MordLust
Vater und richtete anschließend die Waffe gegen sich selbst. Frank Armstrong starb jedoch nicht an der Schussverletzung, Bill schon. Durch die Schießerei kam der ganze entsetzliche Missbrauch ans Tageslicht, und nach dem Prozess wurde Frank in eine
staatliche psychiatrische Klinik gesperrt, wo er zwanzig Jahre später starb.
Sharon Armstrong und ihre Tochter zogen nach Superior, Wisconsin, wo erst die Mutter und dann die Tochter Jobs als Köchinnen auf den Eisenerzschiffen bekamen, die auf den Großen Seen Nordamerikas fuhren. Sharon starb kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Tochter Annabelle lebte unverheiratet und kinderlos bis 1995. Als sie starb, wurde ihr Hab und Gut verkauft, um ihre Kreditkartenschulden zu bezahlen.
»Es waren insgesamt sechs Quilts. Ich war gerade in Deutschland, als Grandma sie entdeckt hat, und hab sie nur wenige Male gesehen, weil ich ständig umhergezogen bin, aber sie waren wunderschön. Als Grandma die Quilts gekauft hat, hat sie außerdem ein Sammelalbum erstanden, mit Zeitungsausschnitten über Frank und Sharon Armstrong und darüber, was aus ihnen geworden ist. Zu Hause hat Grandma die Quilts erst mal eine Weile weggelegt. Sie wollte Gestelle bauen, um sie zu spannen, und sie dann auf einer Kunstmesse verkaufen. Das hat sie häufiger mit alten Quilts gemacht oder auch mit Red-Wing-Keramik. Als sie den ersten von den Armstrong-Quilts spannte, fiel ihr auf, dass die Stiche irgendwie merkwürdig aussahen. Und als sie genauer hinsah, stellte sie fest, dass die Stiche Buchstaben bildeten, und wenn man die entzifferte, kamen Verwünschungen zum Vorschein.«
»Verwünschungen«, sagte Lucas.
»Verwünschungen gegen Frank. Die waren ziemlich heftig. Da standen so Sachen wie: ›Gott verfluche den Mann, der unter diesem Quilt schläft; mögen die Teufel ihm die Eingeweide aus dem Leib reißen und vor seinen Augen verbrennen; mögen sie ihm bis in alle Ewigkeit siedendes Blei in die Ohren gießen …‹ Und so ging das immer weiter, stundenlang. Aber irgendwie waren die Verwünschungen auch poetisch, wenn auch auf hässliche Weise.«
»Hmmm«, brummte Lucas. »Für wie viel hat Ihre Großmutter sie verkauft?«
»Das weiß ich nicht genau. Mom könnte das wissen. Jedenfalls genug, dass sie ihr altes Haus verkaufen und dieses hier kaufen konnte.«
»Und über diese Quilt-Geschichte hatte sie Verbindung zu Connie Bucher?«
»Ja. Es gibt Tausende von Quilt-Gruppen im ganzen Land. Die sind wie Klubs, und viele Frauen gehören zwei Klubs an. Oder sogar drei. Deshalb existieren all diese Verbindungen. Da könnte beispielsweise eine Frau sein, die auf einer Milchfarm in Wisconsin Quilts macht, und sie muss aus irgendeinem Grund nach Los Angeles. Also ruft sie eine Freundin an, und die Freundin ruft wieder eine Freundin an, und bevor die Frau in Wisconsin weiß, wie ihr geschieht, ruft jemand aus Los Angeles an, um ihr zu helfen. Diese Verbindungen sind echt erstaunlich.«
»Das sind aber sicher größtenteils keine Anhängerinnen der Demokratischen Partei?«, fragte Lucas.
»Vermutlich nicht. Warum?«
»Ach nichts. Ihre Großmutter stand also mit Mrs. Bucher in Verbindung. Und es wurde noch eine Frau getötet. Haben Sie deren Namen?«
»Ich hab sogar noch was Besseres. Ich hab einen Zeitungsartikel.«
Lucas wollte sich im Flur, wo Marilyn Coombs gestorben war, nirgendwo hinsetzen, falls es notwendig werden sollte, diesen auf den Kopf zu stellen. Deshalb ging er mit Gabriella Coombs und dem Zeitungsausschnitt in die Küche und machte das Licht an.
»O Gott.« Coombs trat zurück und fasste ihn am Arm.
»Was ist?« Dann sah er die Kakerlaken, die davonkrabbelten, um sich zu verkriechen. Etwa ein halbes Dutzend von
ihnen hatte auf einem Stück Backpapier auf dem Herd gehockt. Man konnte immer noch die leichten Fettringe von zwölf Plätzchen sehen, und das Fett hatte das Ungeziefer angelockt.
»Ich muss mit meiner Mom hier sauber machen«, sagte Gabriella. »Wenn die Kakerlaken sich erst mal eingenistet haben, wird man sie nie wieder los. Wir sollten einen Kammerjäger kommen lassen. Wie lange dauert es noch, bis die Leute von der Spurensicherung hier fertig sind?«
»Das kommt auf das Haus an und wonach sie suchen«, erwiderte Lucas. »Ich nehme an, dass die hier mehr oder weniger fertig sind, aber sie werden wohl noch abwarten, bis die Todesursache offiziell festgestellt wurde.«
»Meinen Sie, ich kann das Geschirr spülen?«, fragte sie.
»Rufen Sie dort an und erkundigen
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