene«, brachte Häberle das Gespräch geschickt auf den gewünschten Punkt, als Frau Mayer mit einem Steinkrug Most auftauchte, dicke Gläser aus dem Schrank holte und das goldgelbe Getränk einschenkte.
    »Westerhoff hat genügend Geld, sich so ein Ding allein leisten zu können«, erwiderte der Älbler und meinte süffisant: »Wer genug Geld hat, dem steht die Welt offen – wussten Sie das nicht?«
    Der Kriminalist ging nicht darauf ein, sondern wollte tiefer einsteigen: »Auch für eine – Geliebte?«
    Dieses Stichwort schien Frau Mayer zu irritieren. Sie schaute Häberle an und verschüttete dabei ein paar Tropfen Most.
    Der Bauer grinste. »Sie sind gut informiert.« Die Frau warf ihrem Ehemann einen strafenden Blick zu. Doch der ließ sich

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