Mordsfreunde
rief Lukas, bevor sie das Gespräch beenden konnte.
»Ja?«
»Hab ich was falsch gemacht? Sind Sie sauer auf mich?«
»Nein. Ich habe nur gerade sehr wenig Zeit.«
»Okay. Wenn ich was von Svenja höre, melde ich mich.«
Eine Weile gingen Pia und Sander schweigend weiter.
»Ist es nicht unglaublich, was Lukas mit seiner Computerfirma auf die Beine gestellt hat?«, fragte sie schließlich.
»Computerfirma?« Sander blickte sie erstaunt an. »Er hat mir etwas von einem Internetcafe erzählt.«
»Nein, das ist viel mehr als das«, sagte Pia. »Lukas hat mir alles gezeigt und erklärt, es ist beeindruckend. Sie haben eine richtige Firma mit Angestellten, programmieren Webseiten und bieten ihren Kunden ein Programm an, mit dem man online die Seiten verwalten und gestalten kann.«
»Ach«, Sander blieb stehen.
»Ich wundere mich eigentlich, dass Sie nichts davon wissen. Lukas hat zu mir gesagt, dass Sie Verständnis dafür hätten, wenn er diese Farce mit dem Praktikum im Zoo beendet.«
»Das hat er gesagt?«, vergewisserte sich Sander.
»Ja, so ungefähr. Außerdem hat er erzählt, dass er das Geld von seinem Vater in seine Firma gesteckt und nicht Pauly gegeben hat.«
»Er scheint Vertrauen zu Ihnen zu haben«, stellte Sander fest, »das ist gut. Mich hält er nur noch für einen Erfüllungsgehilfen seines Vaters. Dabei würde es mich freuen, wenn er seinen Weg macht. Ich hoffe nur, dass ihm seine komplizierte Psyche nicht einen Strich durch die Rechnung macht.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Pia erstaunt.
»Lukas hat früh ein paar schmerzliche Verluste einstecken müssen«, erklärte Sander. »Nestwärme kennt er nicht, und die braucht jedes Kind. Nicht nur Kleider, Essen, Bildung und ein Dach über dem Kopf.«
Sie schlenderten weiter, vorbei am Kudu-Gehege und an den Euro-Kängurus. Sander holte seinen Schlüsselbund heraus und öffnete das Tor, das vom Philosophenweg wieder auf das Gelände des Zoos führte.
»Ich vermute, Sie wissen, wovon Sie sprechen«, sagte Pia. »Toni hat mir erzählt, dass Sie Ihre Frau verloren haben.«
»Vor fünfzehn Jahren«, bestätigte Sander nach kurzem Zögern. »Von einem Tag auf den anderen stand ich alleine mit drei kleinen Töchtern da.«
»Was ist passiert?«, fragte Pia leise.
»Hirnschlag. Ohne jede Vorwarnung. Carla lag zwei Monate im Koma, bevor sie starb.«
Sander stieß einen Seufzer aus. »Es passierte eine Woche, bevor wir nach Namibia auswandern wollten. Nach ihrem Tod habe ich diese Pläne aufgegeben und bin in Deutschland geblieben. Es war zwar nicht einfach, aber ich glaube, ich habe es mit den Mädchen ganz gut hingekriegt.«
Er lächelte, ein flüchtiger Schimmer, der gleich wieder erlosch.
»Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinen Töchtern«, sagte er, »und selbst als Annika mir vor zwei Jahren verkündet hat, sie sei schwanger, war das keine Katastrophe. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Lukas oder auch Svenja so gerne bei uns sind.«
»Svenja scheint mir auch ein armes Ding zu sein«, sagte Pia.
»Allerdings. Manche Leute denken tatsächlich, es reicht, wenn sie ihren Kindern nur genug Geld geben«, Sanders Stimme wurde hart. »Wie bei Lukas auch. Ich kenne den Jungen, seitdem er neun Jahre alt ist. Schon damals hatte er Probleme.«
»Inwiefern?«
»Er hat sich Freunde ausgedacht, sich in seine eigene Welt zurückgezogen. Sein Vater hat ihn mit elf Jahren das erste Mal zu einem Psychiater geschickt, anstatt sich einfach etwas mehr mit dem Jungen zu beschäftigen.«
»Glauben Sie, dass Lukas krank ist?«, fragte Pia. Das Unbehagen und die Zweifel waren plötzlich wieder da.
»Er stand immer unter einem hohen Erwartungsdruck«, sagte Sander. »Diesen Druck hat er dadurch kompensiert, dass er alles, was er getan hat, bis zum Exzess getrieben hat: Sport, Rauchen, Drogen, Sex. Vor ein paar Jahren hatte er einen Nervenzusammenbruch, danach hat er die Schule abgebrochen.Es war seine Art, sich gegen seinen Vater aufzulehnen, dabei wollte er immer nur Liebe und Anerkennung. Eigentlich ist er ein sehr unglücklicher Junge.«
»Sein Vater müsste doch vor Stolz platzen«, sagte Pia. »Lukas bringt am Computer unglaubliche Sachen fertig.«
»Das ist in van den Bergs Augen reine Zeitvergeudung«, entgegnete Sander. »Der Mann stammt aus einer anderen Generation. Lukas soll eine Banklehre machen, zur Bundeswehr gehen, studieren. Der Grund, weshalb er im Zoo arbeitet, ist der, dass sein Vater meint, er müsse Disziplin lernen.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher