Mordrausch
erklärte Lucas.
Honey Bee hob die Hände. »Dann ist doch alles klar. Eins weiß Joe: Cops versuchen immer, einem was anzuhängen. Er behauptet, dass ihm schon zweimal was angehängt worden ist.«
Obwohl Honey Bee sich auf dieses Gespräch vorbereitet hatte, übertrieb sie, und Lucas und Marcy durchschauten ihre Lügen.
»Anscheinend waren keine Frauen an dem Überfall auf das Krankenhaus beteiligt«, sagte Lucas. »Wenn Sie etwas darüber wissen und es uns verschweigen, landen Sie unter Umständen wegen Beihilfe zu dreifachem Mord im Gefängnis. Das wären dreißig Jahre, Honey Bee. Kein Scherz.«
»Ich verschweige nichts«, beteuerte sie mit ihrem aufrichtigsten Gesichtsausdruck.
»Wann hat Joe sich die Haare schneiden und den Bart abrasieren lassen?«, erkundigte sich Lucas.
»Äh …« Nach kurzem Zögern entschied sie sich für die Wahrheit. »Vor ein paar Tagen, glaube ich. Keine Ahnung, warum. Das macht er manchmal.«
Lyle Mack stürzte aufgeregt herein. »Was ist passiert? Was haben Sie mit Joe angestellt? Der macht sich vor Angst in die Hosen. Herrgott, Joe ist nicht der Hellste. Was haben Sie zu ihm gesagt?«
Sie setzten sich an die Theke, an der ihnen der Geruch aus dem Wiener-Topf in die Nase stieg, und diskutierten darüber, was Joe Mack plante. Lyle Mack beharrte darauf, dass sein Bruder nichts mit dem Überfall auf das Krankenhaus zu tun habe. Er klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Tresen. »So einen Scheiß macht er nicht. Die Kneipe wirft genug ab. Das haben wir nicht nötig. Und Joe ist nicht gewalttätig. Er verabscheut Brutalität.«
»Wir kennen seine Akte«, sagte Marcy.
»Die erzählt nicht die ganze Geschichte.«
»Hören Sie auf mit dem Quatsch«, entgegnete Marcy. »Wir wissen, dass Sie sozusagen ein Subunternehmen von eBay sind.«
»Hey, wer behauptet das? Schicken Sie mir den, dann erkläre ich ihm alles.«
»Wo will er hin?«, fragte Lucas. »Ich meine Joe.«
Lyle Mack schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Nach L.A. oder Mexiko? Er ist ein guter Automechaniker und würde sicher auch in Alaska oder Kanada einen Job finden.«
»Hat er einen Pass?«
»Ja, aber nicht dabei. Und wenn Sie Cops zu seiner Wohnung schicken, kann er ihn nicht holen. Aber Sie wissen ja, wie das ist in L.A. – wenn er nach Mexiko will, schafft er es auch. Auf der Straße werden echte Pässe für tausend Dollar angeboten.«
»Was ist mit Joes Haarschnitt und Rasur?«, fragte Lucas. »Es dürfte Sie doch interessiert haben, was das soll.«
»Keine Ahnung«, antwortete Lyle Mack. »Hatte vermutlich Lust auf was Neues.«
»Na klar.«
Grace, der Chef der Polizei von Mendota Heights, leitete ein Telefonat aus dem Büro des SKA an Lucas weiter.
»Anruf von einer Kindergärtnerin«, informierte er Lucas. »Ein Mädchen hätte vor zwei Stunden von seiner Mutter abgeholt werden sollen, die spurlos verschwunden ist. Sie geht nicht ans Handy, und zu Hause ist auch niemand. Angeblich ist die Frau superzuverlässig … sie wohnt drei Häuserblocks vom Cherries entfernt. Sie wollte ihr Kind ungefähr zehn Minuten nach Joe Macks Flucht abholen, und der Kindergarten ist fünf Minuten weit weg. Sie hat nicht angerufen, um sich für die Verspätung zu entschuldigen. Sie dürfte das Haus ziemlich genau zu dem Zeitpunkt verlassen haben, als Joe Mack abgehauen ist.«
»Scheiße«, sagte Lucas. »Haben Sie jemanden hingeschickt?«
»Ja. Die Kindergärtnerin wartet dort mit dem Kind. Sie sagt, es sei niemand an die vordere Tür gegangen, dafür sei die hintere offen gewesen. So konnten sie rein. Niemand zu Hause, und der Minivan ist weg. Nun, vielleicht ist es ja falscher Alarm.«
»Vielleicht ist der Papst Presbyterianer«, brummte Lucas. »Ich fahre rüber. Haben Sie das Kennzeichen des Wagens?«
»Sind grade dabei, es rauszufinden«, antwortete Grace.
»Informieren Sie den diensthabenden Beamten im SKA, sobald Sie es haben. Dann lasse ich es an alle durchgeben.«
»Glauben Sie, er hat sie?«
»Ja.« Lucas notierte die Adresse der Frau und wandte sich dann Lyle Mack zu: »Möglicherweise steckt Ihr Bruder ziemlich tief in der Scheiße. Wenn Sie was wissen, sollten Sie’s jetzt ausspucken. Sonst kriegen wir Sie dran, das schwöre ich Ihnen.«
»Mann …«
Draußen informierte Lucas Marcy über die eventuelle Entführung.
»Ich besorge uns eine richterliche Erlaubnis für eine Telefonüberwachung.«
»Okay.«
»Bis jetzt hatten wir keinen Grund dazu, aber nun gibt es jede Menge Indizienbeweise;
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