Mordsee
mit ihr?«
»Sie soll ja bei uns etwas lernen, nicht wahr? Nun ist meine Mission nicht gerade … «
»Fassen Sie sich kurz, Jung. Was wollen Sie?«
»Ich möchte, dass sie die Ermittlungsakte durchgeht. Die Stunden im Flugzeug müssen nicht nutzlos verstreichen und ich … «
»Herr Jung, Ihr Eifer in allen Ehren, aber so einfach geht das nicht. Sie ist, streng genommen, … «
»Für gute Polizisten ist es unverzichtbar, auch staatsanwaltliche Arbeit kennenzulernen«, unterbrach ihn Jung kühl. »Ich denke da an eine spätere Zusammenarbeit. Unkenntnis und Unverständnis sollten wir beizeiten zu eliminieren versuchen. Ihre Arbeit, Herr Staatsanwalt, wird mit schlecht ausgebildeten Kriminalbeamten ja nicht leichter.«
Jung unterbrach seine Ausführungen, um sie wirken zu lassen.
»Das ist ja alles ganz schön und gut, aber … «
»Sie wissen, wie lästig schlecht instruierte Beamte sein können, Herr Staatsanwalt.«
»Zugegeben, das ist immer ein Problem, und ich würde mir wünschen … «
»Die jungen Springer brauchen Futter, verstehen Sie?«
»Ja, ja. Schon richtig. Ich will nur nicht … «
»Vor allem brauchen Sie gutes Futter, Herr Halsbenning?«
»Das brauchen wir alle, Jung«, erwiderte der Staatsanwalt ungehalten und legte eine Denkpause ein.
»Im vorliegenden Fall ist es empfehlenswert, Frau Bakkens auch bei den anstehenden Befragungen hospitieren zu lassen«, setzte Jung leise nach. »Sie werden den Kommandanten und seine Offiziere vorladen, das steht ja außer Frage, und ich … «
»Selbstverständlich, deswegen fliegen wir ja rüber. Nur bin ich im Zweifel … «
»Sie sollte einen fundierten Einblick in die staatsanwaltliche Arbeit bekommen, denke ich. Von würdigen will ich noch gar nicht sprechen.«
»Das kann nicht schaden, das ist richtig«, pflichtete Halsbenning ihm widerwillig bei. Nach kurzem Sinnieren gab er entnervt nach.
»Okay. Aber sie soll die Klappe halten und Sie … «
»Ich werde sie entsprechend instruieren. Kann ich die Akte gleich mitnehmen?«
»Meinetwegen. Wenn es denn unbedingt sein muss. Aber sorgen Sie dafür, dass sie nicht alles durcheinanderbringt. Die Papiere sind akribisch durchgearbeitet und sortiert, okay?«
»Selbstverständlich. Danke für Ihr Entgegenkommen, Herr Staatsanwalt.«
»Schon gut.«
Halsbenning griff unter seinen Sitz und zerrte einen Aktenkoffer hervor. Er reichte Jung einen Leitzordner und machte eine Handbewegung, als wolle er nicht länger gestört werden. Jung nahm die Akte entgegen und trollte sich zufrieden von dannen.
*
»So, da haben wir’s,« überraschte er seine Schülerin.
»Was, Chef?«
»Ein spannendes Buch«, schmunzelte er.
Jung reichte ihr den Ordner und setzte sich zufrieden in seinen Sessel.
»Was ist das?«, fragte sie uninteressiert.
»Das ist der Fall der ertrunkenen Kadettin. Ich habe ihn von den Staatsanwälten. Sie halten das hier für wichtig. Jedenfalls für Québec.«
»Und was soll ich damit?«
»Sie sehen sich das an und berichten mir dann.«
»Okay. Und was machen Sie? Ich soll von Ihnen etwas lernen und nicht umgekehrt.«
Ganz schön kess, dachte Jung.
»Gehen Sie mal davon aus, dass ich den Fall nicht kenne. Ich weiß sozusagen nichts darüber, absolut null, Frau Bakkens.«
»Wieso sind Sie dann hier? Was machen Sie denn in Québec?«
»Ich soll die Damentoilette finden«, grinste er.
Sie fühlte sich veralbert. Sie wollte schon zu einer passenden Bemerkung ansetzen, bremste sich aber rechtzeitig. Es würde noch genug Gelegenheit geben, ihm seine Respektlosigkeit heimzuzahlen.
»Sie können mich übrigens beim Vornamen nennen. ›Frau Bakkens‹ finde ich unpassend. Meine Kollegen und Freunde nennen mich auch nicht so.«
»Ich bin nicht Ihr Freund. Wie reden Ihre Kollegen Sie denn an?«, erwiderte Jung.
»Lotti, Lotte, Charlotte, Bakkens, je nach Stimmungslage.«
»Okay. ›Charlotte‹ gefällt mir. Wenn Sie wollen, dann … «
»Ich bleibe bei Chef , damit das klar ist.«
»Gut. Wenn Ihnen das weiterhilft, Charlotte!«
Der Typ ging ihr allmählich auf die Nerven. Ihre Reise entwickelte sich nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Das Beste war, sie tat erst einmal, was von ihr verlangt wurde.
»Ich würde vorschlagen, Sie setzen sich nach hinten in eine der freien Reihen. Sie haben da Ruhe und genug Platz. Ich mache inzwischen ein kleines Nickerchen«, kam Jung ihr entgegen.
»Ja, okay«, entgegnete sie verstimmt.
Jung stand auf und machte ihr
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