Mords-Bescherung
feschen
Burschen. Aber er war zu sehr Lehrer, spürte aber die Zuneigung. Und so
offenbarte er, was nur er wusste und er keinem anvertrauen wollte. In der
Kirche, in der Marienkapelle, hat er es mir ins Ohr geflüstert.«
Im Saal wurde es unruhig, die Spannung stieg, und alle wollten
endlich wissen, was nun kommen würde.
»Red schon«, sagte forsch der Wirtssohn, »was war da mit dem Klimt
und dem Toni?«
Damals hat sie ihm mit einem Schwur auf die Bibel versprechen
müssen, dass sie niemals etwas erzählt – erst wenn er gestorben ist, dann
dürfte sie es weitererzählen.
Die Resi genoss plötzlich die Rolle, die sie innehatte. Sonst
verschrien als Tratschweib, lauschten alle um sie herum ganz aufmerksam und
waren schon gar nicht mehr zu halten. Der forsche Ton des Jungwirtes aber
bremste ihre Erzähllaune, und so stand sie plötzlich auf. »Der Rest der
Geschichte kommt ein anderes Mal – Gute Nacht!«
***
Die Klimt-Story wurde noch eifrig diskutiert, doch nach und nach
ins Lächerliche gezogen. Wahrscheinlich war es wieder eine der erfundenen
Resi-Storys, auf die sogar schon die Wochenzeitungen hereingefallen waren.
Aber irgendwie beschäftigte die Menschen beim Nachhausegehen der
Klimt dann doch …
***
Die Schreckensnachricht breitete sich aus wie ein Lauffeuer.
»Der Zeitungsausträger hat sie gefunden – um vier Uhr früh – ganz bestimmt
erfroren.« Bei dieser Kälte und dem vielen Schnee. Resi Schlechtnigg, vulgo
Hummer-Bäuerin, stand schon am Nachmittag auf der Parte an der Kirche zu lesen.
Vom Herrgott geholt, als sie vom Begräbnis des Schulrates heimging, offenbar
stolperte, hinfiel und nicht mehr aufstehen konnte.
Und wieder traf sich die Gemeinde zum Begräbnis, und wieder gab
es Rindfleisch mit Semmelkren, und wieder wurde zu vorgerückter Stunde aus der
Trauer die Erkenntnis, dass man mit einundneunzig doch ganz zufrieden sein
könne. Noch dazu so rüstig. »Aber abgehen wird sie uns schon«, meinte der
Bürgermeister, »wer wird uns jetzt all die Neuigkeiten erzählen?«
Das war das Stichwort, und wie aus der Pistole geschossen begannen
vier, fünf Männer lautstark zu fragen.
»Und was ist jetzt mit dem Klimt?«
»Ich sag euch, da ist ein Bild versteckt.«
»Und das ist Millionen wert.«
Genau das hatte hinter vorgehaltener Hand seit Tagen die
Menschen in dem kleinen Ort beschäftigt. So wenig man die Resi ernst nahm, so
sehr war der Gedanke präsent, dass irgendwo ein Gemälde des großen Künstlers
versteckt war. Die Verwandtschaft des Schulmeisters war natürlich besonders
aufmerksam. Und weil es gleich mehrere Erben gab, die zwar allesamt ganz schön
Bargeld abgesahnt hatten, kam langsam die Unsicherheit auf, übervorteilt zu
werden.
***
Die Kripo war rasch zur Stelle: An allen Ecken des
Schulratshauses waren die Spuren der nächtlichen Einbrüche zu erkennen.
»Eindeutig waren da Einbrecher am Werk«, analysierten die Beobachter. Doch der
Polizist war sich nicht so sicher: Drei Einbruchsstellen – bei einem alten
Haus? Die Fingerabdrücke waren perfekt – auf allen Türen und auch auf den
Fensterflügeln konnte die Spurensicherung welche finden. Wie sich kurze Zeit
später herausstellte, waren es drei unterschiedliche.
»Was kann nur so interessant sein in diesem Haus?«, rätselte der
Inspektor und nahm die Befragungen auf. Zuerst die Nachbarn, dann die
Verwandten.
Und siehe da – die Spuren stammten alle von den lieben Erben. Aber
sie kamen nicht gemeinsam, sondern getrennt und jeder auf eine andere Art und
Weise. »Was haben Sie gesucht?«, wurde der Polizist energisch. »Sie haben doch
alle einen Schlüssel, und so wirklich viele Wertgegenstände sind da nicht mehr
in der Wohnung.«
Die Befragung dauerte einige Zeit, und dann rückten die drei mit
der Wahrheit heraus. Sie alle hatten nach dem Auftritt von Resi bei der Zehrung
und den letzten Worten des Onkels eindeutig eine Kastenkrippe als Versteck für
das mögliche Klimt-Bild im Visier. Doch er hat ja nicht nur eine, sondern mehr
als zehn hinterlassen. Eingebaut in der Bauernstube im Vorhaus beim
Stiegenaufgang in den ersten Stock. Alle vorzüglich restauriert und fix eingebaut.
»Die konnten wir bei unserem vorgetäuschten Einbruch gar nicht aus der
Verankerung bringen«, waren sich die Verwandten jetzt wieder einig.
»Wie kommen Sie darauf«?
»›Kastenkrippe‹ war sein letztes Wort«, sagte der Neffe, »und die
vierundzwanzig Stufen davor sind uns allen ein Rätsel!«
»Nein«, rief da die Jüngste
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