Mordsfreunde
und Schultern.«
»Wie ist sein Zustand?«, erkundigte sich Bodenstein.
»Kritisch«, der Notarzt blickte auf, »er liegt sicher schon ein paar Stunden hier.«
»Ist das der van den Berg von der Deutschen Bank?«, fragte der Leiter der Spurensicherung. Bodenstein nickte. Die Kleidung van den Bergs hing ordentlich über einem der Liegestühle am Pool im Garten. Alles sah danach aus, als ob der Mann vor einer abendlichen Runde im Pool von einem Angreifer überrascht und im Haus niedergeschlagen worden war. Es hatte einen Kampf gegeben, davon zeugten zwei umgefallene Stühle und eine Stehlampe.
»Hier auf der Terrasse sind auch Blutspuren!«, rief einer der Beamten von der Spurensicherung. »Und hier liegt auch die Tatwaffe.«
»Was ist das?«
»Ein Briefbeschwerer.«
Bodenstein versuchte, den Tathergang zu rekonstruieren. Van den Bergs Angreifer musste aus dem Haus gekommen sein, denn niemand brachte einen Briefbeschwerer mit. Der Schwerverletzte hatte sich noch bis in sein Arbeitszimmer geschleppt, dort war es erneut zum Kampf gekommen. Aber wie war der Angreifer unbemerkt in das gut gesicherte Haus gelangt?
»Frau Kirchhoff meldet sich nicht«, sagte einer der uniformierten Beamten zu Bodenstein. »Ihr Handy ist aus.«
»Das Handy ist aus?« Bodenstein war darüber mehr verwundert als verärgert, denn normalerweise schaltete seine Kollegin ihr Mobiltelefon nie ab, schon gar nicht, wenn sie Bereitschaftsdienst hatte, wie an diesem Wochenende. Pia Kirchhoff war gewissenhaft, dazu eine Frühaufsteherin. Wenn ihr Handy nicht an war, dann hatte das einen Grund.Er wandte sich vom Anblick des Schwerverletzten ab und rief auf der Festnetznummer seiner Kollegin an.
»Hallo«, hörte er ihre Stimme und war erleichtert, bis er begriff, dass es nur die Ansage vom Anrufbeantworter war. Da stimmte etwas nicht. Wäre sie krank gewesen, hätte sie sich bei ihm gemeldet. Der Beamte stand noch da und blickte ihn abwartend an.
»Schicken Sie eine Streife hin«, Bodenstein hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Hatte Pia gestern Abend doch noch mit Sander telefoniert? Hatten sie sich vielleicht getroffen? Er wandte sich an den Nachbarn der van den Bergs, der diskret ein Stück weit entfernt wartete, und erfuhr, dass es außer dem Sohn Lukas keine nahen Verwandten gab. Die Haushälterin war seit ein paar Tagen verreist. Gerade als er nach dem Hausarzt des Verletzten fragte, ging die Haustür auf, und ein junger Mann betrat die Eingangshalle.
»Das ist Lukas«, sagte der Nachbar betroffen. »Der arme Junge.«
»Was ist hier los?« Lukas ließ seinen Haustürschlüssel fallen und drängte sich an den Beamten und Sanitätern vorbei ins Arbeitszimmer seines Vaters. Ein paar Sekunden lang stand er stocksteif da und starrte seinen Vater fassungslos an.
»Papa«, murmelte er tonlos. »Papa, wach auf, bitte! Papa!«
»Dein Vater ist schwer verletzt und nicht bei Bewusstsein«, Bodenstein legte eine Hand auf die Schulter des Jungen. »Die Sanitäter bringen ihn ins Krankenhaus.«
Lukas schlug seine Hand weg. Er richtete sich auf und blickte die Männer aus blutunterlaufenen Augen wild an.
»Lasst uns in Ruhe! Haut ab hier!«, schrie er plötzlich unbeherrscht. »Verpisst euch aus unserem Haus, ihr Arschlöcher! Was habt ihr hier zu suchen? Raus! Ich rufe die Polizei!«
Bodenstein starrte den jungen Mann ungläubig an. Bisherhatte er ihn nur freundlich und lächelnd erlebt, doch mit einem Mal schien eine aggressive, bösartige Person von seinem Körper Besitz ergriffen zu haben. Mit wutverzerrtem Gesicht stürzte sich Lukas auf den Beamten, der ihm am nächsten stand, und schlug mit beiden Fäusten auf ihn ein. Es bedurfte dreier Männer, ihn zu überwältigen.
»Mein Gott«, sagte der Notarzt, »das habe ich ja noch nie erlebt.«
»Ich auch nicht«, entgegnete Bodenstein. Ihm kam wieder sein Verdacht in den Sinn, dass sich hinter Lukas' hübscher Fassade etwas ganz anderes verbarg, als er es die Menschen gemeinhin sehen ließ. Bodenstein ging in die Hocke und ergriff ein Handgelenk des jungen Mannes, der keuchend auf dem Boden lag. Die Beamten hielten ihn vorsichtshalber noch fest, aber alle Energie war aus seinem Körper gewichen, und er leistete keinen Widerstand mehr.
»Dein Vater muss sofort ins Krankenhaus gebracht werden«, sagte Bodenstein ernst. »Er ist sehr schwer verletzt.«
»Was ist überhaupt passiert?« Lukas blickte ihn verwirrt an.
»Das wissen wir noch nicht genau.«
»Aber wir wollen doch heute zusammen
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