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Mords-Bescherung

Mords-Bescherung

Titel: Mords-Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Weidinger
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Meer. Nur Frauen wohnen hier. Das ganze Jahr warten sie,
dass ihre Männer zurückkehren.« Auf Chiara wartet niemand, sie nimmt hinter
Camogli den Weg in die Berge, rumpelt die löchrige Straße entlang bis hoch zum
Punta Chiappa. Steigt aus, läuft zum Klippenrand, blickt aufs Meer, blau, weiß,
ab und an graue Schlieren, sieht Renate mit ausgebreiteten Armen am Abgrund zur
Steilküste. »Wir kommen mal Weihnachten hierher«, hat sie gegen den Wind
gebrüllt, »und dann schmeißen wir ’nen Tannenbaum runter.« Chiara rennt zurück
zum Auto. Der Wind greift nach der Plane, bläht sie zu einem Segel auf. Chiara
hievt die Nordmanntanne herunter, denkt kurz an den Alten.
    Getobt und nach seinem Herzen gegriffen hat er, wollte ihr die
Motorsäge aus der Hand reißen, als sie Renates Tanne fällt. Aber sie lässt sich
von ihm nichts mehr wegnehmen. Bei dem Gerangel ist er umgekippt, hat keinen
Mucks mehr gemacht. Das Herz, die Bosheit, egal. Sie hat ihn liegen lassen, er
kann ihr nichts mehr.
    Das Meer unter ihr wild, schwarze Felsen, harte Brecher, ein scharfer
Wind. Chiara schleppt den Baum zum Abgrund, wird fast weggeweht. Sie geht bis
zum äußersten Rand, breitet die Arme aus, lässt die Tanne fallen, schreit gegen
Wind und Wellen und fühlt sich: frei.

Ernst Schmid
    Vom Himmel hoch, da komm ich her
    Er war seit fünfzehn Jahren, drei Monaten und zwanzig
Tagen mit ihr verheiratet. Das waren genau fünfzehn Jahre, drei Monate und
zwanzig Tage zu viel.
    Mittlerweile gab es nichts mehr, was er nicht an ihr hasste.
Trotzdem hätte er das Leben an ihrer Seite wohl auch noch weitere fünfzehn
Jahre, drei Monate und zwanzig Tage in Kauf genommen, nur um die
Annehmlichkeiten, die ihm ihr Vermögen bot, nicht missen zu müssen, hätte er
nicht Eva kennengelernt. Sie besaß alles, was Agathe fehlte. War jung und
attraktiv, teilte seine Leidenschaft für Sport und strahlte eine Sinnlichkeit
aus, die ihn stets in höchste Erregung versetzte. Er genoss es, wenn sich
andere Männer nach ihr umdrehten und ihm neidische Blicke zuwarfen. Und wenn
sie sich dann an ihn schmiegte, um der ganzen Welt zu zeigen, dass sie nur ihm
gehörte, begann sein Herz zu rasen. Einziger Wermutstropfen war, dass sie sich
viel zu selten sahen. Allerdings hatte er nicht den Eindruck, dass Eva dieser
Umstand störte. Bis sie ihm vor ein paar Wochen plötzlich zu verstehen gab,
dass sie diese Heimlichtuerei satthabe und sich nichts sehnlicher wünsche, als
ihn für sich allein zu haben. Und sie stellte ihm ein Ultimatum. Bis
Weihnachten müsse er sich von Agathe trennen. Und Weihnachten war bald. Sei er
dazu nicht Manns genug, drohte sie ihm, würde sie höchstpersönlich seine Frau
aufsuchen und ihr reinen Wein einschenken.
    Seinen Einwand, dass er ohne Agathes Vermögen nicht mehr in der Lage
wäre, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen, tat sie mit dem Hinweis ab,
dass sie ihn nicht seines Geldes wegen liebe und auch mit weniger das Auslangen
finden werde.
    Er wusste es allerdings besser. Zu sehr genoss sie den Luxus, mit
dem er ihr aufwarten konnte, wenn er sich heimlich mit ihr traf. Schnell würde
sie seiner überdrüssig werden, sollte er ihr das nicht mehr bieten können. Das
musste er mit allen Mitteln verhindern. Eine Trennung von Agathe kam jedoch
nicht in Frage. Letztlich sah er nur einen Ausweg. Er musste Agathe loswerden,
koste es, was es wolle. Doch das war leichter gedacht als getan! Was in Filmen
so einfach aussah, stellte sich bei genauerer Überlegung als undurchführbar
heraus. Gleichgültig, wie er sie in Gedanken tötete, ob er sie erwürgte,
vergiftete oder mit der kleinkalibrigen Pistole, die sich in ihrem Besitz befand,
erschoss, am Schluss blieb immer er unweigerlich als Täter übrig.
    Er zermarterte sich in der nächsten Zeit Tag und Nacht das Gehirn,
bis er endlich eine Möglichkeit fand, wie er sie beseitigen konnte, ohne selbst
in Verdacht zu geraten. Ein Unfall! Er musste ihren Tod durch einen Unfall
herbeiführen, und er hatte auch schon eine Idee, wie ihm das gelingen könnte.
Heimlich buchte er für das Wochenende vor den Weihnachtsfeiertagen eine Suite
in jenem Hotel im Zillertal, in dem sie vor fünfzehn Jahren, drei Monaten und
zwanzig Tagen ihre Flitterwochen und später regelmäßig ihren Urlaub verbracht
hatten. Sein Plan war einfach, aber perfide. Obwohl Agathe nicht gern auf den
Brettern stand, die für ihn im Winter die Welt bedeuteten, und sich meist
bereits nach einem Tag sportlicher Betätigung für den

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