MordLust
Sie sich. Sagen Sie das mit den Kakerlaken.«
Sie setzten sich an den Küchentisch, und Lucas nahm den Zeitungsausschnitt. Er war auf normalem Kopierpapier gedruckt, also von einer Webseite heruntergeholt. Es handelte sich um die obere Hälfte der Titelseite der Chippewa Falls Post, und die Schlagzeile lautete: Reiche Erbin in Chippewa ermordet.
In Chippewa Falls wurde eine bekannte Kunstsammlerin und Erbin des Vermögens der Thune-Brauerei am Mittwochmorgen von Verwandten erschossen in ihrem Haus aufgefunden, wie ein Sprecher der Polizei am Mittwochnachmittag erklärte.
Die Leiche von Claire Donaldson, 72, wurde in der Küche ihrer Villa im Stadtteil West Hill von ihrer Schwester Margaret Donaldson Booth und deren Mann Landford Booth aus Eau Claire gefunden.
Donaldsons Sekretärin Amity Anderson, die in einem Apartment im Haus von Donaldson wohnt, war geschäftlich
für Donaldson in Chicago, erklärte die Polizei. Als sie Mrs. Donaldson weder am Dienstagabend noch am Mittwochmorgen telefonisch erreichen konnte, rief Anderson die Booths an. Die fuhren daraufhin zu Donaldsons Haus und fanden ihre Leiche.
Die Polizei geht nach eigenen Angaben mehreren Hinweisen nach.
»Claire Donaldson war eine liebenswürdige und kluge Frau, und was ihr zugestoßen ist, ist eine Tragödie für uns alle hier in Chippewa Falls«, sagte Reverend Carl Hoffer, Pfarrer der Prince of Peace Lutheran Church in Chippewa Falls und ein langjähriger guter Freund von Mrs. Donaldson …
Lucas las den gesamten Zeitungsausschnitt durch, der viel Persönliches enthielt und wenig über das Verbrechen aussagte, doch er würde die Details von den Chippewa-Cops erfahren können. Aber wenn man, dachte er, den Namen und die Mordwaffe änderte, könnte der Artikel über Claire Donaldsons Tod genauso gut ein Bericht über den Mord an Constance Bucher sein.
»Wenn wir wieder im Büro sind, möchte ich eine vollständige Aussage von Ihnen«, erklärte er Coombs. »Einer meiner Leute wird das übernehmen. Wir brauchen eine detaillierte Beschreibung dieser Spieldose. Das Ganze könnte kompliziert werden.«
»Mein Gott, ich war mir nicht sicher, ob Sie mir glauben würden«, sagte Coombs. »Dass Grandma ermordet wurde.«
»Wurde sie vermutlich auch nicht, aber es ist immerhin denkbar«, erwiderte Lucas. »Die Möglichkeit, dass sie jemand mit dieser Kugel erschlagen hat … Das würde eine gewisse Planung voraussetzen und eine gewisse Kenntnis des Hauses.«
»Und eine ernsthafte Psychose«, sagte Coombs.
»Das auch. Aber es ist möglich.«
»In den Fernsehserien glauben die Cops der etwas seltsamen Gestalt aus der Gegenkultur immer erst mal nicht, wenn sie was erzählt«, sagte Coombs. »Normalerweise müssen erst zwei oder drei Menschen getötet werden.«
»Das ist Fernsehen«, sagte Lucas
»Aber Sie müssen doch zugeben, dass die Cops ein Vorurteil gegen Leute wie mich haben«, erwiderte sie.
»Hey«, sagte Lucas, »ich kenne einen Typen, der rennt selbst bei fünfunddreißig Grad mit’ner Kapuzenjacke rum, weil er ständig friert, da er den ganzen Tag Crack raucht. Er lebt von Einbrüchen, und nachts sprayt er in Nachtleuchtfarbe Erzengel auf Güterwaggons, um Jesu frohe Botschaft der Welt zu übermitteln. Das ist eine seltsame Gestalt der Gegenkultur. Sie sind ein Hippie.«
Ihre Miene verdüsterte sich, und ihre Lippe zitterte. »Das war gemein«, flüsterte sie. »Warum sagen Sie so etwas?«
»Oje«, sagte Lucas. »Hören Sie, es tut mir leid.«
Sie lächelte und freute sich über ihre gelungene Darbietung. »Schon gut, ich hab ja nur Spaß gemacht.«
Als sie auf dem Weg nach draußen an dem Blutfleck vorbeikamen, fragte Coombs: »Warum sagt man eigentlich mausetot?«
»Keine Ahnung.«
»Oh.« Sie klang enttäuscht. »Ich hab gedacht, Sie hätten das schon so oft gehört, dass Sie es nachgeschlagen haben. Ich meine, als Cop hört man doch sicher schon mal häufiger, dass jemand mausetot ist.«
Er half ihr in den Porsche, ließ den Motor an, fuhr zwei Meter, blieb stehen, sah Coombs stirnrunzelnd an und schaltete den Motor wieder aus.
»Zwei Dinge: Wenn Ihre Großmutter Coombs hieß und Ihre Mutter deren Tochter ist, wieso heißen Sie dann …?«
»Ich bin ein Bastard«, sagte Coombs.
»Hä?«
»Meine Mom war ein Hippie. Ich bin also ein Hippie der zweiten Generation. Jedenfalls hat sie ein bisschen herumgeschlafen, und als dann der kleine Wonneproppen zur Welt kam, ließ sich keiner der in Frage kommenden Väter
Weitere Kostenlose Bücher